Mein Mann der Moerder
Handy fiepte. Mit der linken Hand nahm ich das Telefon, rief die SMS ab und las: Ich vermisse dich. KK.
*
Notwehr – SEK-Beamter erschoss Drogendealer.
Als Matze Sarah die Pressemitteilung auf den Schreibtisch legte, wusste sie, dass der Fall eingetreten war, vor dem sie sich immer am meisten gefürchtet hatte. Basti war wegen der Sache mit seinem Kumpel noch immer krank. Und nun musste sie ihn vertreten.
»Sarah-Schätzchen«, nölte Matze. »Hopp, hopp. Wir müssen uns beeilen. Bei der Polizei geht es nicht so sutsche zu wie im Theater.«
Das Sondereinsatzkommando der Polizei pflegte seine Einsätze nicht über Funk zu verhandeln. Deshalb hatte die Redaktion erst jetzt durch die Pressemitteilung von dem Toten erfahren.
Und natürlich wollte Hartmut eine Geschichte haben. Missmutig stand der Lokalchef in der Redaktion. Die Pfefferminzbonbons, die er schon den ganzen Morgen lutschte, konnten seine Alkoholfahne nicht vertreiben.
»Also«, bellte er. »Beeilt euch. Ich brauch die Geschichte bis sechzehn Uhr. Danach will ich ins Wochenende.«
Hartmut, der von seiner Frau getrennt lebte, aber noch nicht geschieden war, hatte eine neue Flamme in Hamburg, zu der er fast jedes Wochenende fuhr. Irgendeine junge Piepsmaus. Sarah hatte die beiden mal zufällig zusammen in Berlin getroffen. Die Piepsmaus, der man ansah, dass sie Dauergast im Solarium war, hing an Hartmuts Arm, blickte im wahrsten Sinne des Wortes zu ihm auf und kicherte mit hoher, unerträglicher Mickymausstimme über seine dümmlichen Altherrenwitze.
Im Auto versuchte Matze, Sarah zu trösten. »Ich weiß ja, dass du keinen Bock auf diese Geschichten hast und lieber in Kultur machst. Aber wir werden das schon schaukeln. Ich helfe dir. Und mit ein bisschen Glück ist Basti ja nächste Woche wieder auf’m Damm.«
Sarah war gerührt.
Matze steuerte den Wagen in eine gutbürgerliche Wohn-gegend. Sarah wunderte sich. Das Haus war um die Jahrhundertwende gebaut worden und wirkte sehr gepflegt. Vor der Tür stand, umringt von Journalisten, ein Pressesprecher der Polizei. Während Matze sofort anfing, Fotos zu schießen, gesellte sich Sarah zu dem Pulk und hörte zu. Sie waren offenbar gerade rechtzeitig gekommen. Denn der Pressesprecher fing an, eine Erklärung vom Blatt abzulesen.
»Gestern Nacht um 0.48 Uhr stürmte das SEK die Wohnung im ersten Stock. Wohnhaft war hier der dreiundvierzigjährige Hagen G. Ein vorbestrafter Dealer. Die Polizeimaßnahme war notwendig, weil Hagen G. Waffen und Handgranaten in seiner Wohnung versteckt hielt.«
Wie gestelzt der daherredet, dachte Sarah, während sie sich Stichworte notierte.
»Die Kollegen öffneten die Tür. G. stand im Flur, hatte schon die Waffe gezückt, sodass dem SEK-Beamten nichts anderes übrig blieb, als zu schießen. Der Mann starb auf dem Weg ins Krankenhaus.«
Eilfertig kritzelten die Kollegen das, was der Pressesprecher ihnen diktierte, in ihre Blöcke.
»Tja«, sagte einer. »Mit der Polizei sollte man sich eben nicht anlegen.«
Der Pressesprecher nickte zufrieden. »Dem Kollegen, der geschossen hat, geht es jetzt auch nicht gut. Niemand tut das gerne«, sagte er.
Plötzlich brummte Sarahs Handy in ihrer Jackentasche.
Es war Matze. »Sarah, sag jetzt nichts. Hör mir nur zu. Geh um das Haus herum. Die Hintertür ist offen. Ich stehe im Treppenhaus und habe hier eine interessante Gesprächspartnerin aufgetan. Bis gleich.«
Sarah tat, was Matze ihr aufgetragen hatte. Der Pressesprecher und die Kollegen nahmen keinerlei Notiz von ihr. Der Pulk war ohnehin gerade im Begriff, sich aufzulösen. Es war Freitag, alle hatten es eilig, Feierabend zu machen. An der Seite des Hauses führte ein schmaler Gang in den Hinterhof.
Kaum, dass Sarah die Tür hinter sich geschlossen hatte, hörte sie Matzes Stimme, die durch das Treppenhaus hallte. Leise ging Sarah nach oben.
Auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock stand Matze und redete mit einer alten Frau. Sie mochte so um die achtzig sein.
»Gestern Nacht habe ich Lärm im Treppenhaus gehört. Getrampel, Stimmen. Und dann einen Schuss. Ich bin aus dem Bett hochgefahren, hatte ja schon geschlafen. Im Treppenhaus war überall Polizei. Die Beamten haben mich in meine Wohnung zurückgescheucht. Von meinem Fenster aus konnte ich beobachten, wie der Krankenwagen kam. Auf der Trage schafften sie Herrn Greiner raus.« Ihre Stimme brach. Die Frau trug eine blaue Kittelschürze aus Nylon und blickdichte Venenstrümpfe. Ihre Beine waren
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