Mein Leben für dich
Verstehst du das nicht?«
Ich verdrehe die Augen.
»Ich denke da insbesondere an die Presse, die sich gerne auf Mädchen aus bekannten Familien stürzt und sie so lange löchert, bis sie etwas bekommt, womit sie ihre Klatschspalten füllen kann. Du bist als Neuling in Hamburg das gefundene Fressen für sie. Sieh dir das an!« Mein Vater schlägt die Zeitschrift auf und hält sie mir vor die Nase.
Mich trifft fast der Schlag. Ein Foto von mir und einem sich die restlichen Haare raufenden Zwerg bei Starbucks prangt auf einer der ersten Seiten. Die Bildunterschrift lautet: Wer hat hier wen im Griff? Miriam, die hübsche Tochter des Hoteliers Robert Falkenstein, zeigte deutlich, dass man sich sein Geld an ihrer Seite hart verdienen muss. Gestern tanzte sie ihrem armen Bodyguard ganz schön auf der Nase herum. Sind das etwa Schweißperlen auf seiner Stirn?
»Also, ich … äh, finde das eigentlich ziemlich lustig«, presse ich hervor, obwohl mir der Anblick des schwitzenden Zwergs und meines triumphierenden Grinsens nun doch etwas peinlich ist. Außerdem … Irgendwie erschreckend, dass ich den Fotograf gar nicht bemerkt habe. Ob er eine Kamera in seinem Kugelschreiber oder Feuerzeug hatte, so wie Gregory Peck in Ein Herz und eine Krone ?
»Lustig? Mia, so etwas kann auch schnell zu einem waschechten Skandal werden. Wenn jemand eine Story sucht, wird er sie finden, und da ist jeder noch so kleine Anhaltspunkt Gold wert.«
»Oh Mann, jetzt übertreibst du aber«, fahre ich meinen Vater genervt an. »In Wirklichkeit machst dir doch nur Sorgen um dich selbst!«
Er macht ein verdattertes Gesicht und sieht plötzlich aus wie ein kleiner hilfloser Junge, der seine Rechenaufgaben nicht checkt. Man kann förmlich sehen, wie es in ihm rattert. »Nein, also … Ich, äh, meinte nur, es ist schwierig, sich in deinem Alter aus einer heiklen Situation herauszuwinden und sich nicht von extra geschulten Boulevardjournalisten in die Ecke drängen zu lassen.«
»Tja, und ich behaupte, es geht dir einzig und allein um deinen Ruf«, kontere ich. »Weißt du was, Robert?« Mein Vater zuckt zusammen und verzieht das Gesicht, als habe er Zahnschmerzen. Ich weiß, er hasst es, wenn ich ihn beim Vornamen nenne, anstatt »Papa« zu sagen, und ich genieße es, endlich die Oberhand zu haben. »Spar dir das Geld für einen Bodyguard. Ich bin in der Schweiz allein zurechtgekommen, dann kann ich es hier genauso. Und noch etwas: So unerfahren, wie du denkst, bin ich nicht.«
Mit starrem Gesicht sieht mich mein Vater an. Es hat ihm glatt die Sprache verschlagen, was eher selten vorkommt. Wir blicken uns in die Augen. Er und ich. Es ist wie ein stummer Kampf. Schließlich senkt er die Lider, zieht irgendetwas aus seiner Tasche und hält es mir hin.
»Was ist das?«
»Karten für Viel Lärm um nichts «, murmelt er. »Wenn du Lust hast, kannst du morgen die Matinée besuchen. Es sind Logenplätze. Ich weiß, wie gern du ins Theater gehst. Und auch, dass du Shakespeare liebst. Genau wie … deine Mutter.«
Hitze steigt mir in die Wangen. Zögernd nehme ich ihm die beiden Karten aus der Hand und kurz berühren sich unsere Finger. »Gehst du … Ich meine, kommst du auch mit?«, frage ich und spüre, wie mein Herz klopft.
Er blickt mich einen Moment lang an, mit einem Ausdruck, der mich aus irgendeinem Grund verunsichert, dann zuckt er mit den Schultern. »Das kann ich leider noch nicht versprechen, ich habe viel zu tun.« Damit dreht er sich um und verschwindet aus der Tür.
Ich lasse mich zurück auf mein Bett fallen. Kurz überlege ich, Janine noch einmal zurückzurufen, aber plötzlich habe ich keine Lust mehr. Da ist auf einmal so ein dicker, fetter Kloß in meinem Hals. Und das Komische ist: Ich weiß nicht einmal, warum.
Simon
»Menno, mach doch endlich dieses blöde Ding aus!« Lissis Stimme klingt krächzig und ihre blonden Rastazöpfe kitzeln auf meiner nackten Brust.
Ich taste nach meinem Handy und schalte den Weckalarm aus, den ich gestern anscheinend – weshalb auch immer – aktiviert habe. Völlig fertig lasse ich mich zurück in die Kissen fallen. Plötzlich durchfährt es mich siedend heiß. »Ach du Scheiße, das Vorstellungsgespräch!« Ich fahre so schnell hoch, dass ein ekelhafter Schwindel durch meinen Kopf braust.
»Das was ?« Lissi schmiegt sich an mich und schlingt ein Bein um meine Hüften. Sie riecht nach Zigarettenqualm und Bier. »Von mir kriegst du jederzeit einen Job, das weißt du doch, Süßer.«
»Jetzt
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