Mein letzter Tampon
heilige Elisabeth. Später waren es Marianne Faithfull oder Mary Quandt und noch später vielleicht deine Chefin oder Barbara Becker oder Mutter Teresa. Kurzum, du brauchtest nur ein Magazin aufzuschlagen, und schon leuchteten dir die Vorbilder entgegen. Und heute? Du kannst so viele Magazine aufschlagen, wie du willst, es leuchtet dir niemand entgegen, der dir als Vorbild dienen könnte. Die Damen unseres Alters darin sehen nicht so aus, als ob sie ein Leben führen würden, das zu uns passt. Das liegt zum einen an der bereits erwähnten „Werte-Brille“, aber auch daran, dass du zwar genau weißt, was du nicht willst, aber noch nicht so ganz, was genau du willst.
Es ist so, als ob du ein Kleid trägst, das dir eine Nummer zu klein ist. Du schaust in den Spiegel und stellst fest, dass es Falten wirft und aussieht wie eine Wurstpelle. Du siehst, dass es dir nicht steht, du fühlst dich unglücklich und unwohl. Also beschließt du, ein neues Kleid zu kaufen. Aber in dem Moment, in dem du vor dem Spiegel stehst, hast du noch keine genaue Vorstellung davon, was für ein Kleid du kaufen könntest. Du weißt einfach nicht, was dir eine Nummer größer steht. Und du wirst es nicht herausfinden, wenn du nicht losgehst und es ausprobierst. Vielleicht ist das nicht so einfach, ein Kleid zu finden, das genau zu dir passt, aber wer suchet, der findet. Und das ist genau die Situation, in der du dich im Moment befindest.
Also, Schwester der Sonne, auf ins Kaufhaus des Lebens. Ein wunderbares Kleid wartet irgendwo darauf, deines zu werden.
In jeder Frau steckt eine Hexe
Viele Frauen in unserem Alter ziehen sich in sich selbst zurück. Wo auch sonst sollten sie sich finden können? So manche von uns, die früher selbst zum Supermarkt um die Ecke mit dem Auto gefahren ist, macht jetzt lange, einsame Spaziergänge. Es treibt sie hinaus, bei Wind und Regen, bei Sonne und Wolken, zu den Vögeln und Käfern, zu den Bienen und den Blumen. Als ob diese unser wundes Herz heilen könnten. Das tun sie auch, glaub mir. Denn sie bringen uns zurück zu unserer Natur, wir lernen, mit der Natur im Einklang zu leben, sie in ihrer Vollkommenheit schätzen und lieben zu lernen.
Das hat nichts mit den radikalen Umweltschützergedanken unserer früheren Jahre zu tun, sondern gleicht mehr einer neuen, heimlichen Liebe, die unser Herz bis ins hohe Alter erfreuen wird.
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dir, wie alle alten Hexen, einen Gefährten zu suchen, der dich auf diesen Wegen begleitet und deine düsteren Gedanken mit seinem Temperament, seiner Anhänglichkeit und seiner Verspieltheit hinweg reißt?
Oder hast du an einen schnurrenden Gefährten für deine schlaflosen Nächte gedacht, einen, der mit dir vom Bett zum Sessel und vom Sofa zieht und dich schnurrend daran erinnert, dass du aufrichtig geliebt wirst?
Wenn du noch keine Katze oder keinen Hund hast, dann ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, ob du deine nächsten Jahre nicht mit einem dieser wundervollen Tiere verbringen möchtest. In all den Jahren, in denen ich selbst das Licht am Ende des Tunnels gesucht habe, hatte ich immer meine zwei Katzen, die mich daran erinnert haben, dass man das Leben auch bewältigen kann, wenn man es nicht ganz so schwer nimmt. Wie oft haben wir gemeinsam im Licht des Mondes gesessen, die eine Katze auf der Armlehne, die andere zu meinen Füßen. Und wenn es ganz schlimm war, dann hat eine der beiden ihr Pfötchen auf mich gelegt, was Katzen immer dann zu tun pflegen, wenn sie sich Sorgen um einen Menschen machen (was für die Intelligenz dieser Biester spricht, denn damit schauen sie einfach nach, ob du erhöhte Temperatur hast und somit Anlass gibst, sich Sorgen zu machen). Ich habe es genossen, das weiche warme Fell auf meinen nackten Beinen zu spüren, ihr Schnurren hat mich beruhigt und auch wieder schläfrig gemacht und die Tatsache, dass es sie überhaupt gab, hat mir Kraft gegeben, mich am nächsten Morgen aufzuraffen, um das nötige Kitekat verdienen zu gehen.
Meine zwei Katzen sind mit mir alt geworden, sie haben graue Schnurrbarthaare bekommen und bewegen sich ein wenig langsamer als früher. Ihre Cholesterinwerte sind den meinen nicht ganz unähnlich, sie sind wetterfühlig und ihre Arthritis scheinen sie mit Stretching zu kurieren, aber wenn die Sonne scheint, dann flitzen sie herum, wie junge Kätzchen, raufen miteinander und versuchen, Vögel und Mäuse zu fangen, was ihnen allerdings noch nie gelungen ist.
Sie sind
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