Mein Mann der Moerder
schnell sein. Ihre Erzfeinde von der Konkurrenz ahnen nichts. Können Sie in zwanzig Minuten am Helene-Weigel-Platz sein?«
»Aber klar doch«, versprach Basti. Er war wie elektrisiert. Die Bullen wollten ihm und Matze eine Geschichte stecken. Witte und Herrmann sollten außen vor bleiben. Die Konkurrenz würde nun also, nachdem sie neulich die Familientragödie im wahrsten Sinne des Wortes verpennt hatte, weil der Akku von Wittes Scanner leer gewesen war, die nächste Pleite erleben.
Hartmut hatte sie nach der Familientragödie in der Redaktion feiern lassen wie Helden. Umringt von den Kollegen, hatten sie die Geschichte ihrer Recherche erzählen müssen. Die Redakteure johlten, als Matze vortrug, wie er Unger beigebracht hatte, dass sein Sohn tot war.
Hartmut war ganz aus dem Häuschen gewesen. »Astreiner Job«, hatte er immer wieder gerufen und ihnen abwechselnd auf die Schultern geklopft. »Ihr beiden seid wirklich zwei Vollblut-Boulevardjungs. Ich bin stolz auf euch.«
Hartmut hatte Basti sogar Kaffee gebracht, als er angefangen hatte zu schreiben: Eine grauenvolle Familientragödie erschüttert Berlin … Die Zeitung war am nächsten Tag binnen weniger Stunden ausverkauft gewesen.
Hartmuts Lob hatte Basti ein wenig mit seinem Los versöhnt. Meistens hielt der Lokalchef sich seine Polizeireporter vom Leib wie lästiges Ungeziefer. Besonders schlimm war es, wenn die Konkurrenz ihnen eine Geschichte vor der Nase weggeschnappt hatte. Dann redete Hartmut den ganzen Tag lang kein Wort mit ihnen, schnitt Basti und Matze, gab ihnen das Gefühl, ihren Beruf verfehlt zu haben und dass ihre Kündigung nur noch eine Frage der Zeit sein würde. Diese Verachtung war schlimmer als jede Standpauke. ›Erfolge‹ – wie die Recherche über die Familientragödie in Zehlendorf – hatte Hartmut schon am nächsten Tag wieder vergessen. Deshalb ging es für Basti und Matze nie nur um einen Artikel. Mit jeder Geschichte, die sie zu recherchieren hatten, ging es um ihre Existenz.
Schon eine Viertelstunde später waren Basti und Matze am Helene-Weigel-Platz. Becker hatte ihnen die Adresse eines Hochhauses genannt.
Als sie aus dem Auto stiegen, kam der Kommissar freudestrahlend auf sie zu. »Sie sind ja schneller, als die Polizei erlaubt«, lachte Becker, entblößte sein makelloses Gebiss und schüttelte ihre Hand. »Dann kommen Sie mal mit. Ich habe heute was ganz, ganz Feines für Sie.«
Basti lächelte. »Schön, Herr Becker, dass Sie an uns gedacht haben«, schleimte er.
Matze nickte, während er seine Digitalkamera startklar machte.
Becker ging mit schnellen Schritten direkt auf das Hochhaus zu. »Kommen Sie, beeilen Sie sich.«
Basti und Matze folgten dem Kommissar. Vor dem Haus standen ein paar Bullen, die nicht gerade so wirkten, als gebe es hier einen wichtigen Einsatz. Sie lehnten, die Arme vor der Brust gekreuzt, an ihren Streifenwagen und schienen sich bestens zu amüsieren. Becker ging grußlos an seinen Kollegen vorbei, führte Basti und Matze ins Haus. Kaum, dass die Eingangstür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, öffnete sie sich wieder und die Polizisten, die sich eben noch draußen prächtig amüsiert hatten, drängten sich ebenfalls in den Hausflur.
»Ah, da sind ja die Kollegen von der Schupo«, lächelte Becker. »Wir müssen hoch in den siebten Stock. Der Fahrstuhl ist leider kaputt. Aber Sie sind ja durchtrainiert. Oder?«, zog er die Journalisten auf. Dann lachte er wieder. Ein schmetterndes Lachen, voller Zuversicht und Selbstvertrauen.
Basti nickte.
Matze sagte kein Wort. Er hasste Sport. Aber für eine gute Geschichte hätte er sich zur Not auch zu Fuß bis in den fünfundzwanzigsten Stock hinaufgequält. Hauptsache er bekam seine Bilder. Also stapfte er brav hinter Becker und Basti die Treppen hinauf. Wortlos folgten ihnen die restlichen Bullen, es waren sechs. Nur das Getrampel der Schritte hallte durchs Treppenhaus.
»Und was wartet da oben auf uns?«, wollte Basti wissen.
Becker drehte sich halb zu ihm um und legte als Antwort den Zeigefinger auf seine Lippen. Basti schwieg. Irgendwie behagte ihm die Situation nicht. Er und Matze waren eingekeilt zwischen Becker und den anderen Polizisten. Was sollte das?
Der Kommissar führte sie durchs Treppenhaus, vorbei an schmuddelig gelben Wänden, auf die Kinder mit Wachsmalkreide übergroße Strichmännchen gekritzelt hatten. Gummibäume und anderes Grünzeug fristeten auf den Fensterbänken zwischen den Stockwerken ein
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