Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
von uns waren über Pakistan hierher ins Lager gekommen und hatten dabei die Hilfe vieler Pakistaner erfahren. Außerdem hatte das pakistanische Militär die Kaschmirer ausgebildet.
In Afghanistan gab es zu dieser Zeit überhaupt keine Regierung: Burhanuddin Rabbani, der Präsident und Führer der Nordallianz, versuchte sich an der Macht zu halten, während rivalisierende Gruppierungen die Hauptstadt Kabul belagerten. Was Pakistan anging, so hüteten wir uns vor jeder Kritik an dessen Regierung. Wenn überhaupt, sprachen wir nur über Benazir Bhutto, die wir zutiefst verachteten. Wir nannten sie nie einfach „Bhutto“, sondern immer „Bhutto, diese Hure“. Wir hassten sie vor allem, weil sie ein Mensch des Westens war. Sie hatte in Amerika gelebt und dort ihre Ausbildung erhalten. Jetzt war sie eine Marionette der amerikanischen Regierung. Aber sicher beflügelte die Tatsache, dass sie eine Frau war, unsere Angriffe noch weiter.
Wir sprachen natürlich auch über Amerika, denn Amerika war der große Satan. Wir alle wussten das. Aber Amerika war eigentlich auch nicht das wirkliche Amerika, da es von Israel kontrolliert wurde. Auch dies war jedem klar. Alles, was Amerika tat, wie etwa die Unterstützung Israels, aber auch sein Verhalten dem Rest der Welt gegenüber, ergab erst dann einen Sinn. Wir wussten zum Beispiel, dass Amerika die Serben in Bosnien unterstützt hatte. Die Amerikaner wollten die muslimischen Bosnier jeder Macht berauben, deswegen ließen sie die Serben möglichst viele von ihnen umbringen und ihr Land umzingeln. Erst als dann die Bosnier völlig hilflos waren, kam ihnen Amerika zur Hilfe, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie alle arabischen Mudschahidin, ihre einzigen wahren Beschützer, aus dem Lande warfen oder verhafteten. Auch hier zogen ganz offensichtlich wieder die Juden die Fäden.
Ich wusste zwar, dass in Palästina der wichtigste Dschihad stattfand. Trotzdem wollte ich nicht dorthin gehen. Ich wollte kämpfen, und ich wusste, dass ich im Nahen Osten dazu nicht lange Gelegenheit haben würde. Ich würde mir nur über kurz oder lang eine Bombe um die Brust schnallen und mich selbst in die Luft jagen, und dann wäre alles schon vorüber.
Es ist allerdings nicht so, als ob mir die Zustände in Palästina nichts ausmachen würden. Das Gegenteil ist der Fall. Vor allem anderen, vor der sowjetischen Invasion in Afghanistan, vor den Serben in Bosnien, vor den Russen in Tschetschenien – gab es schon Israel. In einer meiner ersten Erinnerungen sehe ich noch meinen Vater, wie er sich mit mir im Jahre 1973 die Fernsehnachrichten anschaute und dabei erfuhr, dass die ägyptische Armee die israelischen Truppen überrannt habe und jetzt wieder die Kontrolle über den Suezkanal ausübe. Mein Vater war darüber so glücklich, dass er ein Kissen in die Luft warf.
Und dann war da noch der endlose Krieg im Libanon. Wie jeder andere auch war ich über die Belagerung Beiruts im Jahre 1982 entsetzt. Die Israelis waren einfach nur brutal. Sie griffen vom Boden, aus der Luft und von See aus die libanesische Hauptstadt an. Bei ihrem Versuch, die PLO aus dem Land zu treiben, töteten sie mehr als 10 000 Zivilisten.
Die Zerstörung Beiruts war den Israelis aber noch nicht genug. Und als die Amerikaner kamen und für einen Abzug der verbliebenen PLO-Leute sorgten, war ihnen auch das noch nicht genug. Einen Monat später riegelte Israel die Flüchtlingslager Sabra und Schatila in Westbeirut ab. Sie bewaffneten die Christen – die libanesischen Falangisten – und ließen sie in die Lager einrücken, mit dem Befehl, jeden zu töten, der ihnen über den Weg lief. Die Falangisten behaupteten, sie würden nach PLO-Kämpfern suchen, aber in Wirklichkeit wollten sie einfach nur Muslime umbringen. Und das taten sie dann auch – Frauen, Kinder, jedermann. Sie massakrierten sie mit Schusswaffen, Beilen und Messern.
Die Israelis warteten vor den Lagergrenzen und schossen Leuchtraketen in die Luft, damit die Falangisten ihr Massaker auch bei Dunkelheit fortsetzen konnten. Als dann alles vorüber war, schickten die Israelis Bulldozer in die Lager, mit denen Hunderte von Leichen, die auf den Straßen herumlagen, zusammengeschoben und zugeschüttet wurden.
Zuerst waren die PLO-Kämpfer für mich Helden, die für die Wiedergewinnung eines muslimischen Landes kämpften. Aber dann verriet Arafat den Islam 1991 in der Konferenz von Madrid und später durch die Oslo-Abkommen von 1993. Danach hatte die PLO
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