Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben
war in dem Fall ich. In der ersten Begegnung trafen wir bei diesem Freundschaftsturnier gleich auf den Gastgeber USA. Wir lagen 0: 1 zurück, als Peter mich einwechselte. Ja, und dreimal darf man raten, wer den Ausgleich geschossen hat … Die Lira! Mann, war das ein Einstand. Ich freute mich riesig über meinen Treffer – und ließ es danach auch gleich richtig krachen.
Damals war ich noch sehr jung und ein bisschen verpeilt. Am Abend nach dem Spiel baute ich prompt Mist. Wie immer wurde um 23 Uhr die Bettruhe eingeläutet, was für unser Alter echt okay war. Meine Mitspielerin Lydia Neumann verweilte noch in unserem Zimmer. Ich teilte mir den Raum damals mit der Spielerin Anna Blässe. Lydi blieb bis 4 Uhr nachts. Wir haben geredet und gelacht – und auf einmal klopfte es an der
Tür. Ich hab Lydi dann empfohlen, sich im Bad zu verstecken. Als ich unsere Tür öffnete, stand Ralf Peter vor mir. Ziemlich blöd war, dass ich um diese Uhrzeit noch die Klamotten und keinen Schlafanzug anhatte. Peter fragte mich, ob ich Lydia gesehen hätte. Ich sagte: »Nein.« Das war natürlich ein großer Fehler. Damals konnte ich solche Dinge noch nicht so richtig einschätzen. Ich machte mir über solche Aussagen keine große Gedanken. Heute weiß ich, dass man mit solchen Notlügen nicht weit kommt. Ich wusste ja schon, dass ich Mist gebaut habe. Ich bin rot angelaufen, meine Knie zitterten.
Peter fragte mich, warum ich noch keine Schlafsachen anhaben würde. Genau in dem Moment kam Lydia aus dem Bad raus, sie hatte es wohl nicht mehr ausgehalten, ihr schlechtes Gewissen war zu groß. Schöner Scheiß! Ohne großes Trara verabschiedeten wir uns zur Bettruhe.
Ich wusste natürlich, dass die Geschichte ein Nachspiel haben würde. Wie schon vermutet, bekam ich meine Quittung. So wurde ich bei den weiteren zwei Spielen in den USA nicht mehr eingesetzt. Ich hätte mich ohrfeigen können und dachte nur: »Toll, Lira, das war es jetzt mit deiner Fußballkarriere.« Ich weinte die restlichen Tage auf der Reise nur noch. Selbstverständlich hatte ich mich bereits bei meinem Trainer Ralf Peter entschuldigt, dennoch war ich mir sicher, dass mich kein Mensch mehr zu einem Nationalteam einladen würde. Auf der Heimreise im Flieger hatte Ralf Peter Erbarmen. Er bat mich zu sich, wir unterhielten uns lange. Er sagte mir: »Du bist so eine gute Spielerin, ich werde dich nicht fallen lassen. Aber das, was du dir hier geleistet hast, darf nicht wieder vorkommen.« Ich gelobte Besserung und entschuldigte mich nochmals in aller Form. Tja, und dann war das Thema für Ralf Peter erledigt. Bis heute habe ich mich auch daran gehalten und keine großen Böcke mehr in den Nationalteams gebaut.
Nach der U 17 kam im Juli 2005 der Sprung in die U 19. Auch da war ich immer eine der jüngsten Spielerinnen. Mein erstes großes Turnier fand in Ungarn statt. Bei der dortigen Europameisterschaft spielten wir grottenschlecht und scheiterten
in der Vorrunde. 2006 folgte die EM in der Schweiz. Dort heimste ich endlich meinen ersten Titel ein. Das war ein Superturnier.
Bereits davor, im Oktober 2005, klopfte ich erstmals an die Tür der A-Nationalmannschaft. Mittlerweile hatte Silvia Neid die zurückgetretene Erfolgstrainerin Tina Theune-Meyer abgelöst. Ich war damals 17 Jahre alt. An dem besagten Tag lag ich morgens relativ lange im Bett. Meine Tante Londa war zu Besuch, und wir zwei tratschten nebeneinander im Schlafanzug. Es war so gegen 11 Uhr, als auf einmal mein jüngerer Bruder Flakron kam und zu mir sagte, dass die Bundestrainerin am Telefon sei und mich sprechen möchte. Ich fauchte meinen Bruder damals nur an: »Flakron, lüg mich nicht an!« Er machte ab und zu solche Witze. Diesmal lachte er nur. Ich nahm den Hörer in die Hand und fragte im Halbschlaf: »Hallo, wer ist denn da?« Und tatsächlich meldete sich Silvia Neid. Ich war im ersten Moment baff. Die Bundestrainerin fragte mich gleich, ob ich noch geschlafen hätte. Natürlich verneinte ich sofort. »Wie kommen Sie denn darauf?«, lautete meine Antwort. Ich um 11 Uhr noch schlafen – niemals … Sie hat es mir wohl abgekauft. So, und nun war also die Cheftrainerin der A-Nationalmannschaft an der Strippe. Ich kam mir vor wie in einem Film, und plötzlich hatte ich eine Hauptrolle ergattert.
Ich im Nationaltrikot
Das Spiel gegen Schottland am 20. Oktober 2005 fand wenige Tage später statt, die Einladungen waren bereits verschickt, das wusste ich von anderen Spielerinnen. In der Regel
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