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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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liebgewordenen Zelle holte und in einen der AÜ-Operationssäle führte, die für Untersuchungen, Psychogramme und Markierungen benutzt wurden. Dort sah ich mich einem Operationsteam gegenüber sowie dem Oberkommandierenden der AÜ persönlich (ein recht nett aussehender Bursche und keinesfalls der Oger, den ich mir ausgemalt hatte), einer Abgesandten des TWAC-Gerichtshofs – einem weiblichen General Android (GA), die als offizielle Beobachterin fungieren sollte –, einer Gruppe LRA-Rechtsanwälte, bestehend aus zwei menschlichen Seniorpartnern (sehr hagere, ernste und zielbewußte Gebieter) und einem Androiden – Dahlia. Sie wirkte lebhaft und erregt und verströmte beinahe greifbares Selbstvertrauen, hatte sie doch erst kürzlich einen spektakulären Sieg über Präsident Fracass vor dem Zivilgericht der TWAC errungen. (Sie ahnte nicht, daß man sie aus taktischen Gründen hatte gewinnen lassen.)
    »Hallo, Molly. Bin eben erst eingetroffen. Du siehst gut aus. Darf ich dich mit meinen beiden Vorgesetzten bekannt machen, die Gebieter Levin und Pierce.« Sie lächelten, und wir schüttelten uns die Hände. »Die LRA hat uns mit deinem Fall beauftragt.«
    »Mein Fall? Ich verstehe nicht. Ich dachte, das wäre jetzt alles vorbei. Bist du nicht gekommen, um mich im Auftrag von Gebieter Locke abzuholen und dann zu befrei …«
    »Das ist ein Irrtum. Aufgrund des Attentats hat sich dein juristischer Status von dem einer Ware mit ungeklärten Besitzverhältnissen zu dem einer Mörderin gewandelt. Es geht nicht mehr darum, den früheren Gerichtsbeschluß zu vollstrecken. Der wurde durch eine Klage von viel größerer Tragweite außer Kraft gesetzt, sowohl für dich wie auch für die gesamte Androidenemanzipationsbewegung.«
    »Ich bin unschuldig, Dahlia. Ich habe den Präsidenten nicht getötet. Das war die andere Molly.«
    »Natürlich.«
    »Ich war zensiert.«
    Ein gequältes Lächeln, dann meinte sie: »Dein Erinnerungsspeicher wird es erweisen. Wir sind hier, um die Entnahme zu beaufsichtigen und ihn gemäß den TWAC-Richtlinien zur Prozeßvorbereitung in Empfang zu nehmen.«
    »Aber meine Erinnerungen sind alles, was mir geblieben ist.«
    »Tut mir leid. Sie sind unentbehrlich für den Aufbau der Verteidigung.«
    »Des gleichen für die Anklage«, warf die TWAC-GA ein. »Wir warten noch darauf, daß deren Vertreter eintreffen.«
    Gebieter Levin bemühte sich um einen beruhigenden Ton. Er sprach für das ganze Team, wenn er sagte, es gäbe gute Gründe, optimistisch zu sein. Ihr Antrag auf Verlegung des Gerichtsorts von Kommerz, wo eine gerechte und objektive Verhandlung nicht gewährleistet war, zum Justizorbiter Terra des TWAC hatte exzellente Aussichten, positiv beschieden zu werden, da inzwischen eine multikorporative interplanetare Friedenskommission in Frontera als Übergangsregierung die Geschäfte führte. Nichts hätte mir gleichgültiger sein können.
    »Dahlia, laß nicht zu, daß sie mir meine Erinnerungen nehmen. Bitte.«
    »Ganz ruhig, Molly. Es ist eine Routineprozedur, die alle unter Anklage stehenden Androiden über sich ergehen lassen müssen. Wir brauchen deinen Speicher, um Stan optimal verteidigen zu können – deinen Gebieter. Stanford Locke. Du erinnerst dich an ihn, nicht wahr?«
    »Nur allzugut. Aber sagtest du nicht …«
    »Daß man dich vor Gericht stellen würde? Oh, das würde mich freuen. Das würde mich sehr freuen, Molly. Unglücklicherweise bezieht das Gesetz Androiden nicht in die Rechtsprechung mit ein, das Privileg ist ausschließlich Menschen vorbehalten. Deshalb sind die Anklagen, die man andernfalls gegen dich erhoben haben würde, automatisch auf deinen Gebieter übergegangen.« Sie wandte sinnend den Blick ab. »Zum Glück ist es uns gelungen, Stans Besitzanspruch noch kurz vor dem Attentat gerichtlich legitimieren zu lassen.«
    Ironisch fügte Gebieter Pierce hinzu: »Obwohl er jetzt gar keinen Wert mehr darauf legt.«
    Dahlia lächelte wie auch Gebieter Levin. Es war offensichtlich, daß ihr Klient ihnen persönlich nicht sonderlich sympathisch war. »Gemäß dem Kodex ist er theoretisch immer noch für dich verantwortlich, deshalb hat die Regierung in Frontera Anklage gegen ihn erhoben. Selbstverständlich werden wir dem entgegenhalten, daß du das Verbrechen aus eigenem freien Willen begangen hast und daß du allein die Verantwortung trägst.«
    »Nein. Das ist falsch. Und ich kann dir sagen, warum.«
    Wohlgemut ignorierte Dahlia meinen Einwurf. »Falls wir gewinnen –

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