Mein Leben als Androidin
– die Bahn passierte im Schrittempo das Portal des Raumhafens – erneut zu entwischen versuchte, doch einer der Studiohandlanger schnappte meine Leine, kaum daß sie Lockes Hand entglitten war, und riß mich zurück. Dann gingen wir an Bord einer Raumjacht mit dem unheilverkündenden Namen Die Don Dee.
Kapitel acht
Ein informativer Halbstundenflug zum Mond. An Bord befanden sich der Gebieter aller Gebieter persönlich, dazu Gebieter Boffo mit Assistenten, ich selbst, Gebieter Locke, Gebieter Meese und, Überraschung, Überraschung, Gebieter Tad nebst Freundin, die kurz vor dem Start als letzte Passagiere eintrafen. Der ältere Locke war verständlicherweise verblüfft, sich in derart illustrer Gesellschaft wiederzufinden, und erst recht, seinen Sohn darunter zu sehen, doch was ihn am meisten verwunderte, war das Bedürfnis des letzteren nach Versöhnung. In Anbetracht der vernichtenden Aussage vor Gericht kam ein solcher Gefühlsausbruch schon recht unerwartet.
Der jetzt liebevolle und überschwengliche Sohn war in der Lage, dem Vater seine scheinbare Herzlosigkeit zufriedenstellend zu erklären. Sein Auftritt vor Gericht war nur der sichtbare Teil seiner Verwicklung in den Prozeß gewesen – die Tarnung, wenn man so will. Der andere, erheblich wichtigere Teil, hatte darin bestanden, hinter den Kulissen als Betreiber der geheimen Absprache zwischen M. M. & M. und Stellar Entertainment tätig zu sein, die den glücklichen Ausgang des Prozesses zur Folge hatte. Die erfolgreiche Strategie, die er ausgearbeitet und während eines kurzen Urlaubs Harry Boffo unterbreitet hatte (Harry setzte sich daraufhin mit M. M. & M. ins Einvernehmen), bedingte nicht nur die Kooperation des Beweisstücks, sondern auch die Beeinflussung der Geschworenen, wofür Micki Dees Organisation der Dank gebührte. Da wir eben von diesem ehrenwerten Gebieter sprechen – derweil Vater und Sohn sich gerührt in den Armen lagen –, teilte sich ein Vorhang am hinteren Ende der Empfangskabine, und der Don höchstselbst, flankiert von zwei Androidentorpedos, trat heraus, um seine versammelten Gäste zu begrüßen.
In natura war er viel kleiner, als ich nach dem Visaphongespräch vom Mars angenommen hatte, aber da mir die Erinnerungen fehlten, wußte ich zu dem Zeitpunkt davon nichts. Was mir dagegen auffiel, war die Diskrepanz zwischen seiner Kleidung – mit einem Monogramm bestickter Hausmantel und schwarze Satinslipper – und seinem gleichgültigen, schroffen Benehmen; ein gewöhnliches Badetuch hätte besser zu ihm gepaßt, von der Sorte, wie ich sie meinen Kunden in den schäbigen Hotelzimmern des Dodger Districts zur Verfügung zu stellen pflegte, denn für mich sah er aus wie ein hagerer alter Pendler kurz vor dem Ruhestand. Er wirkte so harmlos. Ich konnte überhaupt nicht begreifen, weshalb alle anderen vor Ehrfurcht erstarrten.
Gebieter Locke fackelte nicht lange, veranstaltete einen großen Kotau und bedankte sich stammelnd für des großen Mannes Hilfe bei dem Prozeß. »Nun, wir können uns nicht von der LRA herumschubsen lassen, stimmt's?« entgegnete der Gebieter aller Gebieter einigermaßen rätselhaft und winkte den Anwesenden, ihm in das innere Heiligtum zu folgen. Eine der eleganten Sony9-Stewardessen (es gab sechs davon – sechs auf einer einzigen Jacht!) hob zuvorkommend die Leine auf, die meinem Gebieter wieder einmal entglitten war, und reichte sie ihm. Dann geleiteten sie und ihre Mitsklavinnen uns in die luxuriöse Privatlounge. Sie schüttelten die Sitzpolster auf, verteilten noch einige zusätzliche Kissen auf der Ottomane und forderten uns auf, entspannt und bequem die kurze Reise zu genießen. Es wurde Champagner gereicht – sogar ich bekam ein Glas von dem noblen Prickelwasser! Durch ein großes, ovales Sichtfenster im Boden beobachteten wir die Abkopplung vom TWAC-Orbiter – wenige Sekunden nach der Zündung des Antriebs war er bereits außer Sicht. Gebieter Dee brachte einen Toast aus auf die erfolgreichen Verhandlungen bezüglich meines Verkaufs an Stellar Entertainment, worauf der Ehrengast, Locke senior, dem Gastgeber schüchtern zu verstehen gab, daß er noch nicht das Vergnügen gehabt hatte, einen förmlichen Kaufvertrag zu unterschreiben.
Dieses Versäumnis wurde unverzüglich von Harry Boffos Assistenten gutgemacht, die flugs die entsprechenden Dokumente nebst Sensorfüller präsentierten. Während Locke unterschrieb – ohne sich die Zeit zu nehmen, ein einziges Wort zu lesen –, beglückwünschte
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