Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben
»lesbischen Wuchtbrummensport« reduziert wird. Oftmals stehen der Sport und die vielen Erfolge nur im Hintergrund. Ich bin übrigens überzeugt davon, dass auch im Männerfußball genug homosexuelle Akteure spielen. Der Sport spiegelt unsere Gesellschaft wieder, da kann mir keiner erzählen, dass es in der Bundesliga keinen einzigen schwulen Spieler gibt. Klar, sich zu outen ist bei Fußballern wohl noch schwerer. Die Profis müssen ja immer den coolen Macker geben, maskulin bis in die Zehenspitze. Ich glaube, der erste hochkarätige Spieler, der sich zu seiner Homosexualität bekennt, würde für Furore sorgen. Danach aber wäre Ruhe. Es muss nur einer den ersten Schritt tun.
Ich stehe übrigens auf Männer. Manch einer wird jetzt sagen: Deshalb kann sie auch so locker und leicht über das Thema Homosexualität reden, sie ist ja nicht betroffen. So sehe ich es aber nicht. Ich fühle mich schon betroffen, wenn mein Sport auf etwas reduziert wird, was in der heutigen Zeit kaum der Rede Wert ist. Ich bin überzeugt davon, dass ein offenes Bekenntnis möglichen abenteuerlichen Interpretationen die Grundlage nehmen könnte. Derzeit würde ich übrigens schätzen, dass das Verhältnis zwischen homo- und heterosexuellen
Spielerinnen in der Frauen-Bundesliga ausgeglichen ist. Ich komme mit allen Spielerinnen klar – die sexuelle Neigung spielt da mal überhaupt keine Rolle.
Zurück zum Sportlichen: Mein Jugendtrainer beim FSC Mönchengladbach, Wolfgang Wassenberg, hat mich mehr oder weniger entdeckt. Entscheidenden Einfluss auf meine Spielweise aber nahm mein erster Trainer in Duisburg: Jürgen Krust. Er gab mir immer das Gefühl, dass er an mich glaubt. Er stachelte mich an, versetzte mir regelmäßig einen symbolischen Arschtritt, wenn es nötig war. Das brauche ich gelegentlich, er hat das gemerkt und mich stets angetrieben. Gut fand ich außerdem, dass er selbst mittrainiert hat, was authentisch rüberkam. Einen Trainer nehme ich vor allem dann ernst, wenn er die Übungseinheit mit absolviert. Natürlich hat mich auch Martina Voss geprägt. Sie war von Februar 2008 bis Sommer 2009 meine Trainerin in Duisburg. In meinem letzten Jahr für den FCR führte sie unsere Mannschaft zum UEFA-Women’s-Cup-Sieg und DFB-Pokaltriumph.
Jeder Coach hat seine eigenen Methoden, meine jetzige Nationaltrainerin Silvia Neid liebt beispielsweise Videoanalysen. Bis tief in die Nacht sammelt sie Material und zeigt uns am nächsten Tag unsere Fehler im Spiel. Zudem bereitet uns die Bundestrainerin mit Videos akribisch auf den jeweiligen Gegner vor, sagt genau, wo die andere Mannschaft ihre jeweiligen Stärken und Schwächen hat.
Mein erster Coach im Junioren-Bereich der Nationalmannschaften war Ralf Peter. Er hat mich jahrelang begleitet. Bei ihm wurde mir auch klar, wie wichtig Disziplin in einem Team ist, was mir vorher nicht so bewusst war.
Mit 14 Jahren wurde ich in die U-15-Nationalmannschaft berufen. Wieder einmal war die Niederrheinauswahl mein Sprungbrett. Mit diesem Team nahmen wir am Länderpokalspiel teil. Da spielen alle Bundesländer gegeneinander in der Sportschule Wedau. Und zu diesem Ereignis kommen immer viele Nationaltrainer. Das ist sozusagen eine Showbühne für talentierte Fußballerinnen.
Ralf Peter war dort und sah mich spielen. Er sprach mich sofort an und lud mich nach dem Länderpokal prompt zu einem Länderspiel ein. Das war in Troisdorf gegen Holland. Ich durfte sogar gleich spielen, Peter setzte mich auf der Position 10 ein.
Das war von Anfang an mein Bereich. Das ist im offensiven Mittelfeld eine Art Schaltzentrale. Ich fühle mich bis heute dort und auf den Außenpositionen, also auf dem rechten oder linken Flügel, am wohlsten. In der Jugend musste ich als gelernte Stürmerin in der Abwehr ran. Das ging aber gar nicht. Ich mag beim Fußball nicht groß nachdenken. Ich spiele nach Gefühl. Große Taktikgeschichten sind nicht mein Ding. Selbstverständlich weiß ich, wo ich hinlaufen muss, aber bei manchen Besprechungen muss ich ab und zu mal stöhnen, weil mir das fast ein bisschen zu theoretisch und damit zu kompliziert ist. Bisher hat es aber auch in Sachen Taktik auf dem grünen Rasen gut geklappt.
Von der U 15 ging es für mich direkt weiter zur U 17. Ich war mit 15 Jahren die Jüngste im Kader. Meine erste große Reise stand im März 2003 an, wir sind nach Amerika geflogen. Ralf Peter, der neben der U 15 eben auch die U 17 trainierte, nahm immer eine junge Spielerin auf solche Trips mit – das
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