Mein Mann der Moerder
den Tisch zu reichen.
Entgeistert starrte ich meinen Mann an. »In einen Swingerklub?!«, wiederholte ich ungläubig. »Bist du von allen guten Geistern verlassen?« Es pochte in meinen Schläfen.
»Wieso?« Ungerührt setzte Tobias das Glas auf dem Tisch ab, griff nach meiner Hand.
Ich zuckte zurück.
»Hör mal, Schätzchen«, sagte Tobias. Seine Stimme hatte etwas Herablassendes. Immer, wenn er Alkohol getrunken hatte, wurde er aggressiv. »Liebe und Sex sind zwei Paar Schuhe.«
Ich glaubte, nicht richtig zu hören.
»Ich liebe dich, sonst hätte ich dich nicht geheiratet. Sex aber ist eine Art körperliche Ertüchtigung, Ausdauersport, ein Spiel.« Tobias nahm einen kräftigen Schluck. Obwohl er sich gerade eben erst eingeschenkt hatte, war sein Glas schon fast wieder leer.
Wortlos starrte ich ihn an. Ich stand unter Schock.
»Ich finde, wir sollten diese neue Spielart wenigstens mal ausprobieren«, fuhr Tobias fort, kaum dass er den Wein hinuntergeschluckt hatte. »Nur mal hingehen und es auf uns wirken lassen. Wir können ja dann immer noch gehen. Alles kann passieren, nichts muss.«
»Du spinnst wohl«, zischte ich.
»Ich wusste gar nicht, dass du so verklemmt bist«, schnappte Tobias zurück.
Ohne zu überlegen, nahm ich mein Glas und kippte meinem Mann den Rotwein ins Gesicht. Dann sprang ich auf und stürzte aus dem Zimmer. Aus dem Augenwinkel sah ich noch, dass Tobias völlig verdattert war. Der Rotwein tropfte von seinen Brillengläsern aufs Ledersofa, hatte große, rote Flecken und Spritzer auf seinem weißen Hemd hinterlassen und es sicher ruiniert.
Im Schlafzimmer warf ich mich aufs Bett und heulte. Ich war meinem Mann langweilig geworden. Wie ein Spielzeug. Tobias, dieser verwöhnte Yuppie, der alles hatte, sich alles kaufen konnte, brauchte, nachdem er mich erobert und festgezurrt hatte, einen neuen Kick.
Wenig später hörte ich das Klappen unserer Haustür. Tobias war gegangen. Kehrte erst gegen Morgengrauen wieder zurück. Seine Alkoholfahne wehte zu mir herüber, als er sich neben mir ins Bett legte. Wir sprachen nie wieder über dieses Thema. Ich fragte ihn auch nicht, wo er gewesen war.
Anstatt einen Termin mit dem Scheidungsanwalt zu vereinbaren, gab ich mir besondere Mühe im Bett. Das war wohl der Preis, den ich zu zahlen hatte, wenn ich nicht wieder allein sein wollte. Wie bei Peter. Mein Leben war eine Kette unheilvoller Wiederholungen, das wurde mir allmählich klar.
Hinter der nächsten Kreuzung musste eine kleine Stichstraße nach rechts in den Heisterbusch führen.
Die Adresse von Tobias’ Elternhaus hatte ich mal zufällig auf einem seiner alten Zeugnisse gelesen und sie mir gemerkt, weil der Straßenname ein wenig wie Geisterbusch klang.
Nun würde ich also endlich meine Schwiegermutter Elena Rabe kennenlernen. Ich hatte mich nicht angemeldet, wollte sie überraschen. Nach dem, was passiert war, hätte sich Elena eigentlich auch mal bei mir melden können, überlegte ich.
Das Haus war ein rot geklinkerter Bungalow aus den Siebzigern. Die sacht aufeinander zulaufenden Schrägen des Walmdaches verliehen dem Haus einen weichen Zug. Doch der hohe, schmiedeeiserne Zaun, eine unmissverständliche Grenze, die Kindern, Nachbarn und Spaziergängern Einhalt gebot, gaben dem Anwesen etwas Unnahbares. Fehlte nur noch die Klingel am Tor. Immerhin war die Pforte nicht abgeschlossen. Die gepflasterte Auffahrt war über zwanzig Meter lang, sodass Elena Rabe hinter der Spitzengardine von ihrem Fenster genau beobachten konnte, wer sich der Tür näherte.
Im Vorgarten standen Lebensbäume und hoch aufgeschossene Scheinzypressen, die verrieten, dass Elena keine Hobbygärtnerin war, sondern praktische Lösungen bevorzugte. Statt Blumen hatte sie Rasen gesät und Büsche gepflanzt. Im Gegensatz zu den Nachbargrundstücken, auf denen es blühte, wirkte dieser immergrüne Garten irgendwie trostlos.
Drei Stufen führten hinauf zur Eingangstür. Neben der Tür hing ein auf Nostalgie getrimmter Postkasten aus Kupferblech. Hintsch las ich und stutzte. Ich musste mich in der Adresse getäuscht haben. Das Zeugnis war schon ziemlich alt gewesen, stammte aus Tobias’ Gymnasialzeit. Wahrscheinlich waren seine Eltern noch mal umgezogen.
Ich wandte mich zum Gehen, als sich mit leisem Quietschen die Haustür öffnete. Eine Frau, vielleicht Anfang vierzig, mit burschikosem Kurzhaarschnitt, trat aus dem Haus. In der Armbeuge trug sie einen geflochtenen Weidenkorb.
»Guten
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