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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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nur mit Ja oder Nein zu, antworten, bestätigte sie eine Reihe bis dato unbewiesener Behauptungen: Als Rolands Haushälterin war sie Zeugin meines Angriffs auf ihn gewesen; sie war von mir als Beute verschleppt worden, nachdem ich tatenlos zugesehen hatte, wie Eva Roland ermordete; während der ersten Tage auf Malibu hatte ich mich zur Herrin über sie und sogar Eva aufgeworfen, und ich hatte Eva im Stich gelassen, als sie krank und hilflos war, um irgendwelche Gaunereien zu begehen. Alles zusammengenommen ergab das Urbild des aufmüpfigen und gewissenlosen Droiden, das Dahlia den Geschworenen vor Augen führen wollte.
    Wurde etwa erwähnt, daß ich Eva zur Entgiftung geschickt hatte, um sie von ihrer Drogensucht zu heilen, oder daß ich ihr einen Job bei Miss Pritine besorgt hatte; fiel ein Wort darüber, daß ich Annette, im krassen Gegensatz zu Eva, stets mit Freundlichkeit und Respekt begegnet war? Dumm von mir zu fragen. Noch kam die Rolle von Harry Boffo, jetzt CEO bei Stellar Entertainments, während dieser Zeit zur Sprache. Bestimmt hatte man auch ihn aus dem Erinnerungsspeicher gelöscht. Was dagegen zur Sprache kam, waren meine intimen Beziehungen zu Eva. Als Annette die Hilfsmittel zu beschreiben begann, derer wir uns bei unseren Liebesspielen bedient hatten, und etliche Geschworene mit nervösem Lachen reagierten, glaubte Dahlia, daß die Dinge sich endlich in ihrem Sinn zu entwickelt begannen. Doch während des Kreuzverhörs bremste Jug den gefährlichen neuen Trend mit einer einzigen Frage: »Sag mir, Annette, war es Gebieterin Angelika, die Gebieterin Eva mit diesen bizarren Gegenständen traktierte, oder andersherum?«
    »Oh, Gebieterin Eva war immer die Aktive.«
    »Keine weiteren Fragen.«
    Doch Dahlia brauchte sich keine Sorgen darüber zu machen, einen weiteren Programmverstärker verabreicht zu bekommen; die Moritat eines entlaufenen weiblichen Androiden und ihrer liederlichen menschlichen Freundin hatte doch noch einen vorteilhaften Schluß, der ein günstiges Licht auf Dahlias Leistung warf und das moralische Empfinden der Geschworenen befriedigte. Sie entlockte der Zeugin eine Beschreibung meiner Rückkehr vom Malibu Cove in der Nacht, als ich angeschossen wurde und Eva entdeckte, daß ich ein P9 war. Das alles geschah in einem Ton, der zu besagen schien, etwas Besseres hätte ich auch nicht verdient.
    Als Zuschauerin dieser Burleske hatte ich den Eindruck, daß bei ihrer Aussage und der sämtlicher anderen Zeugen mehr verschwiegen als preisgegeben wurde, doch selbst das Gesagte bildete eine dermaßen undefinierbare Mixtur aus Wahrheit und Lüge, daß nichts damit anzufangen war. Kein Wunder, daß von Tag zu Tag meine Entschlossenheit wuchs, meinen Erinnerungsspeicher zurückzuerobern, denn das war die einzige Quelle, der ich vertraute. Das Gefühl, von meinem eigenen Leben ausgeschlossen zu sein, wurde unerträglich; schlimmer noch, es erschien mir entfernt vertraut. War ich nicht schon einmal von meiner Vergangenheit abgeschnitten gewesen? Auf merkwürdige Art war ich mir sicher, daß ich Ähnliches bereits erlebt hatte. Aber wo? Wann?
    Vielleicht war Andro in der Lage, etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen, doch belastete er als Zeuge der Anklage mich am schwersten. Ich konnte ihm nicht einmal einen Vorwurf machen, denn gleich nachdem er ihm seinen Platz links vom Richtertisch angewiesen hatte, gab Jug als erstes zu Protokoll, daß der Zeuge im Anschluß an den Militärputsch von Sensei Inc. angekauft worden und mit einem IZ versehen worden war. »Sie sehen also, verehrte Gebieterinnen und Gebieter, zu guter Letzt hat sich dieser brillante Politstratege selbst ausmanövriert. Das Gericht hat es nicht einmal für nötig befunden, seinen Erinnerungsspeicher sicherzustellen; da er jetzt zensiert ist, bleibt ihm keine andere Wahl, als die Wahrheit zu sagen.«
    Weshalb warnte mich dann meine Intuition, daß seine Aussage alles andere als wahrheitsgemäß war, und zwar bewußt?
    Sie erinnern sich vermutlich, daß er im Zeugenstand Dahlias Revisionismustheorie leugnete, die besagte, daß ich die Agentin gewesen war und er das Werkzeug, und in Übereinstimmung mit Jugs Argumentation ›enthüllte‹, daß ich aufgrund meines instabilen und empfindlichen Systems alles andere als eine brauchbare Verbündete abgegeben hatte. Meine Gerissenheit leugnete er nicht. Als eine Veteranin der P9-Massenerweckung, erklärte er, hatte ich ein bemerkenswertes Talent – oder Genie, wenn man so will – zur

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