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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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Händlers brav und ruhig durch das breite Flußbett, ermuntert durch die Zurufe der Knechte und sicher geführt von Riwin, der den Fluß so gut kannte wie kaum ein anderer. Hildeger stapfte dicht hinter seinen Leuten, Umhang und Tunika sorgsam geschürzt und den breiten Strohhut gegen die stechende Sonne auf dem Kopf, und der kleine, dicke Händler fluchte und schimpfte lautstark, wenn er wieder über einen der großen Steine in der Furt gestolpert war und sich die bloßen Füße in den ledernen Sandalen schmerzhaft angestoßen hatte. Die Gruppe war schon fast am anderen Ufer angelangt, als sie in einem Tümpel vor dem Ungarnlager einige Männer kopfüber in die Lecha springen und eifrig schwimmen sahen, und Hildeger schüttelte bei diesem Anblick verwundert sein Haupt, denn wie die meisten Baiern oder Schwaben konnte er sich kaum über Wasser halten und mied die tiefen Gewässer. „Wie die Otter!“ murmelte er vor sich hin, und Riwin berichtete ihm eifrig, daß die Ungarn fast alle sehr gute Schwimmer waren und kein noch so breiter Fluß oder See sie jemals aufhalten konnte.
    Das Zeltlager war nahe genug am Ufer der Lecha aufgebaut, um bei diesem heißen Wetter genügend Wasser für Mensch und Tier zur Verfügung zu haben, auf einer hellen Lichtung oberhalb der dichten Flußböschung standen mehr als ein Dutzend kleine Zelte aus zugespitzten Holzstangen und rohen Ästen, bedeckt mit geölten Häuten und den Fellen der verschiedensten Tiere. Schwere Filzdecken, Schaffelle und Sättel lagen in Haufen beieinander, daneben Sattelzeug wie lederne Trensen mit verzierten Beschlägen, Steigbügel aus Metall, geflochtene Gurte, Lederstiefel und bunt gewebte und bestickte Satteldecken. Überall in diesem Lager weideten Pferde zwischen Zelten und  Sattelhaufen, einige von ihnen mit Fußfesseln versehen oder angepflockt, andere völlig frei und ungehindert. Die Tiere waren klein, aber sehr kräftig, mit kurzem Hals und von graubrauner Fellfarbe, vom Genick bis zur Schweifwurzel lief über den ganzen Rücken ein schwarzer Strich im dichten Fell, und die fülligen Mähnen und der meist bodenlange Schweif waren genauso dunkel wie die eigenartige Zeichnung auf den Pferderücken. Niemand schien sich sonderlich um die frei herumlaufenden Tiere zu kümmern, nur wenige Männer saßen neben den Zelten oder Sattelbergen auf der Erde und reparierten Zaumzeug oder fertigten Stoßlanzen und Pfeile, und ein Stück vom Ufer entfernt unterhielten ein paar Ungarn ein großes, offenes Feuer, von dem schon bald der würzige Geruch nach gebratenem Fleisch durch das Zeltlager zog.
    Hildeger hatte seinen Wagen und die beiden Knechte unten am Fluß zurückgelassen und bahnte sich jetzt mit dem Jungen einen Weg zwischen Pferden und Haufen zum Zelt des Anführers, das am höchsten Punkt des Lagers stand und durch viele vor dem Eingang in den Boden gesteckte, farbige Fahnen leicht auszumachen war. Die kleinen, barfüßigen Krieger in einfachen Hosen und mit nacktem, braungebranntem Oberkörper, denen der rundliche Händler und der Bub begegneten, beachteten die unbewaffneten Fremden nicht weiter, und nur einmal winkte Riwin einem Mann, den er kannte und mit dem er schon gesprochen hatte.
    „Wieviele Barbaren leben denn hier im Lager?“ fragte Hildeger leise, „allzuviele können es nicht sein, denn ich zähle höchstens ein Dutzend kleine Zelte, aber leicht das Zehnfache an Pferden und Waffen! Nächtigen die übrigen Männer im Dorf, oder stoßen sie erst später und zu Fuß wieder zu ihrer Truppe?“
    Riwin mußte lachen. „Man merkt, daß du nur ein Händler bist und nichts von der Kriegsführung verstehst! Weit über hundert Krieger zählt die Truppe von Arpad, wenn du auch nur ein Dutzend Zelte siehst und im Augenblick nicht viele Ungarn im Lager sind! Es gibt doch nicht für jeden Mann ein Dach über dem Kopf, sondern nur für die Anführer und die verderblichen Vorräte, die sie mit sich führen, oder für die kostbaren Schätze aus Klöstern und Kirchen, die sie auf ihren Raubzügen erbeutet haben! Die meisten Krieger schlafen auf der harten Erde neben ihrem Pferd, den Kopf auf dem Sattel und im Winter bedeckt von einer rauhen Filzdecke oder einem Stück gegerbten Leder, wenn es regnet. So können die Männer jederzeit aufbrechen und davon reiten, falls Gefahr droht oder ihre Späher ein lohnendes Ziel entdeckt haben, und deshalb tauchen sie immer wieder so schnell auf wie ein plötzlich heraufziehendes Gewitter, plündern und rauben und

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