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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Schwaiger
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lacht man darüber. Trotzdem! Was für Ängste man durchzustehen hat. Weil einem ja der Mann leid tut. Stolz wollen sie sein auf ihre Kinder, die Männer. Da sind sie alle gleich. Und wenn sie nicht stolz sein können, wollen sie gar nichts mehr von den Kindern wissen. Als Frau ist man irgendwie weicher. Man liebt seine Kinder, ob sie einem jetzt weh tun oder einen enttäuschen. Als Mutter kann man gar nicht anders. Mami, ich bring mich um, hat sie gesagt. Das arme Kind! Und erst der Leopold. Wenn da etwas passiert wäre! Man darf gar nicht daran denken. Und daß sie so lange nichts gesagt hat, war halt erschwerend. Im zweiten Monat oder im dritten, sogar im vierten hätte man noch etwas unternehmen können. Aber sie hat sich eben gefürchtet. Schlafen hat sie nicht mehr können, in der Nacht hat sie sich auf den Bauch geboxt, damit das Kind stirbt. Dann hat sie Angst gehabt, es wird ein Krüppel, weil sie es so geschlagen hat im Mutterleib. Arm war sie, die Gisi! Und jede Nacht wäre sie am liebsten eingeschlafen, um nicht mehr aufzuwachen! Oben auf dem Dachboden ist sie gestanden, hat sie gesagt, und hat überlegt, ob sie sich nicht ganz schnell durch die Luke stürzen soll. Und ich, ahnungslos, schimpfe noch mit ihr wegen der Schule. Daß ihr Vater sie nicht mehr mag, hab ich gesagt, wenn sie nicht ordentlich anzieht. Daß der Vati sich geniert für sie. Weiß Gott, was ich noch alles gesagt hab zu ihr, was einem halt so entgleitet im Affekt. Aber jetzt ist das Butzerl da, und sie ist verheiratet und alles in bester Ordnung. Nur, aufgeklärt war sie doch? Und wenn sie das Kind nicht gewollt hätte? Ich weiß es nicht … Einerseits, denk ich mir, hat sie das Kind sicher gewollt. Welche Mutter will ihr Kind nicht? Andererseits hat sie sich vor ihrem Vater gefürchtet. Der Leopold, das muß ich ganz ehrlich sagen, hätte nicht das Herz gehabt, bei seiner eigenen Tochter einen Eingriff vorzunehmen. Er ist ein Idealist. Und die Gisi wiederum behauptet, sie hat gar nichts gewußt. Erst wie sich das Kind bewegt hat. Ja, manchmal glaub ich wirklich selber, daß sie ein bisserl dumm ist. Oder naiv. Halt sehr naiv. Und dann ist es passiert. Drei Wochen nach der Überzeit kriegt sie die Regel, wie sie meint. Aber es war eine Scheinblutung! Was sie natürlich nicht wissen kann, weil es mir halt auch irgendwie widerstrebt, mit einem Kind über alle diese Sachen zu reden. Ich bin da zu romantisch. Ein bisserl Romantik muß man sich bewahren. Gerade heute. Und in der Schule werden diese Dinge ja behandelt. Ich mag jedenfalls nicht darüber reden. Wenn man darüber redet, wird es häßlich. Das ist wie mit dem Sehen. Wenn ich den Leopold so anschau, nackt. Ich weiß nicht … Ein nackter Mann ist nicht schön. Auf die inneren Werte kommt es an. Und die höheren Ideale. Das ist ja auch ein bisserl ein Problem jetzt mit dem – leider – Schwiegersohn. Wir hätten bestimmt einen anderen für sie ausgesucht. Aber der Leopold sagt, wichtig ist, daß das Kind einen Vater hat. So modern sind die Zeiten auch wieder nicht, daß man da einfach darüber hinweggeht. Und der Bursche ist ja soweit in Ordnung. Der Leopold sagt, Erbkrankheiten müssen wir keine befürchten. Er kommt aus einem bescheidenen Elternhaus, aber die Leute sind gesund. Und der Bursche wird sich schon hinaufarbeiten. Holzfachmann oder so, etwas mit Industrie jedenfalls, und der Leopold sagt, wenn er auch keine Matura hat, so ist es ja ein anderer Weg, den die gehen, die gleich eingeschult werden auf die Wirtschaft und so. Außerdem: der Charakter ist das wichtigste. Und der Leopold sagt, er ist anständig, er hat unsere Tochter zwar in Schwierigkeiten gebracht, aber die gute Gisela war ja auch nicht vollkommen unbeteiligt. Und der Bursche hat die Konsequenzen gezogen. Lieber hab ich eine Tochter, die mir so was antut, als daß dem Poldi etwas in dieser Art passiert! Fesch, wie er ist. Es gibt ja genug Studentinnen, die nur studieren, damit sie sich einen Akademiker fangen. Und das Kind ist ein Bub. Auch ein Glück. Und Hauptsache, der Leopold hat es überstanden. Schau, hab ich zur Gisi gesagt, schimpfen tu ich nicht mit dir, weil du deine Strafe schon hast. Mami, hat sie gesagt, ich bin ja so froh, daß der Vati das überlebt hat. Und geniert hat sie sich vor dem Poldi! Wie Geschwister so sind. Sicher, ich hab den Bubi immer ein bisserl verwöhnt. Ein Sohn ist halt ein Sohn. Da hilft alles nichts. Zur Tochter hat man dafür die engere Bindung. Und der Poldi ist halt

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