Mein Leben ohne Limits
„Garbage City“. Jeden Tag sortieren sie Berge von Abfall aus der Achtzehn-Millionen-Stadt in der Hoffnung, etwas Brauchbares zu finden, was sich verkaufen, recyceln oder sonst irgendwie verwenden lässt.
Auf Straßen mit stinkenden Müllbergen und Schweineställen würde man normalerweise Menschen voller Verzweiflung erwarten. Als ich 2009 dort zu Besuch war, erlebte ich genau das Gegenteil. Die Menschen haben es überhaupt nicht leicht, aber ich habe trotzdem freundliche, anscheinend zufriedene und gläubige Einwohner kennengelernt! Ägypten ist zu neunzig Prozent ein muslimisches Land. „Garbage City“ ist das einzige überwiegend christliche Viertel. Fast achtundneunzig Prozent der Einwohner sind koptische Christen.
Einige der ärmsten Elendsviertel der Welt habe ich gesehen. „Garbage City“ war zwar von den Umweltbedingungen her das schlimmste, von der menschlichen Atmosphäre her aber das wärmste. Fast einhundertfünfzig Menschen drängten sich in ein winziges Betonhaus, das als Kirche dient. Schon als ich meinen Vortrag begann, verblüffte mich die Freude und Zufriedenheit, die das Publikum ausstrahlte. Sie funkelten mich geradezu an! Selten hat mich eine Zuhörerschaft so beschenkt. Während ich erzählte, wie sich mein Leben verändert hat, dankte ich Gott im Stillen, dass er diese Leute trotz ihrer grauenvollen Lebensumstände trägt.
Später fragte ich die Kirchenvorsteher, wie die Menschen in diesem Viertel das Leben ertragen. Sie erzählten mir, dass die Bewohner ihr Vertrauen in Gott setzen, an kleine Wunder glauben und dafür dankbar sind, dass sie ihn und „die Ewigkeit“ haben. Bevor wir die Müllstadt verließen, verteilten wir Reis, Tee und kleine Geldgeschenke, mit denen sich einige Familien Nahrung für ein paar Wochen leisten konnten. An die Kinder verschenkten wir Sportsachen wie Fußbälle und Springseile. Sofort wollten sie, dass wir mit ihnen spielen. Wir griffen einen Ball und tollten herum. Umgeben vom Elend hatten wir unseren Spaß. Ich werde diese Kinder und ihr Lachen nie vergessen. Sie haben mir gezeigt, dass man glücklich sein kann, egal, wie die Umstände sind.
Wie können Kinder in solcher Armut lachen? Wie können Häftlinge fröhlich singen? Wer so etwas schafft, hat zunächst verstanden, dass wir manche Dinge einfach nicht ändern und auch nicht verstehen können. Und hat sich dann entschieden, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die man verstehen und ändern kann . Genau das haben auch meine Eltern getan.
MEINE FAMILIE
Meine Eltern wurden beide im heutigen Serbien in strenggläubige Familien hineingeboren. Unabhängig voneinander emigrierten ihre Familien nach Australien. Der Grund dafür war das kommunistische Regime, das Christen unterdrückte. Meine Großeltern waren apostolische Christen und verweigerten aus Gewissens- und Glaubensgründen den Dienst in der Armee. Die kommunistische Regierung reagierte mit Diskriminierung und Verfolgung. Gottesdienste mussten geheim abgehalten werden. Meine Großeltern mussten mit finanziellen Einbußen zurechtkommen, weil sie sich weigerten, in die kommunistische Partei einzutreten, die jeden Lebensbereich kontrollierte. In jungen Jahren musste mein Vater deswegen nicht selten hungrig schlafen gehen.
Viele Tausend serbische Christen emigrierten nach dem Zweiten Weltkrieg nach Australien, den Vereinigten Staaten und Kanada. So auch meine beiden Großelternpaare, die sich für Australien entschieden. Sie wollten gemeinsam mit ihren Kindern in einem freien Land ihren Glauben ausleben dürfen. Andere Teile unserer Familie wanderten in die Vereinigten Staaten und nach Kanada aus, sodass ich auch dort viele Verwandte habe.
In einer Kirche in Melbourne lernten sich meine Eltern kennen. Meine Mom, Dushka, war gerade im zweiten Ausbildungsjahr zur Krankenschwester am Royal Children’s Hospital in Victoria. Boris, mein Dad, arbeitete im Büro und in der Buchhaltung. Später wurde er auch Laienprediger. Als ich etwa sieben Jahre alt war, begannen meine Eltern über einen Umzug in die Vereinigten Staaten nachzudenken. Sie hofften, dort leichter an die neuesten Prothesen und die beste medizinische Versorgung für mich heranzukommen.
Batta Vujicic, mein Onkel, hatte eine Bau- und Objektmanagementfirma nur etwa fünfzig Kilometer außerhalb von Los Angeles in Agoura Hills. Er hatte meinem Vater stets gesagt, dass er ihn sofort einstellen würde, wenn wir ein Arbeitsvisum auftreiben könnten. Auch die Aussicht auf eine große
Weitere Kostenlose Bücher