Mein Katalonien
der P.O.U.M. handelte die von den Kommunisten kontrollierte Geheimpolizei jedenfalls unter der Annahme, daß alle gleich schuldig waren. Sie verhaftete jeden, der mit der P.O.U.M. etwas zu tun hatte und den sie erwischen konnte, darunter auch Verwundete, Lazarettschwestern und Frauen der P.O.U.M.-Mitglieder, in einigen Fällen sogar Kinder.
Am 15./16. Juni schließlich wurde die P.O.U.M. unterdrückt und zur illegalen Organisation erklärt. Es war eine der ersten Anordnungen der Regierung Negrin, die im Mai ihr Amt antrat. Nachdem das Parteikomitee der P.O.U.M. ins Gefängnis geworfen worden war, berichtete die kommunistische Presse über die angebliche Aufdeckung einer riesigen faschistischen Verschwörung. Eine Zeitlang hallte die kommunistische Presse der ganzen Welt von diesen Geschichten wider (der Daily Worker vom 21. Juni faßte die Berichte verschiedener spanischer kommunistischer Blätter zusammen):
Verschwörung der spanischen Trotzkisten mit Franco Nach der Verhaftung einer großen Anzahl führender Trotzkisten in Barcelona und anderen Städten… wurden am Wochenden Einzelheiten des gespenstischsten Spionageunternehmens bekannt, von dem man je in Kriegszeiten gehört hat. Es ist bis heute die häßlichste Enthüllung eines Verrates der Trotzkisten… Die Dokumente im Besitz der Polizei und die vollen Geständnisse von mehr als zweihundert verhafteten Personen beweisen… und so weiter, und so weiter.
Diese Enthüllungen »beweisen«, daß die Anführer der P.O.U.M. General Franco durch Funk militärische Geheimnisse übermittelt hatten, mit Berlin in Verbindung standen und mit der geheimen faschistischen Organisation in Madrid zusammenarbeiteten. Ferner brachte man sensationelle Einzelheiten über geheime, mit unsichtbarer Tinte geschriebene Botschaften, geheimnisvolle Dokumente, die den Buchstaben N. als Unterschrift trugen (als Abkürzung für Nin) und so weiter, und so fort.
Das endgültige Ergebnis aber lautete: Sechs Monate nach den Ereignissen, während ich diesen Bericht schreibe, sind die meisten Anführer der P.O.U.M. zwar immer noch im Gefängnis, aber keiner ist bisher vor ein Gericht gestellt worden. Die Anschuldigungen über die Funkverbindung mit Franco und so weiter sind nicht einmal zu einer Anklageschrift formuliert worden. Wären sie wirklich der Spionage schuldig gewesen, hätte man sie innerhalb einer Woche verurteilt und erschossen, wie es mit vielen faschistischen Spionen vorher geschehen war. Aber nicht ein Fetzen Beweis wurde jemals vorgewiesen, außer den unbewiesenen Erklärungen in der kommunistischen Presse. Von den zweihundert »vollen Geständnissen« aber, die, wenn sie vorhanden gewesen wären, ausgereicht hätten, jeden zu überführen, hörte man nie wieder etwas. Sie waren in Wirklichkeit nur zweihundert Hirngespinste eines Schreiberlings.
Darüber hinaus haben die meisten Mitglieder der spanischen Regierung erklärt, sie glaubten den Anschuldigungen gegen die P.O.U.M. nicht. Kürzlich hat das Kabinett mit fünf gegen zwei Stimmen entschieden, die antifaschistischen politischen Gefangenen zu entlassen, die zwei Gegenstimmen kamen von den kommunistischen Kabinettsmitgliedern. Im August reiste eine internationale Kommission unter Führung des Unterhausabgeordneten James Maxton nach Spanien, um die Anschuldigungen gegen die P.O.U.M. und das Verschwinden von Andres Nin zu untersuchen. Prieto, der Minister für Nationale Verteidigung, Irujo, der Justizminister, Zugazagoitia, der Innenminister, Ortega y Gasset, der Generalanwalt, Prat Garcia und einige andere erklärten alle, sie glaubten nicht, daß die Anführer der P.O.U.M. der Spionage schuldig seien. Irujo fügte hinzu, er habe die Dossiers des Falles gelesen, und keins der sogenannten Beweisstücke könne einer Untersuchung standhalten. Das Dokument, das angeblich von Nin unterzeichnet wurde, sei »wertlos«, das heißt eine Fälschung. Prieto glaubte zwar, daß die Anführer der P.O.U.M. für die Maikämpfe in Barcelona verantwortlich waren, lehnte aber die Unterstellung ab, sie seien faschistische Spione. »Es ist besonders schwerwiegend«, fügte er hinzu, »daß die Verhaftung der P.O.U.M.-Führer nicht von der Regierung beschlossen wurde, sondern die Polizei diese Verhaftungen aus eigener Machtvollkommenheit durchführte. Die Verantwortlichen sind nicht unter den obersten Polizeichefs zu finden, sondern unter ihrem Gefolge, das von den Kommunisten entsprechend ihren üblichen Gepflogenheiten infiltriert
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