Mein Monat mit dem Millionär
Fernsehen ein Basketballspiel ansahen, das Emilio am Wochenende aufgezeichnet hatte.
„Sie arbeitet für mich, das ist alles“, erklärte Emilio.
„Du könntest beides haben. Nimm dir, was du kriegen kannst, und lass sie dann fallen. Besser könntest du dich nicht an ihr rächen.“
Ursprünglich war ja genau das Emilios Plan gewesen. Seltsamerweise fand er den Gedanken seit Neuestem widerlich. Vielleicht war er endlich bereit, die Vergangenheit zu vergessen und neu anzufangen. Es brachte doch nichts, jahrzehntelang zu trauern. Er war schließlich nicht der einzige Mann, dem man das Herz gebrochen hatte. Es war Zeit, zu begreifen, dass hinter Isabelles Verhalten damals keine anderen Motive gestanden hatten als die Liebe zu einem anderen Mann. Was brachte es, sich noch länger in Selbstmitleid zu wälzen. Es gab Neuland zu entdecken!
„Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass der Schlamassel, in dem sie steckt, völlig ausreicht“, bemerkte Emilio. „Sie hat ihren Mann verloren, sie ist pleite, und in vier Wochen sitzt sie für den Rest ihres Lebens im Gefängnis. Und obwohl sie so tief gesunken ist, bemüht sie sich, ihr Schicksal mit Anmut und Würde zu tragen.“
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass du sie magst.“
Was definitiv Teil von Emilios Problem war. Er wusste nicht genau, was er fühlte. Auf jeden Fall war da kein Hass mehr. Aber er konnte sich auch nicht vorstellen, mit Isabelle einfach nur gut befreundet zu sein. Sobald sie im Gefängnis saß, würde der Kontakt ohnehin abbrechen. Essenspakete und Besuche konnte sie von ihm nicht erwarten.
Falls sie tatsächlich in den Knast wanderte. Immerhin hatte sein Bruder Alejandro erwähnt, dass die Beweislage nicht so eindeutig war, wie es anfangs schien. Wenn sie nun unschuldig war? Was wäre dann?
Egal ob unschuldig oder nicht, ob er sie begehrte oder nicht – was sie ihm angetan hatte, konnte er vielleicht verzeihen, aber nicht vergessen. Das war er seiner Familie schuldig, besonders seiner Mutter.
Estefan gähnte und streckte sich. „Ich muss morgen früh raus. Hast du was dagegen, wenn ich mich hinlege?“
„Nein, überhaupt nicht. Ich gehe auch schlafen“, erwiderte Emilio und schaltete den Fernseher aus.
„Übrigens habe ich heute mit meinem Geschäftspartner gesprochen“, sagte Estefan. „Sieht so aus, als würde ich mein Geld erst nach Thanksgiving kriegen. Ich weiß, dass wir verabredet hatten, dass ich übermorgen abhaue, aber …“
„Schon gut“, unterbrach Emilio ihn. „Du kannst gern länger bleiben.“
„Bist du sicher?“
„Klar.“
„Danke, Bruderherz.“
Sie wünschten einander gute Nacht, und Emilio ging in die Küche, um sich noch ein Glas Saft zu holen. Bei dem gedämpften Licht der Küchenbeleuchtung nahm er sich ein Glas und füllte es mit Orangensaft aus dem Kühlschrank. Als er die leere Verpackung wegwerfen wollte, stellte er fest, dass der Mülleimer unter der Spüle voll war.
Er seufzte. Hatte Mrs Medina nicht die Anweisung hinterlassen, dass der Küchenabfall jeden Abend entsorgt werden müsse? Emilio fragte sich, ob Izzie es einfach nur vergessen hatte oder ihn ärgern wollte. Das jedenfalls hatte sie geschafft.
Eigentlich hätte er sie rufen müssen, schlicht aus Prinzip, aber es war schon nach elf, und normalerweise schlief sie um diese Zeit bereits. Also holte er die Mülltüte aus dem Eimer, band sie zu und ersetzte sie durch eine neue. Dann trug er den Abfall hinaus zu den Mülltonnen in der Garage. Dabei bemerkte er durch den Türschlitz, dass in Isabelles Zimmer noch Licht brannte. Entweder war sie noch wach, oder sie war mal wieder bei Licht eingeschlafen.
Als er die Mülltüte in der Tonne versenkte, fiel sein Blick auf den Saab. War das etwa ein Kratzer auf der Stoßstange?
Er ging näher ran und stellte fest, dass es sich um etwas Dreck oder Ähnliches handelte. Während er die Stelle sauber rieb, nahm er sich vor, Isabelle zu bitten, den Wagen durch die Waschanlage zu fahren, wenn sie das nächste Mal einkaufen ging. Als er zurück in die Küche kam, stand Isabelle vor der geöffneten Kühlschranktür. Sie trug einen alten Bademantel aus Flanell, und ihr Haar war noch feucht vom Duschen.
„Mitternachtsimbiss?“, fragte er.
Sie schrie auf, knallte die Kühlschranktür zu und wirbelte herum. „Du hast mich zu Tode erschreckt!“
Schon wollte er etwas Ironisches erwidern, da blieb sein Blick am Ausschnitt ihres lose gegürteten Bademantels haften, und er
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