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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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vermutlich noch aus den Siebzigerjahren stammte. Noch immer sagte Frau Schreyer kein Wort und bot mir auch keinen Platz an. Ich setzte mich einfach.

    Klara Schreyer sah durch mich hindurch. Ihr Mann war offenbar nicht da, denn im Haus war es still. Mein Blick fiel auf einen kleinen Korb, der an der Tischkante stand und in dem sich Pappschachteln stapelten. Lexotanil las ich. Antonias Mutter schluckte also starke Beruhigungsmittel. Deshalb wirkte sie so apathisch.

    Ich räusperte mich. »Frau Schreyer«, sagte ich leise. »Das mit Antonia tut mir sehr leid.«

    Der Hund legte seine Schnauze auf die Oberschenkel seines Frauchens und blinzelte treuherzig.

    Klara Schreyer streichelte ihm über den Kopf. »Er hat gebellt, als es geschah«, sagte sie in die Stille hinein. Ihre Stimme klang abgehackt, monoton, ja geradezu roboterhaft. »Um 7.45 Uhr hat der Hund plötzlich angeschlagen, bellte wie wild und war nicht zu beruhigen.«

    Tobias hatte Antonia um diese Zeit in seinen schwarzen BMW gezerrt und sie betäubt. Dann war er mit ihr in einen zwanzig Kilometer entfernten Wald gefahren …

    Frau Schreyer stierte geradeaus, noch immer sah sie mir nicht ins Gesicht, fixierte einen unsichtbaren Punkt. »Ich dachte mir nichts dabei, habe ihm einen Klaps auf die Hinterläufe gegeben, damit er ruhig ist. Später tat es mir leid.«

    Mir war elend zumute. Ich musste dies hier schnell hinter mich bringen. Ich räusperte mich. »Liebe Frau Schreyer«, stammelte ich. »Ich hatte keine Ahnung, dass mein Mann Antonia … Ich meine, ich wusste nicht, dass er …«

    Plötzlich erwachte Frau Schreyer aus ihrer Trance, wirkte wie elektrisiert. »Ihr Mann?!«, rief sie aus.

    Ich nickte. »Ich bin die Frau von Tobias Rabe«, sagte ich im Flüsterton. »Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen. Ich dachte, dass Sie vielleicht auf ein Zeichen warten.«

    Frau Schreyer funkelte mich misstrauisch an. »Wollen Sie sich über uns lustig machen?«

    »Nein, nein, gewiss nicht. Nichts läge mir ferner. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie verletzt habe. Das wollte ich nicht. Ich wollte nur …«

    »Wer sind Sie, wo wohnen Sie?«, schrie Frau Schreyer.

    »Xenia Rabe. Xenia Rabe aus Berlin, Mommsenstraße 450. Die Frau von Tobias Rabe«, stotterte ich.

    Antonias Mutter musterte mich, als stünde der leibhaftige Teufel vor ihr.

    »Frau Schreyer, ich wollte Sie nicht stören oder Ihnen wehtun. Aber es war mir ein Bedürfnis, mit Ihnen zu sprechen.«

    Frau Schreyer nickte, aber ich war mir nicht sicher, ob sie mich verstand. Diese Frau war von Trauer verzehrt und durch die Medikamente offensichtlich nicht ganz bei sich.

    »Ich werde dann mal wieder gehen«, stammelte ich.

    Noch immer starrte mich Frau Schreyer an. Ihr Blick war wirr, so als verstünde sie nicht, was ich von ihr gewollt hatte. Ich musste raus hier, und zwar schnell. Der Kummer dieser Frau drohte mich zu ersticken. Ich fühlte mich schuldig. Abrupt stand ich auf, stieß fast den Küchenstuhl um.

    »Also dann«, presste ich hervor und stolperte zur Tür. »Ich geh dann mal wieder. Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe.«

    Der Hund sprang auf, lief hinter mir her. Klara Schreyer stand von ihrem Stuhl auf.

    »Nun warten Sie doch!«, rief sie.

    Doch ich rannte einfach weiter, ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen, lief zum Auto. Das Klacken meiner Absätze begleitete mich wie Hohngelächter. Ich rannte hinter meinen Wagen ins Gestrüpp und erbrach mich an einem Hagebuttenstrauch. Weil ich noch nichts gegessen hatte, spie mein Magen eine klare, scharfe Flüssigkeit aus, die im Hals brannte. Meine Augen tränten, ich zitterte. Ich hatte dem Leid, das Tobias angerichtet hatte, ins Gesicht gesehen. Mein Magen zog sich ruckartig zusammen, sodass es schmerzte. Mir wurde schwarz vor Augen, Hitze wallte durch meinen Körper. Der Kreislauf. Ich würgte, obwohl gar keine Magenflüssigkeit mehr hochkam.

    Plötzlich wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich musste Tobias finden und ihn töten. Ja, ich würde Tobias umbringen. Er hatte nichts anderes verdient.

    *

    Ein paar Tage nach der Familientragödie in Berlin-Zehlendorf klingelte mittags Bastis Handy. Es war Hauptkommissar Becker vom K 11, der Mordkommission. Basti machte sich auf eine Standpauke gefasst, weil er und Matze Unger die Todesnachricht überbracht hatten.

    Doch Becker war sehr freundlich. »Hören Sie mal, Herr Schellenberger. Wir haben da eine feine Geschichte für Sie und Ihren Freund Grothe. Sie müssen nur

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