Mein Monat mit dem Millionär
gesagt.“
„Magst du ihn?“
„Ich bin immer noch ziemlich nervös, aber er ist wirklich sehr lieb. Obwohl er von der Anklage weiß, hält er zu mir.“
„Scheint ein prima Kerl zu sein“, bemerkte Isabelle. „Küsst er gut?“
„Isabelle!“, rief Adriana. „Ich habe außer deinen Vater keinen anderen Mann geküsst, seit ich sechzehn bin. Wenn ich ehrlich bin, fürchte ich mich ein wenig davor.“
Sie hatten das Auto erreicht, und Isabelle schaute ihrer Mutter in die Augen. „Findest du ihn als Mann attraktiv?“
Erneut lächelte Adriana und nickte. „Ich brauche bloß ein wenig mehr Zeit.“
„Versteht er das?“
„Oh, ja. Ich habe ihm von deinem Vater erzählt und wie es mit ihm war. Ben kann gut zuhören.“
„Wie oft warst du schon mit ihm aus?“
„Drei Mal.“
Drei Dates, und sie hatte ihr kein Wort davon gesagt? Nun war Isabelle doch ein bisschen verletzt. Sie hatte gedacht, zwischen ihnen gäbe es keine Geheimnisse. Andererseits – was war mit ihrem Job bei Emilio? Und der erfundenen Mrs Smith?
„Jetzt bist du doch sauer“, bemerkte ihre Mutter.
„Nein, nur etwas überrascht.“
„Ich wollte es dir ja erzählen, aber ich habe mich irgendwie … geschämt. Falls du das verstehst. Außerdem befürchte ich immer, dass ich ihn irgendwann langweile und er den Kontakt abbricht.“
Diesen Komplex hatte ihr Ehemann ihr beigebracht.
„Er kann froh sein, dass er so eine tolle Frau abbekommen hat. Ich bin sicher, dass er das auch weiß.“
„Jedenfalls scheint er mich zu mögen. Er hat mich schon gefragt, was ich nächstes Wochenende vorhabe.“
„Dann solltest du ganz schnell wieder zu ihm gehen.“ Lächelnd umarmte Isabelle ihre Mutter. „Ich wünsche dir viel Spaß. Und nach drei Dates solltest du dich wirklich nicht mehr zieren. Küss ihn einfach!“
Ihre Mutter strahlte. „Mache ich.“
„Am Donnerstag sehen wir uns. Soll ich irgendwas für dich besorgen?“
„Hm, ich dachte … also, die Sache ist, dass mein Herd nicht gut funktioniert und … naja … Ben hat mich an Thanksgiving eingeladen, mit ihm und ein paar Freunden zu feiern. Möchtest du uns gern begleiten?“
Das ging auf keinen Fall. Abgesehen davon, dass es Isabelle peinlich gewesen wäre, das Anhängsel ihrer Mutter und deren neuem Lover zu sein, hatte sie keine Lust, sich in der Öffentlichkeit blicken zu lassen. Also musste eine gute Ausrede her.
„Die Angehörigen von Mrs Smith haben mich gebeten, den Feiertag mit ihnen zu verbringen“, log sie. „Sie waren wirklich nett zu mir, und es täte mir leid, ihnen absagen zu müssen. Wenn du mit Ben und seinen Freunden feiern willst, ist das für mich kein Problem.“
„Bist du sicher? Wir verbringen Thanksgiving doch immer zusammen.“
Ab nächstem Jahr sowieso nicht mehr, dachte Isabelle. Außer, du kommst zu mir in den Frauenknast!
Sie war froh, dass ihre Mutter ihr Leben in die Hand nahm und neue Freunde gefunden hatte. Bald würde Isabelle sich nicht mehr um sie kümmern können. Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ganz sicher, Mom.“
Sie umarmten sich kurz, dann stieg Isabelle ins Auto und fuhr los. Ihre Mutter winkte ihr nach, und Isabelle war plötzlich ganz traurig zumute. Ein tiefes Gefühl von Verlassenheit überkam sie. Ihre Mutter hatte einen Menschen gefunden, der sich für sie interessierte. Und wen hatte Isabelle? Am liebsten hätte sie geheult. Doch Selbstmitleid kam nicht infrage. Sie konnte schließlich gar keine neuen Kontakte knüpfen, weil sie in weniger als fünf Wochen ins Gefängnis musste.
Da sie keine Lust hatte, nach Hause zu fahren, kurvte sie eine Weile ziellos in der Gegend herum. Als sie den Stadtrand erreichte, musste sie den Impuls unterdrücken, das Gaspedal durchzutreten und einfach abzuhauen. Doch auch das wäre sinnlos gewesen.
Kurz vor elf parkte sie den Wagen in Emilios Garage neben seinem schwarzen Ferrari. Von dort aus ging sie zuerst in ihr kleines Zimmer, um ihre Handtasche und den Pulli loszuwerden, und wollte sich dann in der Küche Tee machen. Während das Wasser im Kessel heiß wurde, suchte sie in einem der Küchenschränke nach Teebeuteln.
„Brauchen Sie Hilfe?“
Unangenehm berührt von Estefans durchdringender Stimme, zuckte sie zusammen. Obwohl er gut aussah und charmant sein konnte, mochte sie ihn nicht. Schon damals, als sie noch einen gemeinsamen Schulweg hatten, hatte sie ihn verabscheut. Die Art, wie er sie ansah, ließ es ihr kalt den Rücken herunterlaufen.
Estefan öffnete
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