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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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läßt das nur den einen Schluß zu, daß Sie nicht in der Lage sind zu erkennen, wann Sie entsprechend der Wahrheit aussagen und wann nicht. Was immer Sie denken und sagen, hat – soweit es Sie betrifft – seine Richtigkeit. Stimmen Sie mir zu?«
    »Wie ich vorhin zu sagen versuchte, das Einverständnis des Gebieters vorausgesetzt.«
    »Aha. Und erfolgte das erforderliche Einverständnis in bezug auf Ihre Aussagen zu Beweisstück Eins?« Er zögerte einen oder zwei Augenblicke vor der Antwort, dann sagte er: »Ja.«
    »Von wem?«
    »Meinem Gebieter.«
    »Dem Gericht ist bekannt, daß es sich bei dem derzeitigen Eigner des Beweisstücks um die Firma Sensei Inc. handelt.«
    Ohne dazu aufgefordert zu sein, sagte Andro trotzig: »Meine Gebieter haben mich eigens instruiert, den Tatsachen entsprechend auszusagen.«
    »Aber nach Ihrem Verständnis sind die Tatsachen das, was Sie sagen! Oder was Ihre Gebieter sagen. Und das könnte sehr wohl mit dem übereinstimmen, was die Anklage wünscht, daß gesagt wird. Korrekt? Daher lautet die Frage, weshalb sollte das Gericht Ihrer Aussage Glauben schenken?«
    »Ob das Gericht meine Aussage akzeptiert oder nicht, ist nicht meine Sache«, antwortete er beleidigt.
    »Exakt!« Sie gönnte sich eine kurze Pause, um den Augenblick zu genießen, denn der Sieg gehörte ihr. Zur Krönung ihres Triumphs fragte sie aus schierer Boshaftigkeit: »Glauben Sie an die Wahrheit Ihrer Aussage?«
    »Irrelevant!« rief Jug. Dennoch wies der Richter das Beweisstück an, die Frage zu beantworten.
    »Ich bin nicht darauf programmiert, an irgend etwas zu glauben«, erwiderte Andro müde. Dann, nach einem kurzen inneren Ringen, das er für einen fatalen Augenblick verlor, meldete sich eine hämische Fistelstimme zu Wort und krähte: »Am wenigsten seinen eigenen Unsinn!«
    »Wie bitte?«
    »Verzeihung. Das wollte ich nicht sagen. Es war alles eine große Anstrengung für mich.«
    »Die Wahrheit sagen zu müssen? Daran zweifle ich nicht. Doch ich kann Sie beruhigen, die Tortur ist fast zu Ende. Ich habe nur noch eine Frage: Hat man Ihnen ein Sekundärprogramm verabreicht, bevor Sie herkamen? Ein Indoktrin vielleicht?«
    Sichtlich beunruhigt fragte Andro: »Welcher Art?«
    »Instruktionen, sich strikt an die These der Anklage zu halten, daß es sich bei Beweisstück Eins um eine funktionsgestörte Einheit handelt.«
    Ich konnte nicht anders, als Mitleid mit ihm empfinden. Er mühte sich nach Kräften um ein Nein, doch dann meldete sich sein Gewissen wieder zu Wort, laut und deutlich. »Ja!« Er schlug die Hand vor den Mund, bat erneut um Entschuldigung und sagte, ihm wäre anscheinend ein kleiner Patzer unterlaufen, denn er habe die Frage negativ beantworten wollen.
    Dahlia beantragte die Anordnung eines Phytohumorogramms, um die genaue Art des Indoktrins bestimmen zu können; sie bezweifelte sehr, daß es sich um ein harmloses Stimulans handelte, den Tatsachen entsprechend auszusagen, wie Sensei Inc. in ihrer eidesstattlichen Erklärung versichert hatte. Jug erhob Einspruch gegen diese Unterstellung, aber der Richter entschied zugunsten von Dahlia und verfügte, daß im Falle eines positiven Testergebnisses die Zeugenaussage für ungültig erklärt werden sollte.
    Niemand war erstaunter über diese totale Demontage eines Kronzeugen der Anklage als mein Gebieter, der ursprünglich nur zögernd der Entscheidung von Levin und Pierce zugestimmt hatte, sie zu behalten. Jetzt hörte man ihn bei ihrer Rückkehr zum Tisch der Verteidigung murmeln: »Nicht schlecht«, während die Gebieter Levin und Pierce von einem Ohr zum andern grinsten. Eine zehnminütige Pause wurde anberaumt, damit die Gerichtsschreiber einen Termin für die Untersuchung verabreden und dem Gericht mitteilen konnten, wieviel Zeit die ganze Prozedur in Anspruch nehmen würde. Ich nutzte die Unterbrechung und die gehobene Laune der Verteidigung, um die Frage meiner Gedächtnisdatei erneut zur Sprache zu bringen. Dahlia, die ich angesprochen hatte, warf einen hilfesuchenden Blick auf ihre Vorgesetzten, aber die waren genauso fassungslos. Wie alle anderen waren sie gewöhnt, mit fügsamen Beweisstücken umzugehen, und hatten vor Gericht noch nie mit einem lebendigen zu tun gehabt – will sagen, einem ohne IZ. Es war nicht eigentlich mein Anliegen, das ihnen die Sprache verschlug, als vielmehr meine Kühnheit, überhaupt den Mund aufzutun. Das war nie dagewesen und brachte sie in eine scheußliche Situation. Sollten sie mir befehlen zu

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