Mein Leben Als Suchmaschine
entlasten. Abgaben reduzieren. Setze Schreiben an Vermieterin auf. Schlage stark leistungsbezogenen Mietvertrag vor. Bin ja oft gar nicht in der Wohnung. Das muß doch bei der Miete berücksichtigt werden.
Mein ausländischer Investor ruft an, sagt, er glaube nicht, daß er sein Getränkelager erweitern muß. Muß den Druck erhöhen. Gehe wieder runter zur Kneipe.
Rest des Tages Konjunkturprogramm.
Donnerstagmittag. Kurzschluß zwischen Zimmerpalme und Staubsauger hat einiges Chaos in der Wohnung verursacht. Beantrage EU-Gelder zum Wiederaufbau.
Zum Frühstück wieder zwölf Überraschungseier. Die Kosten für Alterssicherung bedrohen die langsam anziehende Konjunktur.
Mein ausländischer Investor weigert sich weiterhin, Lagerraum in meiner Wohnung anzumieten. Diese Heuschrecke. Darf jetzt keine Halbherzigkeiten zulassen. Muß Entschlossenheit beweisen. Mein Konjunkturprogramm durchsetzen. Muß mehr trinken, mehr trinken, mehr trinken…
Freitagabend. Erfolg. Der australische Wirt hat mir eine halbe Flasche Bier mitgegeben. Zum Testlagern, also wenn ich dafür nach Hause gehe. Mein Programm schlägt durch. Der Standort Evers ist fit. Fit für den Aufschwung. Jetzt geht’s los!
2 … dem Woher
Das Brückengeländer
Als Kind, ich muß damals so sieben oder acht Jahre alt gewesen sein, habe ich einmal, alleine an einer gottverlassenen Kanalbrücke spielend, meinen Kopf durch das alte, rostige, schmiedeeiserne Brückengeländer gesteckt. Wie genau ich meinen Kopf da durchbekommen habe, weiß ich nicht mehr. Was ich allerdings noch genau weiß, ist, daß ich dann den Kopf einfach nicht mehr aus diesem Gitter herausbekommen habe. Ich konnte mich oder den Kopf drehen und wenden, wie ich wollte, da ging nichts mehr. Die Kanalbrücke war, wie gesagt, gottverlassen, und Niedersachsen, wo ich aufgewachsen bin, kann sehr, sehr weitläufig und menschenleer sein. Die folgenden Stunden, die ich in der Brücke hing und auf meine Rettung wartete, waren eine der prägendsten Erfahrungen meiner Kindheit. In diesen sechs Stunden habe ich mir geschworen, nie wieder meinen Kopf in irgendwelche Kanalbrückengeländer zu stecken. Und mich auch sonst nie wieder in Situationen zu begeben, wo ich nicht vorher weiß, wie ich da wieder herauskomme. Und überhaupt eigentlich nie wieder irgendwie irgendwas zu machen. Daran habe ich mich eigentlich bis heute gehalten.
Gefunden hat mich damals übrigens unser Förster. Über unseren Förster ging das Gerücht, er würde Kinder nicht so wirklich mögen. Als er mir auf meine Bitte, er möge doch möglichst schnell ein Schweißgerät oder eine Säge holen, um mich aus dieser Brücke rauszuschweißen oder zu sägen oder was weiß ich; als er mir auf diese meine Bitte mitteilte: das Brückengeländer sei denkmalgeschützt, und man könne da leider gar nichts machen, da wußte ich, daß die Gerüchte über ihn nicht nur Gerüchte waren.
Statt dessen bot er mir an, eine kleine Hütte um mich herumzubauen, dann hätte ich es in den folgenden Jahren zumindest einigermaßen trocken und ein bißchen warm. Ich glaube, hätte außer dem Förster nicht später auch noch mein mich suchender Vater mich gefunden: wahrscheinlich wäre mein weiteres Leben völlig anders verlaufen.
Wenn unser Dorf ein wenig größer gewesen wäre oder sich zumindest irgendjemand für die Menschen interessiert hätte, wäre das Ansägen dieses denkmalgeschützten Brückengeländers vielleicht eine Straftat gewesen. Zumindest eine kleine. So hingegen gab es trotz wütender Proteste des Försters nicht einmal eine Meldung in der Kreiszeitung. Die berichtete erst mehrere Jahre später, als eine komplette Seite des Brückengeländers zerstört worden war. Ein Landwirt hatte versucht, während er sehr, sehr langsam über die Brücke fuhr, direkt von seinem Traktor aus in den Kanal zu pinkeln. Dies mißlang in erheblichem Ausmaß. Trotz Spott und Verletzung blieb dem ungeschickten Freizeitartisten jedoch der Ruhm, damit eine schöne Tradition begründet zu haben, in welcher ihm bis heute junge Nachwuchsfahrer mit Freude und zumeist auch deutlich mehr Erfolg nacheifern.
Laßt uns Weihnachten
durch Kinderaugen sehen
Der Morgen des 23. Dezember. Ein Tag vor Weihnachten. Das Kind ist schon angemessen aufgeregt. Allerdings noch weniger wegen Heiligabend, sondern zunächst noch wegen der 24. Morgen wird das letzte Türchen geöffnet. Fünf Mal, denn es sind fünf Adventskalender. Zwei von den Großeltern, ein selbstgebastelter aus
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