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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rose
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kommst gelegentlich in die Praxis«, erklärte er. »Wenn die Vorzimmerdame Urlaub hat oder krank ist. Da es meine eigene Praxis ist, sparen wir auf diese Weise Geld für Zeitarbeitskräfte, und ich muss ihnen nicht lang und breit erklären, was sie zu tun haben, wenn ich bei einem Patienten bin.«
    »Du bist Arzt?«, fragte ich überrascht. Ich hatte mich eigentlich für ganz geschickt darin gehalten, herauszufinden, worin Leute sich hervortaten. Einen sonderlich geduldigen oder einfühlsamen Eindruck hat Grant bisher nicht bei mir hinterlassen. Wenn überhaupt, dann wirkte er auf mich reichlich nervös, andererseits hatte ich ihn bislang auch nur unter schwierigen Umständen erlebt.
    »Ich bin Zahnarzt«, erwiderte er kraftlos. »Und spezialisiert auf Kieferorthopädie, privat natürlich«, setzte er hinzu.
    Natürlich, dachte ich, jetzt machte es Sinn. Zwar musste er sich am Behandlungsstuhl immer noch gut verkaufen können, doch sah er seine Patienten nicht oft genug, um mit ihnen ein gutes Verhältnis aufbauen zu müssen.
    Ich blickte in das geschmackvoll ausgestattete Badezimmer mit seinem cremefarbenen Jacuzzi und Waschbecken, Toilette und Bidet in gleichem Ton. Hier war der Teppich von einem dunklen Kornblumenblau, und Lauren hatte passende Seifen, Kerzen und Vasen mit Seidenblumen hinzugefügt. Es war wunderschön. Ich fragte mich, wann Lauren die Zeit dazu fand, es zu benutzen, wo sie vier Kinder großziehen musste und auch noch einen Teilzeitjob ausübte.
    Ein krachendes Geräusch von unten ließ uns beide auf den Flur eilen. Grant stürmte, zwei Stufen auf einmal nehmend, nach unten und hob dort einen zerbrochenen Teller auf, der von dem hohen Bord auf den lackierten Telefontisch in der Diele gefallen war. Die Zwillinge kauerten in der Ecke, Teddy drückte noch immer seinen weichen Ball an sich, und Toby sah erschrocken drein.
    »Was ist hier los gewesen?«, wollte Grant wissen. »Wer war das?«
    »Er hat meinen Ball genimmt!«, erwiderte Teddy leise.
    Grant ging auf Toby los. »Du weißt, du sollst Teddys Ball nicht anfassen«, ermahnte er seinen Sohn. »Du darfst deinen Bruder nicht aufziehen. Das haben wir doch gesagt. Nun schau, was du angestellt hast, du hast einen von Mamas Tellern heruntergeworfen, dabei ist sie gerade erst nach Hause gekommen!«
    Ich nahm Grant die Scherben aus der Hand und fügte die beiden Hälften zusammen. »Das kann man bestimmt wieder zusammenkleben«, meinte ich. »Haben wir Sekundenkleber?«
    »Lauren«, meinte Grant mit kaum verhohlener Verbitterung, »der ist antik, Hunderte von Pfund wert. Ihn wieder zusammenzukleben bringt nichts. Er ist kaputt. Wozu sollte es gut sein, etwas aufzustellen, das nicht perfekt ist? Das taugt nur noch für den Abfalleimer.«
    Ich sah, wie das Licht in Teddys Blick erlosch, und erriet seine Gedanken. Er ließ den Kopf hängen, als wüsste er, dass er auch kaputt sei, unvollkommen, und insofern aus Sicht seines Vaters wertlos. Es tat mir im Herzen weh, und ich streckte die Hand nach ihm aus. »Wieso zeigst du mir nicht, wo du dein Spielzeug aufbewahrst?«, fragte ich.
    »Teddy hat kein Spielzeug, Mami«, platzte es aus Toby heraus, während Teddy meine Hand ängstlich beäugte. »Er mag nur seinen dummen Ball, weißt du.«
    »Schön, dann zeige doch du mir deine Spielsachen«, schlug ich Toby vor. »Und Teddy kann mitkommen und zuschauen.«
    Grant berührte mich am Arm, und ich wandte mich zu ihm um.
    »Hör mal, es tut mir leid. Augenblicklich bin ich nicht ich selbst. Es braucht Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Macht es dir was aus, wenn ich mich in mein Arbeitszimmer verziehe, um Papierkram zu erledigen?«, fragte er.
    Ich nickte, dabei fühlte ich mich bereits jetzt schon erschöpft. Die Brandwunden an Laurens Schulter fingen an zu scheuern. »Die Kinder werden mir bestimmt zeigen, wo alles ist«, sagte ich. »Ist ja nicht so, als wäre ich wirklich krank.«
    Er zögerte, aber ich versicherte ihm, wir kämen klar, und so verschwand er in einen anderen Teil des Hauses und aus meinen Gedanken. Ich folgte den Zwillingen ins Spielzimmer. Sophie und Nicole lümmelten mitten im Raum auf den Sitzsäcken und sahen sich in dem alten Fernsehgerät eine Spielshow an. Sophie tat so, als hätte sie mich nicht gesehen, aber Nicole sprang auf, kam her und ergriff meine Hand, während ich dastand und überlegte, was ich tun sollte.
    Es kam mir sonderbar vor, an einem Wochentag mitten am Nachmittag daheim zu sein, selbst wenn man das

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