Mein neues Leben als Mensch (German Edition)
Deutsch und in Frauenschrift. Glaube ich: nicht. Wahrscheinlich ist er noch nie mit Turkish Airlines geflogen, weil er bestimmt ein eigenes Flugzeug hat mit hervorragendem Stil.
Überhaupt sind mir Prominente in der Werbung suspekt. Trinkt Michael Schumacher wirklich Mineralwasser aus Bad Vilbel? Isst Alfons Schuhbeck den mit Rindfleischextrakt vermengten Fischfond, für den er warb? Trägt Oliver Geißen Schuhe von Deichmann? Nur Mike Krüger nimmt man seine Betätigung als Heimwerker für einen Baumarkt mühelos ab, zumal er Betonbauer gelernt hat und auch so aussieht. Ansonsten sind Vorsicht und Misstrauen angebracht.
Mit dieser Maßgabe habe ich soeben die Post durchgesehen, und dabei fiel ein Schreiben besonders auf, denn darauf stand: «Wichtige Mitteilung von Ulrich Wickert.» Da fühlt man sich natürlich auf Anhieb geehrt. Mönsch! Post vom Wickert! Beim zweiten Blick kommt man aber schnell darauf, dass es sich um Werbung handeln muss. Wahrscheinlich Jacques’ Weindepot. Oder ein Käseversandhaus. «Kaufen Sie jetzt fünfzig Kilo Reblochon De Savoie für nur 1600 Euro und gewinnen Sie ein Glas von dem hervorragenden Fischfond, den ich mit Alfons Schuhbeck selber eingekocht habe. Ihr Ulrich Wickert.» Tatsächlich handelte es sich aber um Werbung für die Übernahme von Patenschaften in der Dritten Welt. Muss man vielleicht doch genauer durchlesen. Und dabei eine kleine Tasse Espresso trinken. Schlürf, schlürf. Hervorragender Stil. Vielen Dank. Ihr Kevin Costner.
In der Twilight-Zone
Wir haben als Eltern nicht immer versagt. Einige der schlimmsten Bedrohungen, die man meistern muss, haben wir entschlossen – mit einigem Mut zur Konfrontation – und letztlich erfolgreich abgewehrt. Die Diddl-Maus zum Beispiel. Es gab eine Zeit, in der meine Tochter sich vor unseren Augen entleibt oder sogar ihre Haare gewaschen hätte, um Briefpapier, Kopfkissen oder wenigstens einen Radiergummi mit der Abbildung dieses durch radioaktive Bestrahlung auf das schlimmste mutierten Nagers zu bekommen. Aber wir blieben hart. Und wir kauften auch kaum Wilde-Kerle-Scheiß und erfreulich wenig Prinzessin-Lilifee-Kram. Irgendwann hatten sich diese Themen, dürre Schwefelfähnchen zurücklassend, verzogen und wurden altersgemäß aktualisiert. Nun zieht gerade ein Vampirsturm auf. Unser elfjähriges Pubertier Carla hat sämtliche «Biss»-Bücher gelesen und lechzt nun nach dem neuen Film wie deren Hauptfiguren nach frischem Blut. Carlas Bildschirmschoner sieht aus wie ein Grabstein mit dem Konterfei des leidenschaftlichen Untoten Edward Cullen, der sich zur Freude aller Mädchen lediglich von Tierblut ernährt und von dem daher keinerlei Gefahr ausgeht, es sei denn, man ist das Meerschweinchen eines in ihn verliebten Mädchens.
Unser Einfluss schwindet jedenfalls zusehends, zumal das Kind, das noch vor wenigen Jahren auf meinem Bauch saß, um mir alles über ihre Polly-Pocket-Welt zu erzählen, inzwischen tendenziell maulfaul und übelnehmerisch auftritt. Das macht mich zunehmend nervös.
Unser Sohn Nick ist von diesem Stadium noch weit entfernt. Er lebt für die zahlreichen Comics, die mit sinnlosem Spielzeug aufgepimpt im Supermarkt liegen, um von ihm erjammert zu werden. Letzte Woche ergatterte er ein Heft mit beigeklebtem «Spion-Set», und ich entdeckte es tags darauf komischerweise in unserem Kleiderschrank.
Zur Agentenausrüstung gehörte auch eine Art Hörrohr, mit dem man angeblich durch Wände und Türen lauschen kann. Es funktioniert! Ich probierte es aus und hielt es an die Zimmertür unseres weiblichen Vampirs in Ausbildung. Sie telefonierte mit einer Freundin. Hochinteressant. Es ging in etwa um Folgendes: Moritz hat also in der Pause mit seinem Fingerboard vor ihr rumgefuchtelt, aber sie hat ihm gesagt, dass man Mädchen nicht durch Fliptricks auf so einem winzigen Skateboard beeindrucken könne und dass das auch wieder so typischer Jungsquatsch sei, und da ist Moritz abgezogen, und dabei findet sie ihn in Wahrheit endsüß. Und eigentlich hat er ihr leidgetan, aber so sind nun einmal die Regeln, kann sie auch nicht ändern. Hallooo? Und neulich hat die doofe Ricarda versucht, ihn anzumachen, das war auf dem Ausflug, wo er nichts zu trinken dabeihatte und Ricarda hat ihm was angeboten. Er hat das alles ausgetrunken und dann noch die Frechheit gehabt, Carla damit zuzuprosten, voll albern, aber sie hat sich ziemlich geärgert. Sie hat auch Gefühle! Jedenfalls hat Moritz heute total süß gefragt, ob sie
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