Mein Leben für dich
plötzlich tat, immer dann, wenn ich gerade mal locker gelassen und nicht daran gedacht habe, meinen Bauch anzuspannen. »Na, was haben wir denn da?«, hat er dann jedes Mal gefragt. Zwar mit einem Augenzwinkern, aber trotzdem fühlte ich mich mit einem Schlag fett und unattraktiv. Immerhin hatte er als Kapitän der Eishockeymannschaft täglich durchtrainierte Cheerleaderinnen um sich.
»Und was ist mit Leila?«, frage ich Janine unvermittelt. Leilas Bauch ist nämlich nicht nur perfekt, selbst wenn sie sitzt, sie hat es auch auf meinen Exfreund abgesehen. »Ihr Geheule auf meiner Abschiedsparty war doch nur Show, oder? In Wirklichkeit hat sie wahrscheinlich die Stunden gezählt, bis ich endlich abhaue und sie sich ungestört an Chris ranschmeißen kann!« Ich verschweige Janine, dass ich sogar den heimlichen Verdacht hege, die beiden hätten schon während unserer Beziehung etwas miteinander gehabt. Natürlich hat Chris es damals abgestritten, als ich ihn darauf ansprach, und war drei Tage lang beleidigt, sodass ich es schließlich war, die mit schlechtem Gewissen und Entschuldigungen zu ihm zurückgekrochen kam. Wie so oft. Weil meine Angst, ihn zu verlieren, zu groß war. Der Gedanke, sitzen gelassen zu werden, war mir unerträglich. Aber verhindern konnte ich es trotzdem nicht. Nur hinauszögern.
»Leila?« Janine schnaubt verächtlich. »Keine Ahnung. Die dumme Kuh fährt nächste Woche mit ihren Eltern auf Weltreise. Sie kommt erst im Juli zurück. Und soweit ich weiß, ist Chris im Moment mit seinem Team in Vancouver im Trainingslager. Sie haben also erst mal gar keine Chance, sich zu sehen, und danach werde ich sie scharf im Auge behalten und dir tagtäglich Bericht erstatten.« Sie seufzt. »Ach Mia, hättest du nicht wenigstens noch über die Ferien hierbleiben können? Es stinklangweilig ohne dich. Vera konnte ich zwar ein paarmal überreden, sich mit mir ins Heaven zu schleichen, aber von Feiern versteht sie überhaupt nichts. Nach einem Cocktail ist sie schon so sturzbetrunken, dass sie nicht mehr zu gebrauchen ist. Und Spiele wie ›Wie viele Typen bringen wir dazu, uns Getränke auszugeben?‹ lehnt sie aus moralischen Gründen strikt ab. So eine Schnarchnase, echt! Ich wette, sie ist noch immer Jungfrau!«
Ich kichere, obwohl mir Janines letzte Aussage einen Stich versetzt. Bis vor ein paar Wochen war ich auch noch Jungfrau und in manchen Momenten wünschte ich, ich wäre es immer noch.
»Was treibst du so in Hamburg? Läuft’s inzwischen besser mit deinem Vater?«
Ich richte mich seufzend auf und schnappe mir Sansibär, meinen Stoffteddy, den Janine von ihrem letzten Sylturlaub mitgebracht und mir zum Abschied geschenkt hat.
»Schwer zu sagen, wir verbringen ja kaum Zeit miteinander. Ständig fährt er auf irgendwelche Kongresse oder muss zu Einweihungsfeiern und Jubiläen seiner Hotels.«
»Aber ich dachte, er wollte ab jetzt mehr Zeit mit dir verbringen. Ich verstehe diese Aktion einfach nicht.«
»Frag mich mal! Meine Idee war es ganz bestimmt nicht, so kurz vor Schulabschluss nach Hamburg zu ziehen und hier das Abitur zu machen. Er behauptet, er könne sich bald besser um mich kümmern, weil er dann nicht mehr so viel herumreisen muss, aber ich glaube, das ist nur ein Vorwand.«
»Du meinst echt, die Behrens ist schuld, dass er dich vom Internat genommen hat?«
»Klar, immerhin hat sie ihn angerufen und ihm gesteckt, dass du und ich uns nachts öfter rausschleichen. Und als sie auch noch dahintergekommen ist, dass ich mit Chris zusammen bin, ist sie total ausgetickt. Anscheinend hat sie zu meinem Vater gesagt, Chris wäre nicht der richtige Umgang für mich.«
Ich kriege jetzt noch die Wut auf unsere altmodische Direktorin, auch wenn sie in Bezug auf Chris vielleicht sogar richtiglag. Aber hätte sie gleich so einen Aufstand machen müssen? Bloß, weil sich Janine und ich zwei-, dreimal auch nachts mit ein paar Jungs getroffen haben und die Behrens Chris nicht ausstehen konnte, hat die blöde Kuh meinen Vater informiert und prompt stand er Anfang Juni auch schon auf der Matte, noch zwei Wochen vor Ende des Schweizer Schuljahres. Ich hatte kaum Zeit, mich richtig von meinen Freunden zu verabschieden.
»Wenn wir wenigstens wieder nach München gezogen wären«, seufze ich. »Da kenne ich mich aus und habe ein paar schöne Erinnerungen. Aber Hamburg …«
»Eltern, echt!« Janine schnaubt verächtlich. »Gib’s auf, die verstehen zu wollen, Süße, da verbrätst du nur unnötig
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