Mein Mann der Moerder
würde, kaum dass ich gestern Abend die Kneipe betreten hatte.
Kai Kunze hatte einsam hinter seiner Theke gestanden. Das Wagenrad war eine richtige Dorfkneipe. Holzvertäfelte Wände, dunkles, altmodisches Gestühl, rustikale Holztische. Eine Kneipe, in die ich unter anderen Umständen keinen Fuß gesetzt hätte. Und auch KK beeindruckte mich zunächst nicht sonderlich. Klein, dunkelblondes kurz geschorenes Haar. Nur sein Pony war etwas länger und mit Gel merkwürdig nach oben gezwirbelt, wahrscheinlich eine Kreation der Dorffriseurin. KK, der wie Tobias Anfang vierzig sein musste, trug enge, verwaschene Jeans, Converse-Turnschuhe und ein blassgelbes, eingelaufenes T-Shirt. Die Aufschrift kokettierte mit seinem Alter: Ich werde nicht älter – nur besser. KK war schlank und durchtrainiert, das musste man ihm lassen. Für solche Typen hatte ich, die mit einem schmalbrüstigen Akademiker gesegnet war, der das Fitnessstudio scheute, schon immer eine Schwäche gehabt.
KK, der seine Kneipe gerade erst geöffnet hatte, sah mich an, als stünde eine Erscheinung vor ihm. Dabei hatte ich mich nicht mal besonders aufgetakelt. Jeans, rote Pumps, an denen noch Friedhofserde klebte, schwarzes, schlichtes T-Shirt, allerdings weit ausgeschnitten und figurbetont.
»Guten Abend, schöne Frau«, begrüßte mich Kunze.
»Ich bin Xenia. Die Frau von Tobias Rabe«, stellte ich mich vor.
Sofort verdunkelte sich Kunzes Miene. »Du Ärmste«, sagte er nur.
KK wusste also auch schon, was Tobias verbrochen hatte.
»Darf ich mich setzen?« Ich deutete auf den Barhocker direkt vor dem Tresen.
KK nickte. »Gerne doch. Magst du was trinken?« KK duzte mich, als wäre ich eine alte Freundin.
»Wasser, bitte.«
»Das ist nicht dein Ernst«, grinste KK.
»Dann schlag was vor!«
»Wein? Frauen trinken doch lieber leichte Sachen.«
Ich nickte. Mir war alles recht, Hauptsache, Kunze würde mit mir reden.
KK nahm ein Glas aus dem Wandregal hinter der Theke. »Ich hab dich schon erwartet«, gestand er. »Freya Hintsch hat angerufen und erzählt, dass du nach Tobias gefragt hast. Sie sagte, dass du hier auftauchen würdest. Habe nur nicht damit gerechnet, dass du so schnell bist. Sie hat mir sogar deine Handynummer gegeben«, zwinkerte KK mir zu, nahm ein trockenes Handtuch und polierte den leicht trüben Schleier weg, den das billige Geschirrspülmittel auf dem Glas hinterlassen hatte.
»Du musst das Glas nicht polieren, so empfindlich bin ich nicht.«
»Na, wenn ich schon mal so hohen Besuch von einer Lady aus der Hauptstadt habe.« KK lachte. Ein fröhliches Lausbubenlachen.
Der Wein, billiger Kaufhausfusel, war von durchsichtigem Rot und schmeckte sauer.
Kunze hatte sich ein kleines Glas Tequila eingeschenkt und prostete mir zu.
»Ich möchte mit dir über Tobias reden«, formulierte ich eine Spur zu förmlich. Schließlich war KK über den Grund meines Besuches bereits bestens im Bilde.
Kunze nickte. »Dann schließe ich am besten meinen Laden, damit wir nicht gestört werden.« KK kam hinterm Tresen hervor, ging zur Tür und schloss sie ab. Er brannte offenbar regelrecht darauf, mit mir zu reden.
»Du bist mit Tobias zur Schule gegangen?«, fragte ich.
KK nickte. »Er war mein bester Freund.« Er trank seinen Tequila. Pur. Ohne Salz, ohne Zitrone. KK stand da, leicht breitbeinig, seine Daumen klemmten in den Gürtelschlaufen seiner Jeans. Ungeniert starrte er mir in den Ausschnitt. Hatte ich mich getäuscht? War KK gar nicht erpicht darauf, mit mir über Tobias zu reden? Hegte er ganz andere Pläne? Ich muss zugeben, dass es mir schmeichelte. Wochenlang war ich für alle nur die Frau des Mörders gewesen. Endlich stand ich wieder einem Mann gegenüber, der in mir eine Frau sah. Und der keinen Hehl daraus machte, dass ich ihm gefiel. In diesem Moment ahnte ich, dass KK ein leichtes Spiel mit mir haben würde.
Ich schob ihm das halb volle Glas mit dem billigen Wein hin. »Ich glaube, ich hätte doch lieber was Härteres.«
Wortlos hielt Kunze die Flasche Sierra in die Höhe.
Ich nickte.
KK grinste. Ein schelmisches Grinsen, das mir ein Kribbeln durch den Magen jagte. Dieser Mann reizte mich irgendwie.
Obwohl der Tequila in der Speiseröhre brannte, tat er mir gut. Ich wurde sofort locker, die Befangenheit fiel von mir ab.
»Wir haben überstürzt geheiratet, kannten uns kaum«, erzählte ich.
Das leise Knarren der Türklinke, die nach unten gedrückt wurde, verriet, dass ein Gast Einlass
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