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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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ihn Meese zu dem weisen Entschluß, an eine reelle und solvente Firma wie Stellar Entertainment zu verkaufen, deren Hauptaktionär nebenbei bemerkt unser Gastgeber war und er selbst ein Mitglied des Verwaltungsrats. Schon schnippte Boffo mit den Fingern, ein Assistent zückte einen Scheck über zehn Millionen in hartem Melamin und überreichte ihn meinem Gebieter – ehemaligem Gebieter, denn kaum hielt er das Latexformular in der Hand, küßte er es, rief aus: »Endlich frei! Allmächtiger Gott! Endlich frei!« und warf die Leine in die Luft. Boffo fing sie auf, die Stewardessen klatschten und kicherten, und es wurde reihum geprostet.
    Und so hatte ich wieder einmal den Besitzer gewechselt; gekrönt wurde das Ritual mit der Übergabe des kleinen schwarzen Kastens, der meinen Erinnerungsspeicher enthielt, an den Studioboß. Behutsam entnahm er den kostbaren Gegenstand – einen winzigen, phosphoreszierenden Zylinder * – dem schützenden Behälter, um ihn so andächtig zu betrachten, als wären es die Kronjuwelen von England, die, nebenbei bemerkt, meines Wissens vor kurzem bei einer interplanetaren Auktion einen Rekordpreis erzielt haben. (Ich hoffe, der Gewinn wird dazu beitragen, die erbärmliche Situation jener verarmten und rückständigen Insel zu verbessern.) »Mögest du ein Kassenschlager werden«, sagte er, den Blick unverwandt auf den Zylinder gerichtet. Seine Assistenten wiederholten die Beschwörungsformel. Dann legte er das kostbare Stück zurück in den Kasten und schob ihn in das Sicherheitsfach seines Aktenkoffers, den er nicht aus der Hand gab, sondern fest auf dem Schoß hielt. Unser Gastgeber brachte den zweiten Toast auf den erfolgreichen Vertragsabschluß aus. Anschließend erkor er den jüngeren Locke für eine besondere Würdigung und pries ihn als einen rasanten Aufsteiger, der nach Abschluß der Hochschule für Wirtschaftsrecht eine vielversprechende Bereicherung des für das Studio arbeitenden Teams von Rechtsberatern sein würde.
    Der verdutzte Adressat der unerwarteten Hommage war so überrumpelt, daß er nur erwidern konnte, er müsse sich eines dermaßen hervorragenden Postens erst würdig erweisen, aber Gebieter Boffo nahm die Gelegenheit – und den Wink des Gastgebers – zum Anlaß, den überglücklichen Jurastudenten vom Fleck weg zu engagieren, mit der Begründung, sein geschicktes Taktieren hinter den Kulissen des Gerichtsverfahrens sei Empfehlung genug. Überwältigt dankte Tad ihnen beiden aus tiefstem Herzen. Dann erinnerte er sich seiner Begleiterin – sie war schwerlich zu vergessen, denn sie saß beinahe auf seinem Schoß, und ihre sanften Taubenaugen ruhten mit einer süßen Beharrlichkeit, um nicht zu sagen besitzergreifend, auf ihm – also, sich seiner Begleiterin entsinnend, nahm er ihre Hand in die seine und verkündete: »Verehrte Gebieter, wenn ich darf, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um meine Verlobung mit Gebieterin Bonpaine bekanntzugeben. Wir haben vor, uns nächste Woche trauen zu lassen.«
    Neuerliche Gratulationen von allen Seiten, Vater und Sohn lagen sich zum wiederholten Mal gerührt in den Armen. Der ältere Locke wischte sich die Tränen aus den Augen. Es grenzte an ein Wunder, meinte er, und stellte sein Vertrauen in die Menschheit wieder her, hatte er doch längst alle Hoffnung aufgegeben, seinen Sohn je mit einem netten Mädchen verheiratet zu sehen. Er erkundigte sich, ›ob Mutter Bescheid weiß‹, und Tad erwiderte, daß sie einen großen Hochzeitsempfang in Newacres plante; er würde versuchen, auch ihn auf die Gästeliste setzen zu lassen. Des dankbaren Vater Phantasie wurde beflügelt, und er äußerte die Absicht, nach den Feierlichkeiten seiner Frau eine Versöhnung vorzuschlagen; es stand zu hoffen, der frohe Anlaß (und sein neuer Reichtum) würde helfen, noch bestehende Ressentiments ihrerseits auszuräumen. Der Plan erschien dem Sohn nicht unbedingt erfolgversprechend, doch lobenswert, also bestärkte er seinen Vater und brachte einen Toast aus, der von den übrigen Anwesenden frohgestimmt aufgegriffen wurde. Bei allen waren mittlerweile Auswirkungen des Champagners zu bemerken – ausgenommen den Gastgeber, der nur an seinem Glas nippte, und mich, wegen meiner stabileren Konstitution.
    Nun, unbeachtet mitten in einer gutgelaunten Gesellschaft zu stehen versetzte mich in eine eigenartige Stimmung. Die Botschaft des Chefs kam mir in den Sinn, und ich überlegte ironisch, falls seine Philosophie nicht nur leeres Geschwätz war, was

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