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Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Titel: Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lira Bajramaj
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müssen sich dann zwei, drei Mädels auf Abruf bereithalten. Das Team inklusive Ersatz stand fest, ich allerdings wusste bis dato von nichts. Petra Wimbersky hatte sich verletzt. Und so rief Frau Neid höchstpersönlich bei mir an. Sie sagte mir dann weiter am Telefon: »Ich habe dich jetzt mehrmals beobachtet, du hast es verdient, mal dabei zu sein. Ich freue mich, dich bei der A-Nationalmannschaft zu sehen.«
    Also, los ging’s, die kleine Lira durfte erstmals die ganz große Frauenfußballbühne betreten. Bei Auswärtsspielen treffen wir Nationalspielerinnen uns meist am Flughafen in Frankfurt, damit wir gleich startklar zum Fliegen sind. Die Partie damals gegen Schottland war aber in Bayreuth, es handelte sich um ein WM-Qualifikationsspiel. Als ich dorthin reiste, waren meine einzigen Gedanken: Mit wem muss ich denn ein Zimmer teilen? Oh je, hoffentlich mach ich keinen Fehler!? Wie muss ich mich überhaupt verhalten? Was denken die anderen wohl von mir? Ich war schließlich eine der Jüngsten in der Mannschaft. Zum Glück teilte ich mir mit der gleichaltrigen Célia Okoyino da Mbabi ein Zimmer, die sonst mit Petra Wimbersky in einem Raum nächtigte. Célia ist immer so schön lustig. Das passte. Ich hatte am Anfang ein Problem, ihren vollständigen Namen unfallfrei auszusprechen. Ihr Papa stammt aus Kamerun und ihre Mama ist Französin. Das erklärt den Zungenbrechernachnamen und das exotische Aussehen.
    Einen Tag nach der Anreise wurde ich der Mannschaft im Training vorgestellt. »Das ist Lira, sie ist 17 Jahre alt, einige kennen sie schon.« Das waren die Worte der Bundestrainerin. Da ich tatsächlich viele Spielerinnen aus der Bundesliga kannte, stellte ich mich nicht noch bei jeder einzeln vor. Zudem war ich damals noch sehr schüchtern, gab nicht gleich jeder Spielerin die Hand, sondern nickte bei meiner Vorstellung nur in die Runde. Geredet habe ich in den ersten Tagen kaum, ich wollte einfach nichts Falsches sagen.

    Irgendwann stand dann Birgit vor mir. Ja, die Birgit. Birgit Prinz. Ich dachte mir in diesem Augenblick: Wow, ich darf jetzt mit der Weltfußballerin kicken. Ich war anfangs noch total gehemmt, weil ich großen Respekt vor dieser Spielerin hatte. Nach und nach kam beim Training die Lockerheit wieder. Ich will irgendwann mal dort hin, wo Birgit schon angelangt ist. Sie ist eine geniale Fußballerin, hat alles in ihrer Karriere erreicht. Meine Hochachtung vor ihr ist riesig. In der A-Nationalmannschaft hören alle auf Birgit. Sie ist eine wunderbare Person. Ihr Wort hat bei jeder Mitspielerin, aber auch im Trainerstab Gewicht. Sie versucht immer, im Sinne der Mannschaft zu handeln.
    Gegen Schottland bekam ich tatsächlich wenige Minuten Einsatzzeit. Das war also mein Debüt im A-Trikot. Wir gewannen deutlich mit 4: 0, ich erzielte allerdings kein Tor. Die Nationalhymne, die vor jeder Partie gespielt wird, beherrschte ich zu diesem Zeitpunkt schon auswendig. Schließlich mussten wir sie bereits für die U-Mannschaften fehlerfrei können, das wurde von uns verlangt. Ich habe damit auch keine Probleme, es erfüllt mich schließlich immer wieder mit Stolz, wenn ich da mitsingen darf. Am Anfang in den U-Mannschaften kämpfte ich allerdings noch kräftig mit dem Text. »Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand« – das musst du als Teenager mit Migrationshintergrund erst mal kapieren. Die Kolleginnen waren aber so lieb und haben die Hymne mit mir einstudiert.
    Wenn man in der »Natio« spielt, wird man stets super eingekleidet. Über die Jahre und U-Mannschaften bis hin zum A-Kader hat sich in meinem Kleiderschrank einiges angesammelt. Fußballschuhe, Laufschuhe, Trainingskleidung, Unterwäsche, viele T-Shirts, ein Badeanzug, Pullis, Caps, Socken – das ist unglaublich. Alles überstrahlt hat aber Olympia 2008. Zwei prallvoll gefüllte Taschen gab es da für jeden von uns. Insgesamt 70 Teile inklusive Sonnenbrille und kleinem Schminketui. Am Flughafen Richtung Peking fand sich kein Sportler mehr mit den üblichen 20 Kilogramm Gepäck. Zum
Glück wusste das Check-in-Personal Bescheid. Alle Olympiateilnehmer genossen einen Sonderstatus. Ansonsten hätte die Fluggesellschaft mal ordentlich Übergepäck bei uns kassieren dürfen …
    Ich gehöre mit Anfang 20 heute immer noch zu den Jüngsten im DFB-Team. Im Training wenden wir oft die Spielform fünf gegen zwei an. Die beiden »Küken« jeder Gruppe müssen in die Mitte und den Ball im Fünfeck abfangen. Das ist extrem anstrengend

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