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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Schwaiger
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dem Leopold seine einzige Hoffnung. Ein Mann braucht einen Sohn.
    Aber eifersüchtig war die Gisi nie! Im Gegenteil. Schon als kleines Kind hat sie alles ihrem Bruder geschenkt. Gisibisi, sag ich, merkst du denn nicht, daß er dich ausnützt? Aber sie ist wie ich. Immer nur geben. Ich glaub, der Leopold weiß oft gar nicht, was er an mir hat. Weil es solche Tage gibt, wo man von seinem Mann ja nur Grobheiten einstecken darf! Aber er ist der Mensch, zu dem ich aufblicken kann. Mein Gott, wie verliebt man war! Das ist halt schade, daß man solche Gefühle nicht mehr erleben kann ...
     
    Lieb ist er! Herzig. Und so brav. Man möchte es nicht glauben, was für ein gutmütiges Kind das ist. Nein, nicht schreien jetzt! Na, was ist denn mit dir? Nicht den Opa aufwecken, du Hascherl, du patschertes. Ich bin ja bei dir. Deine Omi ist ja da! Die Omi wird dir gleich das Flascherl bringen. Weil du einen Hunger hast, du Zwergerl, du armes, gelt? Ja, brav bist du. Alles verstehst du schon, gelt? Und schaust so intelligent aus. Der Leopold sagt es auch. Nicht, weil es sein Enkerl ist, aber er hat einen intelligenten Blick. Auch die Kopfform ist ausdrucksvoll. Ich finde überhaupt, er schaut ganz dem Leopold ähnlich. Ein Wunder, daß er nicht aufgewacht ist. Ich hab immer Angst, wenn der Kleine schreit. Weil der Leopold ja so notwendig seinen Mittagsschlaf braucht. Vier schwere Grippen hat er jetzt und drei Karzinome. Und er, immer so gewissenhaft. Ich sag oft zu ihm: Du, sag ich, wenn alle Ärzte so wären wie du, dann täte es anders ausschauen auf der Welt. Beim Buben machen wir uns direkt Sorgen. Er zeigt so wenig Idealismus. Wenn ich fertig bin, sagt er, mach ich den Facharzt, der das meiste einbringt. Was, ist ihm gleich. Hauptsache, er kann sich dann alles leisten. Sicher, das ist auch eine Einstellung. Unrecht hat er nicht. Und der Leopold sagt, immer noch besser, als wenn er sich von den Patienten ausnützen läßt. Was kriegt man denn heute für einen Krankenschein? Naja, und der Bub hat die Neigung zum Beruf, und gleichzeitig bleibt er auf dem Boden der Tatsachen. Das ist eine vernünftige Mischung. Nur die Gisi. Das ist und bleibt unser Sorgenkind. Ich glaube, ich muß da etwas unternehmen. Der Leopold sagt, sie soll dort bleiben, bis man festgestellt hat, was los ist mit ihr. Aber mir läßt es keine Ruhe. Als Mutter leidet man mit. Und der Leopold meint, es war eine Stillpsychose. Es war halt zuviel für sie. Der Kerl hat sie nach Strich und Faden ausgenützt. Die Mitgift, die war ihm gerade recht. Aber kann man das eine Ehe nennen? Nie daheim, die Frau mit dem Kind sich selbst überlassen, und ihr vorwerfen, daß sie ihn hineingelegt hat? Mein Gott, hab ich einen Haß auf diesen Menschen. Aber was will man. Wenn einer aus dem Hilfsarbeitermilieu kommt, darf man nichts anderes erwarten, sagt der Leopold. Deswegen haben wir auch die Scheidungsklage eingereicht. Aus dem zweiten Stock springen! Der Leopold sagt, sie war nervlich überreizt. Der Kerl verständigt leider nicht uns, sondern die Polizei! Ein Glück, daß sich das alles in Wien abgespielt hat. Leopold, sag ich, holen wir die Gisi nach Hause! Dort wird sie uns ja erst richtig krank. Bedenke doch die Zustände in den Nervenkliniken! Aber er meint, wir können jetzt die Verantwortung nicht übernehmen. Und die Leute würden ja reden, wie das so ist in so einem Nest. Gelt, du armes Hascherl. Mit dir muß ich jetzt ganz alleine fertig werden. Wie der Kerl dich gebracht hat. Total unterernährt. Eine Frechheit, einem ein Kind in so einem Zustand zu bringen, hat der Leopold gesagt. Aber jetzt schaust du gut aus, gelt? Weil ich dafür sorge, daß du wieder zu Kräften kommst. Was glaubst, wie ich dich mag, du kleiner Kasper. Und lachen tust auch schon im Schlaf. Weil du weißt, es geht dir gut, gelt? So was spürt ein Kind und so was braucht ein Kind, die Nestwärme!
     
    Wenn der Kleine nicht da ist, hab ich halt mehr Ruhe im Haus. Man möchte es nicht glauben, wie der alles auf den Kopf stellt. Und der Leopold macht halt keine Visiten mehr ohne seinen Maxi. Und der Bub hängt an seinem Opa, das kann man sich nicht vorstellen. Opa, Opa. Schon in aller Herrgottsfrüh kommt er aus seinem Betterl gekraxelt und legt sich zu uns. Naja, und der Leopold ...! Wenn er noch so müde ist, der Maxi darf halt alles. Zwickt ihn in die Nase, kratzt ihn auf der Glatze, versteckt sich unter seiner Tuchent ...! Hygienisch ist es ja nicht, aber es ist eben eine Affenliebe, die mein

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