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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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dokumentierten Talents für anstößige und kriminelle Aktivitäten schon vor dem Attentat auf Präsident Fracass ein von dem Angeklagten zu entrichtender Schadenersatz in Höhe von EINER MELMÜNZE angemessen ist.«
    Etwas unsicher erklärte der Sprecher, es wäre nicht Absicht der Jury gewesen, durch diesen symbolischen Schadenersatz die Bedeutung von Präsident Fracass zu mindern. Im Gegenteil, sein Leben, wie jedes Menschenleben, sei unschätzbar wertvoll und der Verlust eine Tragödie, für die niemals angemessen Ersatz geleistet werden könne. Wie auch immer, sie mußten sich an die geltenden Gesetze halten, die sie als nicht ausreichend empfanden. Die Übergangsregierung in Frontera hätte sich mit ihrer Klage gegen die letztendlich regreßpflichtigen Parteien richten sollen: den Hersteller, Pirouet Inc., und die Mutterfirma, United Systems Inc., die nach ihrer bescheidenen Ansicht vor Gericht gehört hätten, nicht Standford Locke.
    Der Richter dankte ihnen für ihr Urteil, ihre Meinung und Geduld und forderte den Angeklagten auf, an der Gerichtskasse zu zahlen. Er wies darauf hin, daß unverzüglich nach Entrichtung der geforderten Summe das Beweisstück samt Erinnerungsspeicher an ihn zurückgegeben würde. Jede Hoffnung General Harpis, der Richter würde neben der Geld- noch eine zusätzliche Freiheitsstrafe verhängen, wenn schon die Geschworenen sich unverantwortlich milde zeigten, wurde zunichte gemacht, als ohne weitere Formalitäten das Auge des Gesetzes erlosch und mehrere Klingelzeichen das Ende der Sitzung und des Prozesses verkündeten. Dahlia eilte zur Tür, dicht gefolgt von den Gebietern Levin und Pierce, um im Orbitersekretariat auf der anderen Seite des Moduls unverzüglich Berufung einzulegen; alle drei legten keinen Wert darauf, interviewt zu werden. Jug tauschte Gratulationen mit seinen Vorgesetzten und General Harpi und warf sich für die Presse in Positur. Doch das größte Rudel von Mediaeinheiten umwimmelte den Mann der Stunde, der nur den Kopf schütteln und immer wieder sagen konnte: »Ich fühle mich wie betäubt, wie betäubt«, während er die symbolische Strafe entrichtete. Dann, nachdem Standford Locke pflichtgemäß seine Schuld gegenüber der Militärregierung in Frontera beglichen hatte, brachte der Kassierer einen kleinen, schwarzen Metallkasten zum Vorschein mit der Erklärung, er enthalte das Original meines Erinnerungsspeichers. Man überreichte Standford Locke den Kasten, zusammen mit meiner Leine – die abschließende Zeremonie des Verfahrens. Die Mediaeinheiten ließen uns nebeneinander posieren und fragten, was er jetzt mit mir zu tun gedenke, worauf er zur Antwort gab, da er momentan in sehr großzügiger Stimmung sei, würden mir Termination sowie Rehabilitation – wenigstens vorläufig – erspart bleiben. Hatte er vor, meine Verrufenheit kommerziell auszubeuten? Der Gedanke war ihm noch nicht gekommen, aber da sie es jetzt erwähnten … »Na, das wäre vielleicht eine kleine Entschädigung für all den Ärger, den sie mir bereitet hat.« Wie aufs Stichwort nahm Harry Boffo, der bei der Urteilsverkündung unter den Zuschauern gesessen hatte, ihn für ein paar Worte in dieser Richtung beiseite. Während ihres Gesprächs ließ mein Gebieter das Ende meiner Leine fallen, unzweifelhaft aus Überraschung und Freude über das Angebot, das man ihm ins Ohr flüsterte. Instinktiv ergriff ich die Gelegenheit, mich unauffällig zum Ausgang zu bewegen, zur großen Belustigung all derer, die es merkten und meinen Gebieter darauf aufmerksam machten. »Nichts mehr davon, Molly«, sagte er, fuhr herum und hob die Leine auf. »Komm her, ich habe Pläne mit dir.«
    Nach diesen nichts Gutes verheißenden Worten bestiegen wir zusammen mit Harry Boffo und etlichen seiner Assistenten eine Orbiterbahn zum Raumhafen; unterwegs wurden vorbereitete Kaufverträge aus Aktenkoffern hervorgezaubert und meinem Gebieter unter die Nase gehalten, während Harry Boffo ihn in vertraulichem Flüsterton drängte zu unterschreiben. »Die Originalerinnerungen exklusiv – selbstredend … die Hälfte bei Unterzeichnung, das wären fünfzehn-fünf in hartem Melamin … außer, wir übernehmen die Rehabilitationskosten … besser als die gesetzliche Regelung … kein anderes Studio kann da mithalten! Die Vorbereitungen für die Produktion sind beendet … stehen in den Startlöchern … das Eisen schmieden, solange es heiß ist …« Unnötig zu sagen, daß ich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit

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