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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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mit belegter Stimme, „ ich sehe Entsetzen und Tod in Pitengouua, weinende und trauernde Menschen voller Verzweiflung, und weiß doch nicht, wie ich es verhindern kann. Froh bin ich nur darüber, daß Richlint und du morgen den Gau verlassen werdet, und ich bin mir sicher, daß ich euch heil und ohne Schaden wiedersehen werde, euch beide betreffen die grausigen Zeichen nicht!“
    Richlint und ich waren sprachlos nach den Worten von Justina, wir konnten uns unter schrecklichen Vorzeichen nichts vorstellen und bedrängten die junge Frau, uns genau zu berichten, was sie gesehen hatte und welches Unheil auf das Dorf zukommen sollte.
    „Welcher Art das Unglück sein wird, darüber kann ich euch nichts sagen, weil ich es selber nicht weiß und deshalb auch keine Vorsorge treffen kann. Vor zwei Tagen hatte eine meiner Ziegenmütter eine Totgeburt, ein Zicklein mit zwei Köpfen und sechs Beinen, und bei der schweren Geburt wäre die Ziege ohne meine Hilfe beinahe selber eingegangen. Als ich das arme, kleine Wesen aus dem Mutterleib herauszog, schaute es mich mit einem tiefen, weisen Blick aus sammetbraunen Augen an und starb, bevor es den ersten Atemzug getan hatte. Dieses seltsame Geschöpf war das erste Zeichen der Göttin. Dann trug ich das tote Tier aus dem Stall in den hinteren Hof, wo ich all meine treuen Begleiter begrabe, und während ich eine Grube schaufelte, bewölkte sich der Himmel über mir und es begann leicht zu regnen. Die Katzen und mein Hund Cimbro, die mich zum Friedhof begleitet hatten, verschwanden ganz plötzlich und völlig lautlos im Haus, und als ich auf das tote Zicklein schaute, dessen weit offene Augen leblos in den Himmel starrten, sah ich dunkelrote Tropfen ins lockige, helle Fell fallen, auf die starren, weißen Augäpfel und das zarte, weiche Maul. Es regnete Blut, und das war das zweite der Zeichen von Vanth, und ich begann, mir große Sorgen zu machen. Nachdem das Zicklein in die Grube gebettet und sorgfältig mit Erde bedeckt war, ging ich zu den übrigen Ziegen in den Stall zurück, um die feinfühligen Tiere zu beruhigen und sie wie jeden Tag zu melken, ein vertrautes Zusammensein, das wir sonst immer sehr genossen. Aber an diesem Abend waren alle von einer fürchterlichen Unruhe, meckerten laut, wollten nicht stillstehen und nicht einmal gestreichelt werden. Für das Melken brauchte ich doppelt solange wie sonst, und als ich den Katzen ihre Schale mit der noch warmen, frischen Ziegenmilch hinstellte, auf die sie immer ganz gierig waren, schnupperten sie nur kurz daran und wandten sich dann entschieden davon ab. Verwundert über das Verhalten der Tiere kostete ich die Milch, und sie war sehr sauer und wässrig, mit einem Geschmack nach Moder und Verfall, als ob sie hunderte von Jahren alt wäre und nicht gerade in diesem Augenblick frisch gemolken. Das war das dritte Zeichen meiner Göttin, und ich begann zu verstehen, was sie mir sagen wollte.“
    Mit großen Augen hatten Richlint und ich Justina´s Bericht zugehört, und tiefe Angst lag in der Stimme von Richlint, als sie genauer nachfragte. „Aber was hast du verstanden von diesen seltsamen Geschehnissen, Justina, was wollte die Göttin dir denn sagen, vor was hat sie dich gewarnt? Ich weiß, daß ein Kalb mit zwei Köpfen ein Zeichen für Unglück auf dem Hof ist, aber von Blutregen und frischer Milch, die sofort sauer wird, habe ich noch nie gehört!“
    „Die Zeichen sind klar und einfach, ich kann sie für euch deuten. Das Unglück wird in vier Tagen geschehen, denn das Zicklein hatte sechs Beine, und zwei Tage sind seit seiner Geburt schon vergangen. Fremde Wesen werden kommen, wie wir sie noch nie gesehen haben, unheimlich und furchterregend, wie das Tier mit den zwei Köpfen. Dann folgt der Tod, auch für Unschuldige und Neugeborene wie die kleine Ziege, und mit dem Tod kommt das Blut, soviel Blut, als wenn es regnete! Danach folgt eine bittere Hungersnot, und nicht einmal die Katzen haben genug zu fressen, das sagt uns die saure Milch mit dem Geschmack nach Verfall, und es wird viele Jahre dauern, bis wieder alles wie vorher ist! Aber ihr beiden sollt´ euch nicht zu sehr ängstigen, denn ihr verlaßt ja morgen früh Pitengouua und im Staphinsekloster wird euch sicher nichts geschehen!“
    Diese Aussicht konnte uns nicht beruhigen, denn wir hatten jetzt große Angst um Pitengouua und unsere Familien und Nachbarn, die doch nicht mitreisen würden, und natürlich um Justina, die ganz allein auf dem alten Gut im Weinland

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