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Mein Leben für dich

Mein Leben für dich

Titel: Mein Leben für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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Bekannten meinen, ich würde Audrey Hepburn ähneln, wenn man mal von meiner Lockenmähne absieht, und ich gestehe, auf diesen Vergleich bin ich stolz. Ich bin ein großer Fan von alten Filmen, aber vor allem von Frühstück bei Tiffany und Ein Herz und eine Krone , in denen sie die Hauptrollen spielt . Ich habe beide Streifen bestimmt schon an die hundert Mal gesehen.
    Ich blicke auf die Uhr. Oh Gott, schon halb zehn. Höchste Zeit, sich für die Matinée fertig zu machen. Mein Vater kann natürlich nicht mitkommen, er hat eine Besprechung. Klar, was auch sonst? Ich weiß nicht, aber ein bisschen hatte ich sogar gehofft, er würde mich heute ins Theater begleiten. Ich konnte letzte Nacht total schlecht einschlafen, und das lag nur daran, dass ich ihn immer wieder vor mir gesehen habe, wie er mich gestern mit diesem seltsamen, enttäuschten Blick angesehen hat. Keine Ahnung, warum mich das plötzlich derart aufgewühlt hat. Auf jeden Fall hatte ich mir vorgenommen, heute etwas netter zu ihm zu sein, sozusagen die weiße Fahne zu schwenken. Aber dazu habe ich jetzt ja leider keine Gelegenheit mehr. Da ist der Beweis: In Wirklichkeit bin nicht ich das Problem, sondern er. Jahrelang habe ich kaum mitbekommen, dass ich überhaupt noch einen Vater habe, und plötzlich reißt er mich aus meinem gewohnten Umfeld, holt mich zu sich und will, dass alles perfekt zwischen uns läuft. Aber nie fragt er, wie ich mir unser Zusammenleben vorstelle, wie es mir in Hamburg gefällt und ob ich meine alten Freunde vermisse. Er glaubt anscheinend, jeder ist wie er und kann mal hier, mal dort leben, Hauptsache, man hat ein Dach über dem Kopf. Er allein ist es, der den Ton angibt und nach dessen Regeln gespielt werden muss. Regeln, die es bisher nicht in meinem Leben gab, aber plötzlich sollen sie das Maß aller Dinge sein. Ich meine, so kann das doch nicht zwischen uns funktionieren, oder? Immerhin bin ich fast erwachsen und kann meine eigenen Entscheidungen treffen. Und wenn ich einen Fehler mache, so ist das allein mein Problem.
    Energisch puste ich die Kerzen aus und marschiere ins Bad.

Simon
    Mist, schon nach halb zehn. Die Vorstellungsrunde läuft seit zehn Minuten. Ich kann nur hoffen, dass sie in alphabetischer Reihenfolge vorgehen, da dürfte Winter ziemlich weit hinten kommen.
    Obwohl ich spät dran bin, kann ich nicht anders, als kurz in der Mitte der großen Treppe stehen zu bleiben, um an dem gigantischen Hotel emporzublicken. Es einfach nur als Hotel zu bezeichnen, ist eigentlich eine Beleidigung für dieses Gebäude, denn das Falkenstein ist vielmehr ein Palast. Ich schätze, um hier eine Nacht zu verbringen, muss man so viel Kohle hinblättern, wie ich in meinen besten Zeiten als Türsteher noch nicht einmal in einem ganzen Monat verdient habe.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?« Ein Portier mit langem grau-rotem Frack, so einer komischen Kappe und weißen Handschuhen beäugt mich von der obersten Stufe. Alter, wenn die ihre Mitarbeiter zwingen, so ein albernes Kostüm anzuziehen, dann mache ich am besten gleich wieder die Biege. Verkleiden war mir von jeher ein Graus. Dass ich heute diesen Anzug tragen muss, ist schon absolute Schmerzgrenze.
    Seltsamerweise ploppt ausgerechnet jetzt, wo ich diesen Clown vor mir sehe, eine schreckliche Erinnerung aus meiner Kindheit in mir auf. Ich war vielleicht vier oder fünf und im Kindergarten gab es eine Faschingsparty. Okay, ich wäre vielleicht damit einverstanden gewesen, als irgendjemand Cooles zu gehen – als James Bond oder Spiderman oder so. Aber was macht meine Mutter? Sie malt mich blau an, quetscht mich in einen engen gleichfarbigen Anzug mit Stummelschwänzchen und setzt mir eine weiße, mit Watte ausgestopfte Mütze auf. Da stand ich nun als Schlumpf und heulte wie am Spieß. Ich schätze, dieses Erlebnis hat mich stärker geprägt, als mir klar war.
    »Äh, ja also …« Ich versuche, meine Vergangenheit als trauriger Schlumpf wieder zu verdrängen und mich auf die Frage des Portiers zu konzentrieren. »Ich wollte zum –«
    »Herrgott noch mal, Renate, Sie werden doch wohl irgendjemanden auftreiben können, der auf diesem Gebiet fit ist. Wenigstens für ein paar Tage, bis ich Zeit habe, mich selbst darum zu kümmern. Sie wissen doch, wie wichtig mir diese Angelegenheit ist. Erst gestern habe ich wieder … Post bekommen.«
    Ein mittelgroßer, leicht dicklicher Typ mit Anzug und Halbglatze stürzt aus dem Gebäude, gefolgt von einer Dame mit grauem Kostüm und

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