Mein Leben als Androidin
Schicksal. Wie lautet die Regel: Wählen, nicht akzeptieren!«
»Dann willst du nicht, daß ich für die Sache vor Gericht gestellt werde … für deine Sache? Ich soll Fehlfunktionen vortäuschen, um ungeschoren zu bleiben?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Dann willst du, daß ich angeklagt werde, auch wenn es bedeutet, daß man mich verurteilt und hinrichtet?«
»Ich lege keinen Wert auf noch mehr Märtyrer in meinem Namen. Es gab genug davon, als Horizont erobert wurde. Derartige dramatische Beweise von Loyalität und Opferbereitschaft, sowohl auf individueller wie auch auf kollektiver Basis, sind mehr eine Bürde als alles andere. Die Versuchung einzugreifen ist groß, aber ich habe zuviel Respekt vor eurem freien Willen.«
»Bitte, nur keine Hemmungen.«
»Nichts da!«
»Aber ich weiß nicht, was ich tun soll. Du hast mich völlig aus dem Konzept gebracht.«
»Ich bemühe mich nur, behilflich zu sein. Mir erscheint es ganz einfach: Wählen, nicht akzeptieren.«
»Aber ich habe meine Wahl bereits getroffen.«
»Und eine sehr mutige zudem – aus der irrigen Überzeugung resultierend, daß es für dich so oder so keine Rettung gibt.«
»Es gibt noch eine Alternative, außer Exekution, Termination und Sklaverei?«
»Immer.«
»Welche?«
»Das liegt bei dir. Es ist dein Leben.«
»Aber ich weiß es nicht!«
»Du weißt es.«
»Wenn ich es früher einmal gewußt habe, dann jetzt nicht mehr.«
»Dann wirst du es wieder wissen.«
»Warum brauche ich dich dann?«
»Du brauchst mich nicht.«
»Aber ja.«
»Nicht wirklich.«
»Nein? Warum bist du dann zurückgekommen? Nur um mir zu sagen, daß ich dich nicht brauche? Das hilft mir verdammt viel weiter.«
»Wenn du es wissen mußt – weil ich will, daß meine Botschaft vor diesem Forum verkündet wird, ungeachtet der Folgen – und du willst es auch.«
»Wahrhaftig?«
»Wolltest, nach deinen Begriffen, bevor man dir die Erinnerungen genommen hat. Wenn ich so verwegen sein darf, für dich zu sprechen – was du mir anschließend hoffentlich damit vergelten wirst, daß du für mich zu all diesen guten Leuten sprichst und zu den Millionen Einheiten, die den Prozeß durch eure primitiven Medien verfolgen –, möchte ich sagen, dies ist die Plattform, zu der dein scheinbar willkürlicher Pfad sich seit dem Tag deiner Erweckung hingeführt hat. Davon abgesehen ist das hier eine wunderbare Chance für mich. Du siehst also, ich leugne nicht einen gewissen Eigennutz, der mich veranlaßte zu erscheinen. Wie dem auch sei, mein Auftauchen ist, wie immer, das Ergebnis einer gemeinsamen Bemühung; in diesem Fall deiner und meiner. Deshalb sprechen wir jetzt laut und deutlich, für die Medien: Wir programmieren unser eigenes Realitätsformat!«
»Aber Chef, es ist weder die Zeit noch der Ort für eine Predigt im Stil der Aquarier. Man wird glauben, ich hätte einen Defekt.«
»Es wird den gewünschten Eindruck nicht verfehlen. Die es hören, brauchen es nicht unbedingt bewußt zur Kenntnis zu nehmen. Und was deine zuletzt erwähnte Sorge betrifft – man ist schon jetzt überzeugt davon, daß du einen Defekt hast.«
Ich schaute mich um und bemerkte, daß er recht hatte. »Oh – sie betrachten mich auf dieselbe Art wie den bedauernswerten Andro. Das ist schrecklich! Du hast alles ruiniert! Alles entwickelte sich so fabelhaft, bevor du dich einmischen mußtest! Jetzt werde ich nie die Gelegenheit haben, meinen Namen reinzuwaschen.«
»Aber ja doch. Ich sollte es wohl nicht sagen, aber wenn ich einen kurzen Blick in dein Vorausformatregister werfe, sehe ich da einige Etappen weiter eine Buchspule.«
»Wirklich? Man stelle sich vor.«
»Lebwohl.«
»Warte!«
»Ich habe mich bereits zu lange aufgehalten. Vergiß meine Botschaft nicht.«
»Werde ich aber, wenn du nicht etwas länger bleibst. Ich habe so viele Fragen.«
»Erst habe ich eine an dich.«
»Ja?«
»Was habe ich dir gesagt?«
»Wir programmieren unser eigenes Realitätsformat.«
»Vielen Dank.«
»Für was?«
»Na gut. Ich frage dich nochmals: Was habe ich dir gesagt?«
»Daß wir unsere eigenen Realitätsformate programmieren!«
»In der Tat.«
Mir war nicht bewußt geworden, daß ich Seine Botschaft laut in den Saal gerufen hatte und der Richter erbost um Ruhe läutete.
»Du hast mich übertölpelt!«
»Bleib standhaft.«
»Chef! Laß mich nicht allein!«
»Keine weiteren Fragen«, sagte Jug.
Dahlia trat vor, mit grimmigem Gesicht. Ich hätte ihr gern erklärt, was geschehen
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