Mein Katalonien
ehe man beginnt, auf ihn zu schießen. Er erweckt den Eindruck, daß zwischen dem Bau der Barrikaden und der ersten Gewehrsalven einige Stunden vergingen, während es natürlich umgekehrt war. Ich und viele andere sahen, wie die ersten Gewehrsalven am frühen Nachmittag gefeuert wurden. Wieder einmal ist die Rede von einzelnen Männern, »gewöhnlich Faschisten«, die von den Dächern schießen. Mr. Langdon-Davies erklärt nicht, woher er wußte, daß diese Männer Faschisten waren. Vermutlich kletterte er nicht auf die Dächer, um sie zu fragen. Er wiederholte einfach, was man ihm erzählt hatte, und da es mit der offiziellen Version übereinstimmte, stellte er es nicht in Frage. Ja, er deutete sogar eine wahrscheinliche Quelle seiner Informationen an, wenn er zu Beginn seines Artikels einen unvorsichtigen Hinweis auf den Propagandaminister macht. Die ausländischen Journalisten in Spanien waren dem Propagandaministerium hoffnungslos ausgeliefert, obwohl man glauben sollte, daß allein der Name dieses Ministeriums eine ausreichende Warnung gewesen wäre. Der Propagandaminister gab natürlich mit der gleichen Wahrscheinlichkeit eine objektive Darstellung der Unruhen in Barcelona, wie, sagen wir, der verstorbene Lord Carsen eine objektive Darstellung des Aufstandes von 1916 in Dublin gegeben haben würde.
Ich habe einige Gründe dafür angeführt, warum ich glaube, daß die kommunistische Version der Kämpfe in Barcelona nicht ernst genommen werden kann. Außerdem muß ich etwas gegen den allgemeinen Vorwurf sagen, daß die P.O.U.M. eine von Franco und Hitler bezahlte geheime faschistische Organisation gewesen sei.
Dieser Vorwurf wurde in der kommunistischen Presse dauernd wiederholt, besonders nach dem Beginn des Jahres 1937. Es war ein Teil der weltweiten Kampagne der kommunistischen Partei gegen den »Trotzkismus«, für dessen spanische Vertretung die P.O.U.M. gehalten wurde. Nach Frente Rojo (dem kommunistischen Blatt in Valencia) »ist Trotzkismus nicht eine politische Doktrin. Trotzkismus ist eine offizielle kapitalistische Organisation; eine faschistische Terrorbande, die sich nur mit Verbrechen und Sabotage gegen das Volk beschäftigt«. Die P.O.U.M. war also eine mit den Faschisten verbündete, »trotzkistische« Organisation und ein Teil der »Fünften Kolonne Francos«. Es ist bemerkenswert, daß von Anfang an kein Beweis zur Unterstützung dieser Anklage vorgebracht wurde. Man verbreitete den Vorwurf einfach mit dem Brustton voller Überzeugung, gleichzeitig wurde der Angriff mit einem Höchstmaß an persönlicher Verleumdung vorgetragen und in vollständiger Verantwortungslosigkeit gegenüber den Auswirkungen, die sie auf den Verlauf des Krieges haben könnten. Viele kommunistische Publizisten haben anscheinend den Verrat militärischer Geheimnisse im Vergleich zu der Aufgabe der Verleumdung der P.O.U.M. für unbedeutend gehalten. So erlaubte man zum Beispiel einer Journalistin (Winifred Bates), in einer Februar-Nummer des Daily Worker zu erklären, die P.O.U.M. habe an ihrem Frontabschnitt nur die Hälfte der Truppen, die sie angeblich dort eingesetzt habe. Das war nicht richtig, aber vermutlich glaubte die Journalistin, es sei wahr. So willigten sie und der Daily Worker also ein, dem Feind eine der wichtigsten Informationen zu liefern, die man ihm in den Zeilen einer Zeitung geben kann. In der New Republic schrieb Mr. Ralph Bates, die Truppen der P.O.U.M. »spielten mit den Faschisten im Niemandsland Fußball«. In Wirklichkeit aber erlitten die P.O.U.M.-Truppen zu dieser Zeit schwere Verluste, und eine Anzahl meiner persönlichen Freunde wurde getötet oder verwundet. Nun tauchte auch die verleumderische Karikatur auf, die zuerst in Madrid und später in Barcelona überall herumgereicht wurde. Sie zeigte die P.O.U.M. die eine mit Hammer und Sichel gezeichnete Maske fallenließ und darunter ein Gesicht mit dem Hakenkreuz zeigte. Hätte die Regierung nicht praktisch unter kommunistischer Kontrolle gestanden, würde sie niemals erlaubt haben, etwas Derartiges während des Krieges zu verbreiten. Es war ein vorsätzlicher Schlag nicht nur gegen die Moral der P.O.U.M.-Miliz, sondern gegen jeden anderen, der in ihrer Nähe lag. Denn es ist nicht gerade ermutigend, wenn man an der Front hört, daß die benachbarten Truppeneinheiten Verräter sind. Ich bezweifel allerdings, daß die Beschimpfungen aus dem Hinterland die Miliz der P.O.U.M. spürbar demoralisierten, aber sie waren sicherlich darauf angelegt.
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