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Mein Katalonien

Titel: Mein Katalonien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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ziemlich pedantischen marxistischen Interpretation, daß es die Pflicht der revolutionären Parteien ist, mit den Arbeitern solidarisch zu sein, wenn sie auf die Straße gehen. Gleichzeitig taten sie aber ihr Bestes, trotz ihrer revolutionären Schlagworte vom »Wiedererwachen des Geistes vom 19. Juli« und ähnlicher, das Eingreifen der Arbeiter auf die Verteidigung zu beschränken. Sie befahlen beispielsweise niemals einen Angriff auf irgendein Gebäude. Sie befahlen ihren Mitgliedern nur, wachsam zu sein und, wie ich im vorhergehenden Kapitel erwähnte, wenn es sich vermeiden ließe, nicht zu schießen. La Batalla veröffentlichte auch Weisungen, daß keine Truppeneinheit die Front verlassen dürfe l . Soweit man alles abschätzen kann, möchte ich sagen, die Verantwortung der P.O.U.M. habe darin bestanden, alle Arbeiter aufgefordert zu haben, auf den Barrikaden zu bleiben. Wahrscheinlich überredete sie auch eine gewisse Anzahl, länger dort zu bleiben, als sie es sonst getan hätten. Diejenigen, die damals in persönlichem Kontakt mit den Anführern der P.O.U.M. standen (ich selbst hatte ihn nicht), haben mir erzählt, daß sie in Wirklichkeit über die ganze Geschichte bestürzt waren. Aber sie hatten das Gefühl, sie müßten sich damit solidarisch erklären. Hinterher wurde natürlich in der gewohnten Art politisches Kapital daraus geschlagen. Gorkin, einer der Anführer der P.O.U.M. sprach später sogar von »den glorreichen Maitagen«. Aus Propagandagründen mag diese Haltung richtig gewesen sein. Gewiß stieg die Mitgliederzahl der P.O.U.M. während der kurzen Periode vor ihrer Unterdrückung etwas an. Taktisch aber war es wahrscheinlich ein Fehler, das Flugblatt der ›Freunde Durrutis‹ auf diese Weise zu unterstützen, denn sie waren eine kleine, der P.O.U.M. normalerweise feindlich gesinnte Organisation.
    1 Eine der jüngsten Nummern des Inprecor behauptet genau das Gegenteil, nämlich La Batalla habe den P.O.U.M.-Truppen befohlen, die Front zu verlassen! Dieses Argument kann man leicht entkräften, wenn man La Batalla von jenem Datum nachschlägt.
    In Anbetracht der allgemeinen Aufregung und der Dinge, die man auf beiden Seiten gesagt hatte, bedeutet das Flugblatt tatsächlich nicht mehr als: »Bleibt auf den Barrikaden.« Aber dadurch, daß sich die Anführer der P.O.U.M. den Anschein gaben, diesem zuzustimmen, während die anarchistische Zeitung Solidaridad Obrera es verwarf, machten sie es der kommunistischen Presse einfach, nachher zu sagen, die Kämpfe seien nur ein von der P.O.U.M. durchgeführter Aufstand gewesen. Wir können sicher sein, daß die kommunistische Presse das auf jeden Fall gesagt hätte. Diese Vorwürfe waren nichts im Vergleich zu den Anschuldigungen, die sowohl vorher wie auch hinterher mit geringeren Beweismitteln aufgestellt wurden. Auch die Anführer der C.N.T. gewannen durch ihre vorsichtigere Haltung nicht viel. Sie wurden für ihre Loyalität gelobt, aber man drängte sie, sobald sich die Möglichkeit dazu bot, sowohl aus der Regierung als auch aus der Generalidad hinaus.
    Soweit man damals die Reden aller Leute beurteilen konnte, gab es nirgendwo eine wirklich revolutionäre Absicht. Die Leute hinter den Barrikaden waren normale Arbeiter der C.N.T. wahrscheinlich waren auch ein paar Arbeiter der U.G.T. dazwischen. Sie versuchten nicht, die Regierung zu stürzen, sondern sich nur dem zu widersetzen, was sie zu Recht oder Unrecht als einen Angriff der Polizei betrachteten. Ihr Kampf war hauptsächlich defensiv, und ich bezweifle, daß man ihn einen »Aufstand« nennen sollte, wie es fast in allen ausländischen Zeitungen geschah. Zu einem Aufstand gehören Angriffshandlungen und ein bestimmter Plan. Genauer gesagt, war es ein Aufruhr – ein sehr blutiger Aufruhr –, denn beide Seiten besaßen Gewehre und waren entschlossen, sie zu benutzen.
    Aber welche Absichten hatte die Gegenseite? Wenn es schon kein anarchistischer coup d’Etat war, konnte es vielleicht ein kommunistischer coup d’Etat sein – ein wohlüberlegter Versuch, die Macht der C.N.T. mit einem Schlag zu zerschlagen.
    Ich glaube nicht, daß es so war, obwohl gewisse Anzeichen diese Vermutung nahelegen können. Es ist bezeichnend, daß sich etwas sehr Ähnliches zwei Tage später in Tarragona ereignete (die Eroberung des Telefonamtes durch bewaffnete Polizei, die auf Befehl aus Barcelona handelte). Auch in Barcelona war der Überfall auf das Telefonamt keine isolierte Handlung. In verschiedenen Teilen der

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