Mein skandaloeser Viscount
den Kuss vertiefte. Wohlige Schauer durchfluteten Victoria, und sie schmiegte sich enger an ihn. Remington stöhnte, während er mit seinen kraftvollen Händen ihren Rücken, ihre Hüften streichelte, bevor er ihr Gesäß durch das dünne nasse Nachthemd umschlang.
Entsetzt kam sie zur Besinnung. Sie war entschieden zu weit gegangen. Jäh beendete sie den Kuss und entwand sich seinen Armen. Ihre Kühnheit bewies ihr allerdings, dass sie zu sündigeren Empfindungen fähig war, als sie je geahnt hatte und folglich auch weit mehr verlieren könnte. „Genug.“ Sie fasste sich und gab sich ungerührt, obgleich ihr das Herz bis zum Hals klopfte. „Ist das Schicksal nun zufriedengestellt?“
Remington ließ mit geschlossenen Augen die Arme sinken. „Das Schicksal wünscht, dass Sie es wieder tun.“
Sie lachte unsicher und trat einen Schritt zurück. „Nein, danke. Mein Vater schickt mich nach Schottland in die Verbannung, wenn er davon erfahren würde. Und was dann? Dann würden wir uns nie wiedersehen.“
Er schlug die Augen auf und sah sie an, sein Brustkorb hob und senkte sich unter seinen erregten Atemzügen, seine Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem nassen Hemd ab. „Sie wollen mich also wiedersehen? Warum?“
Ihre Wangen glühten. „Nun … ich mag Sie. Ich habe Sie immer gemocht. Das sollte Ihnen doch klar sein.“
„Sie mögen mich?“ Seine Stimme klang heiser und schroff. „Ich mag Banbury Cakes, habe aber nicht den Wunsch, sie zum Altar zu führen, ihnen meinen Namen zu geben und ihnen Kinder zu schenken. Ich muss es wissen. Was empfinden Sie wirklich für mich, Victoria? Sagen Sie es. Abgesehen von mögen? Dieser Kuss hat mir gezeigt, dass Sie mehr für mich empfinden.“
Überfordert blickte sie ihn an, hatte sich in eine außerordentlich missliche Situation gebracht. Er versuchte, ihr ein Versprechen zu entlocken. Mrs Lambert würde einen Ohnmachtsanfall erleiden. „Sie können von einer Dame nicht erwarten, ihre Gefühle preiszugeben.“
„Falls Sie und Mrs Lambert der Meinung sind, ich hätte ehrlose Absichten, haben Sie beide keine Ahnung, wer ich bin.“ Er musterte sie im schwachen Schein der Kerzen. In die nächtliche Stille drang nur das Prasseln des Regens gegen die Fensterscheiben. „Stecken Sie den Ring meiner Mutter an Ihren Finger? Oder leugnen Sie Ihre Gefühle für mich?“
Ihn zu küssen war ein unverzeihlicher Fehler gewesen, denn nun schien er zu denken, sie sei verliebt in ihn. Bei all ihrer Jugend wusste sie, dass Versprechen die Gefahr in sich bargen, einen jeglichen Sinn für die Realität verlieren zu lassen. Ihrem eigenen Vater war es vor Jahren ähnlich ergangen. „Ich trage Ihren Ring heute Nacht, um Sie meiner Zuneigung zu versichern, und werde ihn morgen vor Ihrer Abreise zurückgeben. Aber das ist alles, was ich Ihnen zusagen kann.“
„Nein. Ich möchte, dass Sie den Ring bis zu meiner Rückkehr aus Venedig tragen.“
„Das würde weit mehr bedeuten, als ich in der Lage wäre, Ihnen oder jedem anderen Mann zu gewähren. Ich bitte Sie, sprechen Sie mit niemandem über unsere Begegnung. Auch nicht mit Grayson.“
Sanft legte er ihr einen Finger an die Lippen. „Ich spreche mit keiner Menschenseele darüber. Von heute Nacht an bin ich Ihr Beschützer und werde es immer bleiben.“ Er ließ die Hand sinken, ohne den Blick von Victoria zu wenden.
Ihr war, als verkündete er stumm, dass sie von nun an ihm gehöre. Ihm ganz allein.
Sie schluckte unwohl. „Wenn dies tatsächlich Ihr Ziel ist, Remington …“
„Das ist es. Glauben Sie mir, das ist es. Bei Gott, ich bin …“
„… So schlage ich vor, Sie beweisen es mir in sieben Monaten. Keinen Tag früher. Gute Nacht.“ Sein glühender Blick trieb ihr Schauer über den Rücken. Sie machte kehrt und eilte die Treppe nach oben.
In ihrem Zimmer verriegelte sie mit bebenden Fingern die Tür, streifte ihre nassen Sachen ab, schlüpfte in ein frisches Nachthemd und kroch unter die Bettdecke.
Bangen Herzens betastete sie den Ring in ihrer Hand und flehte inständig, Flint möge vor dem Unwetter Zuflucht gefunden haben und diese Schreckensnacht heil überstehen. Nicht auszudenken, wenn ihrem Hündchen ein Unglück zugestoßen war, während sie sich hatte hinreißen lassen, einen Mann zu küssen.
Sie führte ihre Hand an die Lippen und flüsterte dem funkelnden Rubin zu: „Bitte, bitte bring mir Flint wieder wohlbehalten zurück.“
Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, dass etwas geschah.
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