Mein Leben ohne Limits
geschenkt hatte, hielt mich für stark! Joni erzählte, dass sie mit der körperlichen Behinderung am Anfang ziemlich zu kämpfen hatte. Sie wollte sich mit dem Rollstuhl von einer hohen Brücke herunterstürzen, aber hatte Angst, Gehirnschäden davonzutragen und ihr Leben damit noch miserabler zu machen. Schließlich betete sie: Herr, wenn ich schon nicht sterben kann, dann zeig mir wenigstens, wie ich leben kann.
Kurz nach ihrem Unfall überreichte ihr eine Freundin einen Bibelvers: „Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.“ Joni hatte damals mit Religion nicht viel am Hut. Sie war enttäuscht und wütend über ihre Querschnittslähmung und hatte für solcherlei Hilfe nichts übrig.
„Das kann nicht dein Ernst sein“, sagte Joni zu ihrer Freundin. „Dankbar sein für das hier? Niemals.“
Ihre Freundin versuchte zu erklären, dass sie nicht für die Lähmung dankbar sein müsse, sondern für das Gute, das noch auf sie wartete.
Aber Joni fiel es schwer, sich darauf einzulassen. Damals fühlte sie sich als Opfer und definierte sich darüber. Sie war das „Opfer eines schrecklichen Tauchunfalls“. Am Anfang machte sie alles und jeden für die Querschnittslähmung verantwortlich, nur nicht sich selbst. Alle sollten dafür bezahlen. Sie ging vor Gericht. Sie stellte Forderungen. Joni beschuldigte sogar ihre Eltern, weil sie wegen ihnen auf einer Welt war, auf der solche Unfälle passierten. Die Welt schuldete ihr etwas, weil sie ihre Arme und Beine nicht mehr gebrauchen konnte.
Irgendwann merkte Joni, dass die Opferrolle ein leichtes Versteck ist. Jeder kann sagen, dass dieser oder jener Umstand schuld an der Misere ist. Manche Menschen fühlen sich als Opfer, weil sie in ärmliche Verhältnisse hineingeboren wurden. Andere machen die Scheidung ihrer Eltern verantwortlich. Oder ihre schlechte Gesundheit. Den nervigen Job. Ihr Aussehen.
Wer das Gefühl hat, das Gute im Leben stünde ihm zu, fühlt sich gleich betrogen, wenn etwas dazwischenkommt. Schuld sind immer die anderen und sie müssen auch dafür bezahlen. Wenn man sich also immer um sich selbst dreht, kann man zu einem richtigen professionellen Opfer werden. Dabei sind Mitleidspartys die langweiligsten, unproduktivsten und undankbarsten Veranstaltungen, die es gibt. „Ich bin ja soo schlecht dran“ kann man irgendwann nicht mehr hören und will nur noch weg von all der Lamentiererei.
Wie Joni sollten auch wir die Opferrolle lieber lassen, weil sie einfach keine Zukunft hat. Joni sagt, Leid bringt dich an eine Kreuzung. Du musst dich für einen Weg entscheiden: den Weg bergab in die Verzweiflung oder den Weg bergauf in die Dankbarkeit. Es mag am Anfang schwer sein, aber wenn die Entscheidung gegen die Opferrolle einmal gefallen ist und du es einen Tag nach dem anderen angehst, wird die neue Lebensstärke kommen. An manchen Tagen gibt es natürlich nichts, wofür man dankbar sein kann. Aber dann sollte man sich darauf konzentrieren, dass es wieder besser werden wird, und schon einmal im Vorhinein froh sein. So kommt nach und nach eine konstruktive Haltung zustande, die den Blick von der Vergangenheit auf die Zukunft lenkt.
Joni erzählte mir, dass sie irgendwann in der Bibel einen Wegweiser für ihren guten Weg und weg von der Selbstzerstörung gefunden habe. Sie lässt sich für jeden Tag von Gott die Kraft zum Leben schenken und hat so ihr Schicksal überwunden.
Immer das Opfer zu sein, zog Joni noch mehr herunter als die Querschnittslähmung an sich. Dankbar für das zu sein, was sie alles kann und hat, half ihr hoch. Diese Lebenseinstellung kann dein Leben genauso revolutionieren wie Jonis und meins. Anstatt wegen unserer allgegenwärtigen Einschränkung verbittert zu werden, führen wir ein erfülltes Leben und sparen nicht an der Freude.
Weil Joni in ihrem Leben die Kurve bekommen hat, kann sie sich anderen Menschen widmen und sie bereichern. Ich bin einer davon. Ihre Bücher und DVDs haben unzählige Menschen berührt. Eins der Programme von Joni and Friends heißt „Wheels for the World“. Darüber sind schon mehr als sechzigtausend Rollstühle in einhundertzwei Ländern der Erde verteilt worden, ganz zu schweigen von Tausenden von Krücken, Gehstöcken und Gehhilfen.
Joni leidet an Tetraplegie. Mir fehlen Arme und Beine. Und trotzdem haben wir beide eine Aufgabe gefunden und erfüllen sie mit Begeisterung. Wir hätten uns auch für Verzweiflung und Verbitterung entscheiden können. Aber
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