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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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begehrte.

    KK kümmerte sich nicht darum. »Wenn du Tobias gekannt hättest, wärest du nicht seine Frau geworden.« Der Ton seiner Stimme verriet, dass KK diesen Satz nicht einfach so dahergesagt hatte. Er schenkte uns nach. Erst jetzt fiel mir das geflochtene Lederarmband auf, das KK am rechten Handgelenk trug und das ein wenig albern wirkte.

    »Tobias und ich waren in Wahrheit keine wirklichen Freunde«, fuhr er fort. »Tobias brauchte auch gar keine. Er suchte Leute, die zu ihm aufsahen, ihn bewunderten, taten, was er sagte. Oder solche, mit denen er sich schmücken konnte. In der Schule war er immer hinter den schönsten Weibern her. Nicht, weil sie ihn interessierten. Er nutzte sie als Aushängeschild. Ich habe lange gar nicht merken wollen, was er für ein Arschloch war. Bis die Sache mit seinem Bruder passierte.«

    Kunze stürzte den nächsten Tequila hinunter. Ich tat es ihm gleich.

    Wieder bewegte sich die Türklinke. Das Wagenrad war offenbar eine beliebte Kneipe – oder die einzige im Ort.

    »Tobias hat nie erwähnt, dass er einen Bruder hatte. Er sprach überhaupt nie über seine Familie. Ich kannte nicht mal meine Schwiegermutter.«

    KK nickte. »Wundert mich nicht.«

    »Holger ist sehr jung gestorben«, tastete ich mich vorsichtig an das Familiengeheimnis heran.

    »Mit dreizehn«, ergänzte KK.

    »Wie ist er …«

    »Selbstmord.«

    Die Antwort traf mich wie eine Ohrfeige. Ich war davon ausgegangen, dass Holger bei einem Unfall gestorben war.

    »Er hat sich umgebracht?«, wiederholte ich ungläubig.

    »Tobias hat ihn in den Tod getrieben«, präzisierte KK, leerte sein Glas, knallte es auf den Tresen und schenkte sofort nach. Sein schelmisches Grinsen war einem Zug unendlicher Trauer gewichen.

    »Und um der ganzen Wahrheit die Ehre zu geben: Ich bin auch nicht unschuldig an Holgers Tod.«

    Ich leerte mein Glas, schob es KK über den Tresen. Einen Moment lang war es ganz still in der Gaststube. Nur das leise Plätschern, mit dem sich unsere Gläser erneut füllten, war zu hören.

    »Holger war fünf Jahre jünger als Tobias«, fing KK an zu erzählen. »Ein Nachzügler, der eigentlich nicht geplant war. Ein entzückendes Kind. Weißblonde Locken, die später nachdunkelten, braune Augen. Holger hatte ein ruhiges Gemüt, lächelte jeden an, auch Fremde. Er war das glatte Gegenteil von seinem hitzigen Bruder Tobias, der immer sofort losbrüllte, wenn es nicht nach seinem Willen ging.«

    Ich wagte kaum, mich auf dem Barhocker zu rühren aus Angst, seinen Redefluss zu unterbrechen.

    »Schon bald war Holger der Liebling seiner Eltern, stieß Tobias, den Kronprinzen, der fünf Jahre Mittelpunkt gewesen war, vom Thron. Das verzieh Tobias seinem kleinen Bruder nie. Kaum, dass Holger laufen konnte, ließ Tobias keine Gelegenheit aus, ihn zu quälen. Er machte sich über ihn lustig, wenn er spielte, schuf eine feindselige Atmosphäre, in der Holger immer auf der Hut sein musste. Trotzdem sah Holger zu seinem großen Bruder auf, buhlte um seine Zuneigung. Einmal, Holger war vielleicht gerade fünf Jahre alt, kam er freudestrahlend angelaufen und wollte seinem großen Bruder ein Bonbon geben. Tobias schlug Holger die Süßigkeit mit voller Wucht aus der Hand. Das Bonbon fegte über den Asphalt. Holger war einen Moment lang wie versteinert, bevor sich seine Augen mit Tränen füllten. Wir standen einfach nur da. Tobias und ich. Dann lachte er. Und ich fiel ein. Ich tat ja immer alles, was mein vermeintlich bester Freund wollte.«
    Kunze machte eine Pause, um sich eine Zigarette anzuzünden. Er hielt mir die Schachtel hin, doch ich schüttelte den Kopf.

    »Tobias war blind vor Hass und Eifersucht«, fuhr KK fort und blies den Rauch durch die Nase. »Als Holger etwas älter war, so um die zehn Jahre, erzählte Tobias überall herum, dass er noch in die Hose schiffen würde. Wahrscheinlich stimmte das gar nicht. Jedenfalls ist mir nie aufgefallen, dass Holger stank, doch Tobias war jede Lüge recht, um andere Kinder gegen seinen Bruder aufzuhetzen. Die Kinder hänselten Holger, nannten ihn ›Hosenscheißer‹. Ein Spitzname, der bald im Dorf die Runde machte, selbst die Erwachsenen riefen ihn so. Niemand wollte mit Holger spielen. Und wenn er doch einmal einen Spielkameraden gefunden hatte, setzte Tobias sofort alles daran, diese Freundschaft zu zerstören. So wurde Holger ein sehr einsames Kind. Seinen Eltern fiel zwar auf, dass ihr jüngster Sohn ein Außenseiter war. Doch sie hatten nicht die

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