Mein Weg - Auf dem Jakobsweg bis ans Ende der Welt
gestärkt
brachen wir wieder auf. Draußen nieselte es nur noch leicht und wir
durchquerten die Stadt. Kurz nachdem wir die Stadtgrenzen hinter uns gelassen
hatten, regnete es in Strömen und das sollte bis Vilaserio so bleiben.
Zum Glück
hatten wir am Morgen bei unserem Frühstück ein Ehepaar aus Österreich
getroffen, welches den Weg von Vilaserio nach Negreira gegangen war. Sie kamen
von Finesterre und wollten nach Santiago. Die Hohlwege auf der Strecke waren
total schlammig und teilweise wie kleine Seen. So etwas hatten sie noch nicht
erlebt und rieten uns dringend ab, dort langzugehen. Besser wäre es, die 13
Kilometer entlang der Straße zu nehmen. So marschierten wir bei strömenden
Regen entlang der Hauptstraße bis Vilaserio. Jetzt hieß es nur noch,
„Hauptsache ankommen!“
Bisher hielten
meine Schuhe immer dicht. Heute waren auch sie an ihre Grenzen gekommen. Die
letzten Kilometer stiefelte ich mit Wasser in den Schuhen. Das kann schnell zu
Blasen an den Füßen führen und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden.
Irgendwie
brachten wir die Strecke noch hinter uns und wir kamen, nass wie ein Schwamm,
gegen 18:00 Uhr in der Herberge in Vilaserio an.
Ich stand im
Eingang und das Wasser tropfte von mir ab. Gleich links befand sich der
Waschraum mit Waschmaschine und Trockner. Der Raum war aufgrund des Trockners,
der bereits lief, etwas warm. Ansonsten herrschte eine unangenehme Kälte in dem
Gebäude. Ich zog nacheinander alle meine Sachen aus und legte alles auf die
Waschmaschine. Zum Schluss hatte ich nur noch meine Unterhose an, aber auch die
war total nass. Schnell suchte ich aus meinem Rucksack eine neue Hose raus und
zog die Unterhose auch noch aus. So stand ich vollkommen nackt in dem Waschraum
und war froh, alles vom Körper zu haben. Der Hospitalero sah mich zwar etwas
komisch an, doch das war mir aber in dem Moment egal. Mit neuer, trockener
Kleidung gingen Martin und ich dann in unser zugewiesenes Zimmer, um gleich
einen Schreck zu bekommen.
Das Zimmer
hatte 14 Betten. 12 Betten waren bereits mit der Gruppe Spanier belegt, die wir
bereits kannten.
„Na, das kann
ja eine schöne Nacht werden.“ sagte ich zu Martin.
Ein Wechsel
war nicht möglich, da keine weiteren Betten in den anderen beiden Räumen mehr
frei waren. „Mit Oropax wird es schon gehen“, hoffte ich.
Um meine
Schuhe wieder zu trocknen, legte ich sie vor den Trockner im Wäscheraum. Am
unteren Ende kam die warme Luft aus den Entlüftungsschlitzen, die einzige warme
Quelle im Haus. Der Rest war kalt und feucht, also keine Chance irgendetwas
trocken zu bekommen. Meine Kleidung musste noch warten, ehe ich alles in die
Waschmaschine stecken konnte, da vor mir bereits jemand große Wäsche machte.
Wir gingen,
nachdem wir unser Bett fertig gemacht hatten, in die zur Herberge gehörige Bar,
um Abendbrot zu essen. Dort trafen wir auf andere Pilger. Rechts neben mir saß
Jule aus Jena. Ich hatte bereits von ihr gehört, sie aber bisher noch nicht
getroffen. Sie kam ebenfalls aus Thüringen, genau wie Mandy und ich. Natürlich
erzählte ich ihr gleich von ihrer Landsfrau, die ebenfalls in Jena wohnt. Sie
hatte von ihr bereits gehört, sie aber bisher noch nicht kennengelernt.
„Na“, sagte
ich, „wenn es so sein soll, triffst du sie bestimmt noch.“
Landsleute zu
treffen ist schon etwas besonders.
Gegenüber
saßen noch Benno und seine Freundin Kathy aus Österreich. Wir hatten noch einen
schönen Abend bei einigen Gläsern Rotwein und interessanten Gesprächen.
Zwischenzeitlich war ich auch mit der Waschmaschine an der Reihe und hatte so
doch noch alle Sachen wieder sauber und trocken bekommen.
Heute waren
zwei spanische Pilger zu Pferd in der gleichen Herberge angekommen. Wir trafen
sie vor der Bar, als sie gerade dabei waren, ihre Pferde zu versorgen. Eine
eigens mitgebrachte Drahtabgrenzung wurde aufgebaut und die Pferde mit Futter
versorgt. Diese Art des Pilgerns begegnete mir an diesem Abend zum ersten Mal.
Mit der
Hoffnung auf einen regenfreien nächsten Tag ging ich zufrieden ins Bett.
•
30. Tag: Vilaserio –
Olveiroa
(21,8 km)
Als wir
gestern unser Zimmer bezogen, ahnte ich schon Schlimmes. Die Gruppe Spanier aus
unserem Zimmer war allgemein bekannt auf dem Camino und jeder versuchte stets
eine andere Herberge zu finden als die, in der diese Gruppe über Nacht blieb.
Mit meinen Oropax konnte ich bis ca. 3:00 Uhr schlafen, danach war es aber
vorbei. Das Schnarchkonzert ging langsam in einen Generalangriff
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