Mein Leben für dich
eingeladen?« Mein Hirn scheint noch immer leicht benebelt zu sein.
»Ja, er wollte sich bei mir bedanken. Dafür, dass ich den Freund seiner Tochter gerettet habe. Der Typ ist echt in Ordnung, aber … ich schätze, alles andere soll dir lieber Mia erzählen. Sie wartet vor der Tür.«
»Was?«, presse ich hervor. Mein Herz macht einen Satz und hämmert dann mit voller Wucht gegen meine geprellte Brust. »Sie ist hier?«
»Klar, oder meinst du, sie hätte mich allein zu dir gehen lassen, als ich ihr erzählt hab, dass du heute zum ersten Mal Besuch kriegen darfst? Die Kleine hat einen ziemlichen Dickschädel, aber das weißt du sicher besser als ich.« Mein Bruder steht auf und streckt sich.
»Ben, was … wird denn jetzt mit dir?«
Er zuckt mit den Schultern. »Nächste Woche findet die Verhandlung statt. Ich wandere erst mal zurück in den Bau, aber Falkenstein hat mir einen ziemlich guten Anwalt besorgt. Ich kriege mildernde Umstände, das hat er mir versichert. Und danach … mal sehen. Ich hab ja zum Glück ein bisschen Zeit, um mir zu überlegen, wie es weitergeht. Aber dein letzter Job, diese Personenschutzssache, die hört sich gar nicht schlecht an. Vielleicht wäre das auch was für mich.« Er hebt die Hand zum Gruß.
»He …«
Ben dreht sich noch einmal zu mir um und zieht fragend die Brauen hoch.
»Danke, großer Bruder«, murmle ich und fühle plötzlich, wie sich eine immense Erleichterung in mir breitmacht. Weil ich weiterhin stolz auf meinen Bruder sein und zu ihm aufblicken kann. Er stand auf der richtigen Seite. Ich habe mich nicht in ihm getäuscht. »Ich finde die Idee mit dem Job gut«, füge ich hinzu. »Du warst ein super Bodyguard. Hast mich eins a aus der Scheiße gehauen.«
Ben nickt mir mit einem Lächeln zu, dann drückt er die Türklinke herunter. Draußen höre ich leises Murmeln, dann lugen ein brauner Lockenkopf und eine kleine Stupsnase ins Zimmer. Mias braune Rehaugen blinzeln ein paarmal erschrocken, als sie mich erblicken.
»Keine Sorge, kleiner Kobold«, sage ich. »Dein Bodyguard ist bald wieder fit für die nächste Shoppingtour. Und ich schätze, eine von diesen Schlammmasken könnte mir im Moment auch nicht schaden.«
Jetzt schlüpft Mia ganz ins Zimmer. Erst lächelt sie etwas verlegen, dann immer mehr und schließlich kommt sie strahlend auf mich zu. Und obwohl mir alles wehtut, als sie sich auf mein Bett setzt und mich umarmt, bin ich so glücklich wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Epilog
Sechs Wochen später
»Herr Winter, ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft und viel Glück bei Ihrer Ausbildung im Sicherheitsdienst.« Dr. Benedikt schüttelte dem jungen Mann die Hand.
»Ihnen auch alles Gute, Doc. Und noch mal danke, dass Sie mich wieder auf Vordermann gebracht haben.«
Der Arzt nickte lächelnd, dann verließ er das Zimmer.
Simon warf einen letzten Blick aus seinem Fenster der Rehaklinik, in der er die letzten fünf Wochen verbracht hatte, und musste grinsen. Unten standen sie bereits alle und warteten auf ihn: Mia und ihr Vater, Renate, die Herrn Falkensteins Hand hielt, ein Mädchen mit blondem Pferdeschwanz – das musste Janine sein, Mias Freundin aus der Schweiz. Eine verrücke Nudel, er hatte sie kürzlich am Telefon gehabt und tausend Fragen über sich ergehen lassen müssen. Und … Ben. Er sah gut aus, der Knastaufenthalt schien spurlos an ihm vorüberzugehen. Aber das war kein Wunder, er hatte sich in eine der Küchenhilfen verknallt und durfte außerdem alle drei Wochen für ein paar Stunden das Gefängnisgelände verlassen. Simon freute sich auf den Tag, an dem er endgültig rauskam und ebenfalls mit seiner Ausbildung beginnen konnte. In drei bis vier Jahren, so hatten sie es zumindest geplant, würden sie sich zusammen selbstständig machen. Als Team, so wie er es sich immer gewünscht hatte.
Simon schnappte sich seine Tasche. Es wurde höchste Zeit, dass er endlich hier rausmarschierte. Vor allem, weil er nach all dem Chaos, das sie hinter sich hatten, endlich ungestört mit seiner Freundin sein wollte. Nachdem sie die vergangenen Wochen genutzt hatten, um viel zu reden, während sein Körper zu nichts anderem zu gebrauchen gewesen war, konnte er es kaum erwarten, endlich einmal wieder etwas mit ihr anzustellen, wofür man keine Worte benötigte. Aber die nächsten Stunden würden sie noch nicht dazu kommen, so viel stand fest. Sie würden feiern. Seine Entlassung und Mias achtzehnten Geburtstag. Falkenstein hatte
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