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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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nie gelernt.
    Mir war selbst nicht klar, wieso ich mich so gegen die Fahrt nach Sylt sperrte. Vielleicht wollte ich einfach unentbehrlich sein. Es wäre mir lieber gewesen, wenn Toni gebettelt hätte, dass ich nicht fahre, weil es ohne mich zu Hause nun mal nicht laufen würde. Natürlich erwartete ich nach fünfzehn Jahren Ehe nicht, dass er in Tränen ausbrach und mir erklärte, es breche ihm das Herz, wenn er in der Nacht meinen Herzschlag nicht an seinem spüre, dass es ihn vor Sehnsucht zerreiße, wenn er nur daran denke, dass ich mehr als vierhundert Kilometer von ihm entfernt wäre. Aber so ein bisschen angedeuteter Trennungsschmerz wäre auch ganz schön gewesen. Stattdessen drängte er mich förmlich aus dem Haus.
    Gut, dann also ab an die Nordsee. Ich würde mein «Wäschegeld» nehmen und ein paar Tage so richtig auf die Pauke hauen. Ich würde die Nächte durchmachen und bis mittags schlafen, mich von den besten Köchen verwöhnen lassen statt Pfannkuchen zu braten und Nudeln zu garen. Und statt Lucinda-Dessous zu verkaufen würde ich sie nur tragen.

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    4. Kapitel
    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: Re: Re: Einladung, und wehe, du kommst nicht
    Gesendet: 29 . November, 01 : 09  Uhr
     
    Juhuuuuuu – Ilse, dass du kommst, ist das schönste Geschenk! Wir machen uns eine tolle Zeit mit Quatschen und Essen. Schreib mir, wenn ich irgendetwas Besonderes für dich besorgen soll. Das wird super. Ich freue mich wie verrückt auf dich und habe schon Champagner kalt gestellt und leckere Sachen eingekauft. Ich hole dich natürlich vom Bahnhof ab, mail mir deine Ankunftszeit, sobald du dein Ticket gebucht hast!!!! Und pack ein paar scharfe Klamotten ein und nicht diese praktischen Ich-habe-Kinder-Sachen, in denen du sonst den ganzen Tag herumläufst. Ich will hier richtig angeben mit meiner schönen Freundin aus dem Osten.
    Allerliebste Grüße
    EB
    Das war ja fast wieder ein Grund, beleidigt zu sein: Das letzte Mal hatten Elissa und ich uns bei ihrem Besuch in Falkensee gesehen, kurz nachdem Toni und ich das Haus renoviert hatten. Ich trug gerne Jeans und eine Sweatjacke, wenn es tagsüber nichts weiter zu erledigen gab, als einzukaufen und die Kinder zum Sport und zu Schulfreunden zu shutteln. Pumps und das hiesige Kopfsteinpflaster waren einfach keine gute Kombination. Und im Minikleid zum Supermarkt zu fahren kam mir doch etwas overdressed vor. Daher holte ich die feine Garderobe nur aus dem Schrank, wenn Toni und ich abends eingeladen waren oder es einen anderen besonderen Anlass gab. Selbstverständlich würde ich für die Tage bei Elissa meine schönsten Sachen hervorkramen, aber für die Fahrt mussten Jeans und Turnschuhe ausreichen. Ich musste am Berliner Hauptbahnhof und in Hamburg-Altona umsteigen, da hatte ich keine Lust auf einen Spurt auf hohen Absätzen.
    Nachdem ich endlich dem Drängen von Elissa und Toni nachgegeben, meine letzten Zweifel hinsichtlich der Kinderbetreuung über Bord geworfen, Toni mir eine Zweitkarte seiner Kreditkarte zugesteckt und Oma Etti sofort begeistert einen Flug gebucht hatte, weil ihr Mann tatsächlich genau an diesem Wochenende verreisen wollte, schlich sich bei mir ein Hauch von Vorfreude ein.
    Vier Nächte würde ich bei Elissa bleiben, mit ihr und ihren Freunden den Geburtstag feiern, tolle neue Restaurants kennenlernen, mir die Insel ansehen, ins Kino gehen, durch die Geschäfte bummeln, nach Weihnachtsgeschenken Ausschau halten und planlos in den Tag leben. Ich musste mich weder darum kümmern, dass die Schulbrote mit den Kindern zusammen das Haus verließen, noch irgendwen zum Reiten oder Fußballtraining fahren. Toni checkte seinen privaten Terminkalender ein paar Tage lang allein, und um alles andere würden sich Oma Etti und Alma kümmern.
    Der einzige kleine Wermutstropfen war die Reaktion von Tom gewesen. Mein Sohn hatte geschluchzt und gejammert, er würde es niemals so lange ohne die liebste Mami auf der Welt aushalten. Er behauptete, er könnte keine Minute schlafen und würde nur traurig sein und sehr viel weinen. Weder die Aussicht auf den Besuch der Omi noch das Versprechen meinerseits, ein tolles Geschenk mitzubringen, konnten die dicken Tränen trocknen. Toni hatte daraufhin mich getröstet und zu Recht darauf hingewiesen, dass die kleine Heulboje schon fast zehn Jahre alt war und durchaus nicht in eine Drogenkarriere abrutschen oder sich vor einen Zug werfen würde, wenn ich aus dem Haus sei. Er riet mir

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