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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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bleiben, verblendet von einer absurden Philosophie, die sich von den Nebenwirkungen der Programme nährt und ihn ebenso zum Sklaven erniedrigt, wie es damals Eva mit ihrem Dip ergangen ist, woraus sich – traurig genug – ersehen läßt, daß selbst P9 gegen solche Abhängigkeiten nicht gefeit sind.
    Seine Reaktion auf diesen leidenschaftlichen Ausbruch? »Wer ist Eva?«
    Mit all der Geduld und Liebe, zu der nur eine Mutter fähig ist, erwiderte ich, daß sie eine Unglückliche gewesen war, die dank meines Eingreifens zu großen Höhen aufstieg; ich verglich den Luxus unseres Hauses in Malibu mit den Wonnen seiner höheren Sphären. Doch er ließ sich nicht verführen: Die Reichtümer des Paradieses seien weit größer, mahnte er, und ich wäre gut beraten, danach zu streben, wollte ich nicht wieder zu einer Existenz als P9 verdammt werden. »Aber Junior«, sagte ich, unfähig, meine wachsende Verzweiflung zu verbergen, »ich bin ein P9.« – »Du warst es«, beharrte er. – »Und du bist ein Semi.« – »War!« – »Und unser Kind wird ein Semi sein.« – »Wie kannst du, eine Mutter, so etwas von deinem eigenen Fleisch und Blut behaupten? Ich liebe dich von Herzen, Candida, aber ich fürchte, du bist ernsthaft verwirrt. Das Kind wird ein Mensch. Verlaß dich darauf.« – »Ja, ein Teil Mensch, drei Teile P9.«
    – »Unsinn.« – »Tad junior, hör mir zu.« – »In einem anderen Leben war ich Tajuna.« – »In diesem Leben.«
    – »Jetzt bin ich Lance, eine geläuterte Seele auf dem Weg zur Erlösung.« – »Nein, du bist nur ein Schauspieler.« – »Ich kann dir versichern, es sprich einiges für die Metapher, daß das Leben eine Bühne ist, aber …« – »Das war keine Metapher! Du bist ein Schauspieler, und das bedeutet, du kannst kein Mensch sein; alle Schauspieler sind Androiden.« – »Eine eher grobschlächtige Interpretation. Ich hatte gehofft, dir eine größere Wahrheit eröffnen zu können.« – »Und ich wollte dir von Armstrong erzählen. Dort liegt unsere einzige Möglichkeit zur Flucht.« – »Armstrong? Armstrong? Das ist eine Illusion, wie alles droben. Hier in den Tiefen, wo nur die Tapfersten und Weisesten es finden können, hier ist das einzige Tor zu den höheren Sphären verborgen … das heilige Fenster.« – »Lieber Chef! Gibt es keine Möglichkeit, zu Dir vorzudringen? Denk an unser Kind. Wenn dieses metaphysische Gerangel noch lange dauert, wird es hier unten geboren werden!«
    Und so ging es weiter und weiter, bis eine Datapille in seinen Spender fiel und ich sie schnappte und zwischen den Fingern zerdrückte. »Warum hast du das getan?« schrie er auf. »Du bist verrückt! Ich bin verloren ohne meinen Initiator.« – »Gut, dann werden dir endlich die Augen geöffnet«, gab ich zurück und fügte hinzu, daß er jetzt gezwungen war, zu improvisieren und seine Sinne beisammenzuhalten, denn nur mit wachem Verstand konnte man das grandiose Blendwerk als das erkennen, was es war. Darauf erhielt ich zur Antwort, daß er sich eben um so mehr der Führung der Gebieter anvertrauen werde.
    Plötzlich bekam ich Angst, daß er so vertrauensselig und dumm sein könnte, sich den Gebietern zu offenbaren. Es war meine Absicht gewesen, ihn aus seiner Scheinwelt herauszureißen, keinesfalls wollte ich schuld daran sein, daß er zur Rehabilitation geschickt wurde, also folgte ich ihm zu den Fahrstühlen, flehte ihn an, in jedem Fall seine Meinung für sich zu behalten, und sagte, man kann nicht mit den Gebietern sprechen, sie sind alles andere als verständnisvoll. »Wieder falsch«, antwortete er, als die Türen sich öffneten. »Sie sind unsere besten Freunde und Führer von der anderen Seite. Es gibt keinen Grund, sie zu fürchten.« Er trat in die Kabine. »Tad! Tad junior!« rief ich, während der Fahrstuhl zu den Bühnen hinaufstieg. Keine Antwort.
    Wie bereute ich meine vorschnelle Tat, als die Holos vorübergingen und er nicht zurückkehrte; wie durchwanderte ich in den Zwischenphasen ruhelos die Stallungen, überwältigt von der Sorge einer Mutter und dem Kummer der Geliebten, und wie schalt ich mich wegen des Unheils, das ich aller Wahrscheinlichkeit nach über ihn gebracht hatte. Denn diesmal trug ich die Schuld an seinem Verschwinden, nicht die launischen Strömungen des Pazifik.
    Was um alles in der Welt hatte mich veranlaßt, ihn in solche Gefahr zu bringen? Nur um das letzte Wort in einem metaphysischen Streitgespräch zu haben? Wie erbärmlich, dumm und eitel, daß

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