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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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die Schlagbolzen aus den Kalaschnikows der Wachen entfernt, so dass diese nicht mehr damit schießen konnten. Als wir dann alle schliefen, sammelten sie unsere Waffen ein.
    Während des Angriffs hatten sie die Wachen und noch einige andere Brüder als Geiseln genommen, sie in eine der Höhlen geschleppt und dort die ganze Nacht verhört. Auch Geiselnahme und die unterschiedlichen Verhörtechniken waren ja Teil unserer Ausbildung.
    Am nächsten Morgen erzählte uns Abu Bakr, wie sie versucht hatten, den Widerstand eines Bruders, eines höchstens siebzehn Jahre alten Jungen, zu brechen. Er war in dieser Nacht als Wache eingeteilt gewesen. Die angeblichen Angreifer wollten nun von ihm wissen, welche Waffen es im Lager gebe. Zuerst gab der Junge überhaupt nichts preis. Auch als ihm die Tschetschenen ein Gewehr an die Schläfe hielten und ihn schlugen, wollte er noch nichts sagen. Erst als sie direkt vor seinen Füßen in den Boden schossen und drohten, ihn umzubringen, wenn er nicht redete, gab er auf.
    „Wir haben fünfundsiebzig Panzer“, erzählte er ihnen, „und viele tausend Gewehre. Außerdem haben wir fünfzig Stinger-Raketen. Insgesamt sind wir über dreihundert Mann stark, und die gesamte Umgebung des Lagers ist vermint.“
    Abu Bakr lachte, als er die Geschichte erzählte. Der Junge hatte sich vollkommen richtig verhalten: Er hatte seinen Befragern mehr gegeben, als diese wollten. Er hatte seine Truppe weit stärker erscheinen lassen, als sie tatsächlich war.
    Ich wurde viele, viele Male als Bestrafung zur Wache eingeteilt. Aber in einer Nacht wurde ich dann zum Wachhabenden ernannt. Dies war eine Ehre, da ich jetzt für die Sicherheit des Lagers verantwortlich war und sicherstellen musste, dass die anderen Wachen ihre Aufgabe korrekt erledigten.
    Jede Nacht wurden vier Brüder bestimmt, die unterschiedliche Teile des Lagers bewachen mussten. Der Wachhabende führte die Aufsicht über sie. In dieser Nacht bestand die Wachmannschaft aus zwei Tschetschenen, einem Tadschiken und einem Kurden. Letzteren kannte ich flüchtig und fand ihn recht sympathisch. Deshalb beschloss ich, ihn ein bisschen auf die Probe zu stellen. Er war für die Bewachung der Vorderseite des Lagers verantwortlich. Sein Wachbereich fing am Fluss an und erstreckte sich dann über die Kantine und den Lagereingang bis zum Gelände hinter der Wohnhütte der Köche.
    Ich ließ einige Stunden verstreichen, bis er seine Wachroutine gefunden hatte. Dann versteckte ich mich hinter der Kantine und wartete auf ihn. Sobald ich seinen Atem hörte, rief ich ganz laut: „Dresch!“ Das war das afghanische Wort für „Halt!“, das wir lernen mussten, sobald wir im Lager ankamen.
    Ich hörte den Kurden aufschreien, und als ich um die Ecke lugte, sah ich, dass er mit dem Gewehr in meine Richtung zielte. Er war augenscheinlich wirklich in Panik geraten. Ich rief ihm darauf die Losung für diese Nacht zu und nannte ihm meinen Namen. Danach kam ich hinter der Kantine hervor. Er hatte sein Gewehr gesenkt und schaute mich böse an.
    „Habe ich dich gekriegt!“, sagte ich mit einem Lachen.
    „Das wird dir nicht noch einmal gelingen“, knurrte er mich an. Offensichtlich fand er das Ganze überhaupt nicht komisch. Er drehte sich nur schweigend um und setzte seinen Kontrollgang fort.
     
    Natürlich konnte ich es nicht dabei belassen. Ich musste ihn noch einmal überlisten. Und so ging ich etwa einen Kilometer flussaufwärts in den hinteren Teil des Lagers. Von dort kletterte ich rechts vom Fluss etwa hundert Meter den Berg hinauf. Dort oben ging ich wieder in die andere Richtung bis auf die Höhe der Hütte der Köche und schlich mich dann ganz vorsichtig zurück ins Tal. Überall dort gab es niedriges Gestrüpp, und ich spürte, wie die Dornen meine Füße zerkratzten.
    Schließlich erreichte ich das Gelände direkt hinter der Hütte der Köche. Es war ein seltsamer Ort, den außerhalb des Wachdiensts niemand betreten wollte, da es dort spukte. Als die Mudschahidin das Lager während des Kriegs gegen die Russen nutzten, hatten sie dort die Toiletten angelegt, da an dieser Stelle der Fluss besonders ruhig floss. Gerade als eines Tages einige von ihnen ihre Waschungen verrichteten, griffen plötzlich die Russen das Lager an. Sie kamen unvermutet hinter dem Berg hervor, von dem ich gerade heruntergestiegen war, und trafen auf diese Weise zuerst auf die Waschstelle und die Toiletten. Sie töteten dann alle, die sich gerade dort aufhielten.
    Aber es waren

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