Mein Mann der Moerder
Bauernhof.« Wieder hatte sich Frau Hintsch verplappert. »Seine Kneipe liegt direkt an der Hauptstraße. Ich kann ihn gerne anrufen und Ihren Besuch ankündigen.«
Ich nickte. »Darf ich Ihnen meine Handynummer hierlassen? Für den Fall, dass Ihnen noch was einfällt oder Ihr Mann mir weiterhelfen kann?«
»Aber klar«, antwortete Frau Hintsch. Es war ihr anzumerken, dass sie hoffte, mich auf diese Weise schneller loszuwerden. Sie stand auf, ging in den Flur und kam kurz darauf mit Notizblock und Kugelschreiber zurück. Ich kritzelte meine Handynummer auf das Papier und schob es Frau Hintsch über den Tisch. Wortlos stand ich auf. Die Hausherrin begleitete mich zur Tür.
»Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht recht weiterhelfen konnte«, entschuldigte sie sich.
Ich reichte Frau Hintsch die Hand. Ihr Händedruck war schlaff wie der einer Person, die bemüht ist, es immer allen recht zu machen.
Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, hatte ich das sichere Gefühl, dass Frau Hintsch mehr wusste, als sie mir hatte sagen wollen.
*
Als Basti gegen Mittag aufwachte, dröhnte sein Schädel. Das Bett neben ihm war leer. Kristina, die wieder mal einen Aushilfsjob in einer Buchhandlung angenommen hatte, war schon zur Arbeit gefahren. Auf ihrer Seite des Bettes lag ein Zettel: Schatz, ich liebe dich – auch wenn du Witwen schüttelst. Ein Lächeln huschte über Bastis Gesicht. Das einzig Gute, das der Job ihm je beschert hatte, war Kristina.
Er sah auf sein Handy und erschrak. Schon nach zwölf. Und das Display verriet, dass Matze fünf Mal angerufen hatte. Basti hatte weder das Klingeln des Weckers noch sein Handy gehört. Das war ihm noch nie passiert. Er überlegte, ob er in der Redaktion anrufen und sich krankmelden sollte. Doch eigentlich war es sinnlos. Hartmut würde ihn sowieso rausschmeißen. Ein Gedanke, der Basti nicht mehr schockierte. Er wohnte seit einigen Wochen bei Kristina. Die Bude gehörte ihrem Vater und so mussten sie nur die Nebenkosten zahlen. Sie würden schon irgendwie über die Runden kommen.
Plötzlich klingelte sein Handy. Boss blinkte es auf dem Display – wie eine Drohung. Hartmut wollte ihn also am Telefon abservieren. Das sah ihm ähnlich. Einen Moment lang spielte Basti mit dem Gedanken, einfach nicht ans Telefon zu gehen. Doch wenn er sich jetzt seinen Anschiss abholte, hatte er es hinter sich. Bräuchte vielleicht nicht mal mehr in die Redaktion, um seinen Schreibtisch aufzuräumen.
Basti klappte sein Handy auf und meldete sich.
»Morgen, Basti!«, grüßte Hartmut ungewöhnlich freundlich. »Das mit deinem Kumpel tut mir wirklich leid. Aber danke, dass du es trotzdem geschafft hast, die Geschichte zu schreiben.«
Basti glaubte, nicht richtig zu hören. War Hartmut nun schon gegen Mittag völlig blau?
»Äh, also, ich glaube, es gibt da …«, stammelte er.
»Du brauchst dich doch jetzt nicht für die paar Tippfehler zu entschuldigen«, fiel Hartmut ihm ins Wort. »Die Geschichte ist klasse geworden. Bist halt ’n echter Profi. Aber nun ruh dich aus. Nimm dir ein paar Tage frei. Die Tagespauschale zahlen wir dir weiter. Will dich jetzt auch nicht länger stören. Halt die Ohren steif, Alter. Wir denken alle an dich.« Es klickte. Hartmut hatte aufgelegt.
Basti glaubte zu träumen. Er musste noch im Rausch sein. Kaum, dass er aufgelegt hatte, klingelte das Handy wieder. Es war Matze.
»Hör mal, Kumpel, tut mir echt leid mit deinem Freund.«
Basti merkte, wie der Schmerz in seiner Brust anschwoll. Er brachte kein Wort heraus.
»Sag mal, hat Hartmut dich schon erreicht?«, erkundigte sich Matze.
»Ja, gerade eben.«
»Scheiße. Was hast du ihm gesagt?«
»Nichts. Mir ist nicht nach reden«, knurrte Basti. »Er hat sich bei mir für die Geschichte bedankt, aber ich habe nur Bahnhof verstanden. Ist mir, ehrlich gesagt, auch egal.«
»Gott sei Dank.« Matze war die Erleichterung durchs Telefon anzuhören. »Witte und Herrmann haben uns den Arsch gerettet«, erzählte er. »Herrmann hatte natürlich jede Menge Fotos vom Einsatz geschossen. Sie hat mir dann ein paar Bilder von der Evakuierung und dem brennenden Haus auf meinen USB-Stick kopiert. Witte, die dir gegenüber wohl ein schlechtes Gewissen hatte, hat unterdessen in Windeseile zwei Texte in ihren Apple gehackt. Ihren Artikel für den Berliner Boulevard und einen zweiten unter deinem Namen für den Express. Den hab ich mit in die Redaktion genommen. Hartmut saß schon auf glühenden Kohlen. Ich
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