Mein Name ist Afra (German Edition)
man ihnen trauen kann, Arbeo?“ fragte Hildeger unsicher und schaute zu dem gut einen Kopf größeren Mann hinauf, dabei hielt er mit einer Hand den aus grobem Stroh geflochtenen, breitkrempigen Hut fest, den er zum Schutz gegen die stechende Sonne auf seinem vollkommen kahlen Schädel trug.
Arbeo lachte auf. „Sie werden dich vierteilen und auf ihrem Lagerfeuer braten, Hildeger, fett wie du bist! Nein, es sind Verbündete, Gefolgsleute unseres Grafen und Herzogs, jedenfalls sind sie es heute noch, denn was unsere hohen Herren morgen wieder beschließen werden, das weiß Gott allein, und womöglich ankern dann die Nordmänner mit ihren Drachenschiffen auf der Lecha und wir sollen den Met aus hirnenen Schalen mit ihnen saufen!“
Als er aber in das betroffene Gesicht des dicken, kleinen Mannes sah, wurde Arbeo wieder ernst und fuhr mit ruhiger Stimme fort. „Nein, nein, Händler, mach´ dir keine Sorgen! Die Ungarn sind lustige und freundliche Leute, mit denen sich gut trinken und feiern läßt! Einige von ihnen sind Christen seit ihrer Kinderzeit, und sie sprechen unsere Sprache so gut wie ihr eigenes Kauderwelsch, das jedes anständige Ohr verletzt und fast nur aus unverständlichen Silben besteht. Sie sind wild und neugierig und haben etwas rauhe Gewohnheiten, und ihre derbe Art, miteinander zu scherzen, wird dir sicher nicht gefallen! Bei den regelmäßigen Reiterspielen und Scheinkämpfen, die sie dort drunten veranstalten, fließt das Blut oft dunkelrot in den Sand, und mancher Knochen splittert wie eine dünne Holzstange, aber das hindert nicht einen dieser Ungarn daran, voller Begeisterung mitzumachen und seine Kräfte nach bestem Vermögen mit den anderen zu messen. Sie werden dir deinen gesamten süßen Wein abkaufen und dich gut dafür bezahlen, denn Geschmeide und Juwelen besitzen sie reichlich, die Anführer tragen Bänder aus purem Gold um den Hals und ihre Kleider sind aus farbigen Seidenstoffen, am Saum über und über mit goldenen Münzen und klingenden Schellen bestickt!“
Die beiden Männer hatten sich vom Steilufer abgewandt und gingen langsam nebeneinander zum Gutshof zurück. „Wer unter uns hätte gedacht, daß wir jemals mit diesen Barbaren Handel treiben und sogar verbündet sein würden?“ überlegte Hildeger nachdenklich, „zwar ist es schon viele Jahre her, daß sie in Pitengouua gemordet und geplündert haben, und es sind sicher nicht die gleichen Männer wie damals, aber es verwundert mich doch, daß der alte Wezilo und der Meier und der stolze Haslachbauer sich mit den Reiterführern um einen Tisch setzen!“ Arbeo blieb stehen. „Wezilo hat das auch bis zum heutigen Tag noch nicht getan, er steht treu auf der Seite seines Bischofs und verteufelt das Bündnis mit den Ungarn, aber wer hört schon auf einen unversöhnlichen Greis, der von früheren Zeiten erzählt und keinerlei Macht oder Einfluß mehr hat! Der Meier Leonhard, die Haslachbrüder und mein Bruder und ich aber folgen dem Willen unseres Grafen Roudolf und des Herzogs Heinrich, und wir haben die Fremden in unserem Gau aufgenommen und erlauben ihnen die Jagd und das Fischen in unseren Flüssen und Seen. Wer sich in Baiern nicht dem Aufstand und dem Bündnis mit den ungarischen Reitern angeschlossen hat, der wird von Horden mit einigen hundert Kriegern überfallen und geplündert, und die Hörigen werden alle als Sklaven ins Feindesland verschleppt! Herzog Konrad von Lothringen hat die Ungarnführer in Worms feierlich empfangen und bewirtet, und wie man hört, so manchen anrüchigen Handel gegen den König mit ihnen vereinbart, genauso wie Pfalzgraf Arnulf und sein Sohn Perchtold, und wir hier im Gau können unseren Herren nicht nachstehen, sondern müssen uns ihren Entscheidungen unterwerfen! Darum trinken und feiern und verbrüdern wir uns mit den alten Feinden und nützen ihre Unterstützung, solange dieser Krieg dauert und solange unser Graf es befiehlt.“
Der Händler nickte zustimmend zu den Worten des Dornauers, denn es war für ihn ganz natürlich, daß ein Bauer und Gefolgsmann seinem Herrn immer zu gehorchen hatte, gleich ob es ihm paßte oder nicht. Richtig wohl war ihm aber nicht bei den vielen Ungarn im Gau, denen er als schlichter Händler mit nur wenigen Sklaven hilflos gegenüber stehen würde, und so bat er den Gutsherrn um einen Begleiter und sicheres Geleit in das Lager an der Lecha.
Freundlich klopfte Arbeo dem kleinen Mann auf die Schultern. „Ich werde Riwin mit dir schicken, den kennen die
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