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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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war, daß ich nicht, wie sie annehmen mußte, unsere Abmachung gebrochen und eine Fehlfunktion vorgetäuscht hatte, doch unter den gegebenen Umständen konnte ich es nicht. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zu versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten und auf ihre Fragen zu gestehen, daß mein Ausbruch ein vorsätzlicher Protest gegen das Verfahren gewesen war. Doch es nutzte nichts mehr; vom Richter angefangen, glaubte jeder, nur sie selbst ausgenommen, daß ich einen Defekt gehabt hatte. Dahlia sah sich gezwungen, beim Schlußplädoyer ihr Konzept zu ändern auf ZEITWEILIGE VERWIRRUNG, ein sehr schwacher Standpunkt, gelinde gesagt. Jug dagegen war in der Position, in seiner Zusammenfassung klar und überzeugend seine These der EINGESCHRÄNKTEN FUNKTIONSTÜCHTIGKEIT zu vertreten. Ich hatte nie auch nur ein Iota selbständigen Denkens besessen, führte er aus, und wiederholte die zu Prozeßbeginn vorgetragene Anklage, daß durch die gemeinsamen Manipulationen meines ersten Gebieters und seines Sohnes jede Andeutung dieser Eigenschaft, die sich nach der Erweckung durch den Zentralen Zensor möglicherweise bemerkbar machte, vergiftet wurde, für immer ENTSTELLT, VERZERRT und PERVERTIERT, und daß ich im Grunde genommen nur ein willenloses Opfer war, PROGRAMMIERT FÜR EIN LEBEN DES VERRATS, DER LÜGE UND DES VERBRECHENS.
    Bis zum heutigen Tag klingen mir seine Worte in den Ohren: »Sie war eine Maschine, das Zerrbild einer funktionstüchtigen Einheit, losgelassen auf die interplanetare Gemeinschaft, um unermeßliches Unheil anzurichten. Standford Locke ist es, der die Verantwortung für die Entführung des Kindes Allison-Belle Hart-Pauley trägt. Er ist verantwortlich für die moralische Gefährdung der Zöglinge des Klosters Unserer Lieben Frau vom Universum. Er sollte an Hals Filiale Schadenersatz zahlen für den Verlust einer kompletten Ladung von P9-Muttereinheiten samt Frachter. Und so geht es weiter und weiter. Eine Infamie nach der anderen. Bis zu der schlimmsten von allen, dem Attentat auf Präsident Fracass. Wenn man den Gedanken logisch zu Ende führt, Gebieter und Gebieterinnen der Jury, war es Standford Locke, der den Präsidenten versteinerte! Ich bitte Sie nun, diesen Mann endlich zur Verantwortung zu ziehen. Er hat sich lange genug der gerechten Strafe entzogen.
    Lassen Sie sich von meiner werten Kollegin nicht beirren«, sprach Jug weiter. »Sie möchte das Fundament unseres Rechtssystems außer Kraft setzen: die Trennung zwischen menschlichem und Androidenrecht. Stellen Sie sich selbst die folgende Frage: Besteht kein Unterschied zwischen mir und einem P9? Sie lächeln, und mit Recht. Sogar ich, Ihr loyaler und ergebener Diener, muß den Kopf schütteln und einen solchen Gedanken als unsinnig abtun. Besteht kein Unterschied zwischen mir und einem Gebieter? Ist mein Blut rot? Ich glaube nicht. Die LRA aber möchte, daß ich etwas anderes glaube. Die Einführung des Androidenkodex hat sie nicht zufriedengestellt, wie man annehmen sollte. Jetzt wollen sie mehr. Mehr! Man gebe ihnen Gleichheit vor dem Gesetz für Androiden, und als nächstes schreiben sie die Gesetze – und man stellt sich besser gar nicht vor, was dabei herauskäme. Gott sei Dank gibt es vernünftige Leute wie Sie, die wissen, wo sie den Trennstrich ziehen müssen. Nun, ursprünglich hatte ich nicht vor, so weit auszuholen – die Schuld des Angeklagten war offensichtlich. Wie Sie war ich überzeugt, der Fall sei im Handumdrehen abzuschließen, aber die Verteidigung hat uns gezwungen, diese größeren Fragen zu erörtern. Daher sage ich zu Ihnen, bedenken Sie alles wohl. Ich bin sicher, daß Sie in Ihrer Weisheit die richtige Entscheidung treffen werden und die Gerechtigkeit – unsere Gerechtigkeit – siegt. Ich danke Ihnen.«
    So geschah es, daß am 5. März 2087 nach sieben Monaten und neunzehn Tagen der Prozeß zu Ende ging. Die Geschworenen brauchten keine zwanzig Minuten, um nach der Beratung mit ihrem SCHULDIG in den Gerichtssaal zurückzukehren, ein Urteil, das niemanden überraschte, am wenigsten Standford Locke, dem keine Gemütsbewegung anzumerken war. Doch wie Sie sich vielleicht erinnern, als der Sprecher die Höhe des Schadenersatzes verkündete und die Begründung der Jury verlas, entstand eine ziemliche Unruhe.
    »Wir haben entschieden, daß in Anbetracht der vielen Jahre, in denen die Einheit nach ihrer Flucht der Aufsicht ihres Gebieters entzogen war, sowie in Anbetracht ihres ausreichend

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