Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Onkel Ferdinand

Mein Onkel Ferdinand

Titel: Mein Onkel Ferdinand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
lachte, wie ich ihn noch nie gehört hatte. Es war ein hysterisches und völlig überreiztes Gelächter. Sein Gesicht wirkte dabei wie eingefroren, und ich befürchtete ernsthaft, es könne ihm etwas zustoßen.
    »Ferdinand!« schrie Mutter den Onkel an, »siehst du denn nicht, daß du Georg und uns alle einfach unmöglich machst, wenn du im Savoy mit einem Bauchladen und mit einer roten Uniform...«
    Aber Onkel Ferdinand schnitt ihr das Wort vom Munde ab: »'tschuldige schon, Mathilde«, sagte er gekränkt, »erstens handelt es sich um einen blauen Frack, und zweitens wollte ich nicht sagen, daß du unrecht hast, wenn es sich um irgendein Bumslokal handeln würde. Aber das Savoy ist ein piekfeines Hotel, wo die besten Leute drin verkehren!«
    In diesem Augenblick hörte mein Vater zu lachen auf. Dafür ging es jetzt bei meiner Mutter los, nur um zwei volle Oktaven höher. Onkel Ferdinand wurde unruhig und sah meine Eltern ein wenig ratlos und ängstlich an. Und dann tat er, als begänne ihm langsam, ganz langsam, etwas aufzudämmern.
    »Ach so...«, murmelte er bekümmert, »ihr meint wohl, daß es im Grund auf die gleiche Geschichte herauskommt wie damals, als ich hier im Zirkus als Käpt'n Bullerjahn und so weiter und so weiter... Ehrlich gesagt, ich verstehe es heute noch nicht, wie ihr euch darüber so aufregen konntet. Es war doch eine prima Nummer...« Er stöhnte, rieb sich die schwere, rötlichblaue Nase und sah verwirrt und unglücklich aus.
    »Das Geld, das liebe Geld!« seufzte er, »da liegt der Hund begraben. Seht einmal: die zweihundert Rubel fürs Savoy bringe ich gerade noch auf. Ja, du lieber Himmel, wenn ich fünfhundert Piaster auf der Hand hätte, das wäre natürlich eine ganz andere Geschichte! Ruhige, vornehme Bürotätigkeit... Sozusagen eine gesellschaftliche Stellung. Und nicht zu vergessen, auch im Hinblick aufs Puttputtputt glänzende Aussichten.«
    Er ließ den Kopf trübe hängen. Dafür kam meinem Vater langsam wieder die Farbe ins Gesicht zurück.
    »Bürotätigkeit?« fragte er noch ziemlich matt, aber mit erwachendem Interesse, »hm, um was handelt es sich denn dabei eigentlich?«
    Aber Onkel Ferdinand wehrte mit einer entsagenden Handbewegung ab: »Laß es gut sein, Schwager, die Sache ist zu teuer. Obwohl, das muß einmal klipp und klar gesagt werden, fünfhundert Piepen in diesem Fall einfach ein Dreck sind, ein feuchter Kehricht, ein Pappenstiel...«
    »Klingel doch mal, bitte, Mathilde«, bat mein Vater. »Minna soll den Steinhäger und drei Gläser bringen. Nicht wahr, Ferdinand, du nimmst doch einen mit uns?«
    Onkel Ferdinand nickte düster: »Nun ja, in Gottes Namen, wenn es durchaus sein muß...«
    Mutter griff nach der Bemsteinglocke unter der Lampe und läutete. Und schließlich brachte Minna den Steinhäger und die Gläser, und Vater schenkte ein und prostete Onkel Ferdinand zu: »Nun wollen wir erst einmal auf deine glückliche Heimkehr anstoßen, mein lieber Ferdinand«, sagte er mit knirschender Liebenswürdigkeit, »und vielleicht rauchst du auch eine Zigarre, wie?«
    Jawohl. Onkel Ferdinand rauchte seine Zigarre an, er trank auch den zweiten Schnaps und hatte auch gegen den dritten nichts einzuwenden. Dazwischen schwadronierte er ein bißchen von seinen Heldentaten in Buenos Aires und Verakruz, und nach dem fünften Gläschen kam mein Vater wieder vorsichtig auf das alte Thema zurück.
    »Sei nicht so hartnäckig, Ferdinand«, bat er mit einer Stimme, die einen Eisblock zum Schmelzen gebracht hätte, »und laß uns über deine Angelegenheiten noch einmal in aller Ruhe sprechen. Du weißt, wenn du vernünftige Vorschläge zu machen hattest, habe ich dir noch immer gern aus der Patsche geholfen. Also, sei kein Frosch...«
    Aber Onkel Ferdinand schüttelte traurig den Kopf: »Zu oft, Schwager, eben zu oft!« sagte er gerührt und kippte den sechsten Schnaps mit elegantem Schwung in die Kehle. »Ich habe mir deine Worte von vorhin zu Herzen genommen. Es ist wirklich eine Schande, wie oft ich dich angepumpt und leider Gottes enttäuscht habe. Jetzt ist Schluß damit! Endgültig und für immer! Und sieh einmal, alter Junge, die zwohundert Sternchen für den Posten im Savoy treibe ich leicht auf. Da greift mir mein Freund Oskar ohne mit der Wimper zu zucken unter die Arme. Weshalb soll ich dich also in Anspruch nehmen? Außerdem... Ich habe dir zwar erzählt, daß ich für die andere Sache fünfhundert Hühnerchen brauche. Nun ja, das stimmt ja auch, soviel hätte ich

Weitere Kostenlose Bücher