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Mein Weg zum Herzkind

Mein Weg zum Herzkind

Titel: Mein Weg zum Herzkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Jolig
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Hausbesuch der Sozialarbeiter meines Heimatjugendamtes wurde angekündigt, damit der Abschlussbericht formuliert werden konnte. War die Bindung des Kindes ausreichend gewachsen? Hatte sich das kleine Wesen eingelebt, und machte es einen gut versorgten, zufriedenen Eindruck? Der Kinderarzt hatte sein Resümee schriftlich vorzulegen. Der zuständige Vormund musste seine Meinung zu Papier bringen, und auch ich als Mutter musste mich Amtsarztuntersuchungen unterziehen.
    Einige Wochen waren wir in der heißen Phase. Eigentlich hätte ich völlig relaxt bleiben können, weil ich mir nichts zu Schulden hatte kommen lassen. Doch die Angst, mein Kind wieder zu verlieren und weiterhin abhängig zu sein von anderen, machte mich erneut unsicher. Manchmal frage ich mich, welche Mutter, die ihr Kind selbst zur Welt gebracht hat, muss sich so oft in Frage stellen und immer wieder bangen, ihr Baby zu verlieren? Gespräche darüber habe ich schon viele geführt. Viele Adoptiveltern empfinden das Prozedere als sehr ungerecht. Sicher genießt man sein Kind und das Familienleben auch, aber die letzte Schwelle, das Adoptionspflegejahr überstehen zu müssen, bleibt stets im Hinterkopf. Eigentlich wünscht man sich nichts sehnlicher als ein normales Leben ohne das Gefühl ständiger Beobachtung von Fachleuten.
    Warum ich mich einem Amtsarzt unterziehen musste, habe ich mich auch gefragt. Ich musste mit geschlossenen Augen mit
dem Zeigefinger meine Nasenspitze berühren und stehend mit den Händen den Boden erreichen. Was sagt das über meine Fähigkeit als Mutter aus? Was tatsächlich über meine Befähigung zur Adoption? Meine Gesundheitsbestätigung durfte ich doch bereits zum Antrag auf Prüfung für den Sozialbericht einreichen. Da war ich topgesund. Was sollte sich in diesem Jahr geändert haben? Was wäre wohl passiert, wenn nach Ablauf des Adoptionspflegejahres und der gewachsenen Bindung zu meiner Tochter ein Arzt ein gesundheitliches Problem festgestellt hätte? Wäre mir meine Tochter dann weggenommen worden? Wäre sie dann wieder in eine neue Familie gekommen? Hätten sie mir dann die Adoption verweigert? Diese und andere Gedanken ließen mich nicht los. Die emotionale Achterbahnfahrt meiner ersten Adoption sollte aber bald ein Ende haben.
    Der Hausbesuch verlief glatt. Die Sozialarbeiterinnen waren zufrieden mit uns, und dem Abschlussbericht stand nun nichts mehr im Wege. Auch der Vormund hatte keine Einwände mehr. Alle nötigen Papiere konnten endlich zum Gericht gehen. Darüber, dass eine solche Prüfung einige Wochen, wenn nicht sogar Monate in Anspruch nehmen würde, klärte mich mein Notar auf. Eine niederschmetternde, aber nicht zu ändernde Tatsache. Ein letztes Mal hieß es warten.

    Es war ein gewöhnlicher Wochentag. Ich arbeitete wieder und war gerade mit meiner Freundin auf dem Weg nach Hause als mein Mobiltelefon klingelte. Mein Vater war am anderen Ende der Leitung. Er sagte, ich hätte Post vom Gericht bekommen. Ich bat ihn, mir unverzüglich vorzulesen, was auf dem Papier stand. Er brummelte vor sich hin, überflog die ersten Zeilen und
sagte dann etwas von »Adoption vollzogen« und »richterlich bestätigt«. Ich jauchzte vor Freude laut auf, triumphierte innerlich und fiel meiner Freundin, die mich fragend ansah, in die Arme. Mein Herz wurde weit. Tränen stiegen in meine Augen, und ich fühlte mich einfach nur glücklich. Meine Tochter war jetzt meine Tochter.
    Wissenswertes zum Adoptionspflegejahr
    Ist man als Adoptivbewerber erst mal auf der »Liste« gelandet, beginnt die Warterei. Selbst wenn Sie als Bewerber auch bei auswärtigen Jugendämtern aufgenommen wurden, wissen Sie doch nie, wann es endlich so weit ist, wann der ersehnte Anruf Sie erreicht und Ihnen die freudige Botschaft überbringt. Dauert es Wochen oder Monate oder sogar Jahre, bis Sie Eltern werden? Doch wenn es dann passiert, wird Ihre Welt Kopf stehen. Meistens haben Sie nur wenige Tage oder manchmal gar Stunden Zeit, um alles Nötige für Ihr Kind zu organisieren. Es ist aber trotzdem nicht empfehlenswert, ohne eine Nachricht des Amtes bereits im Vorfeld Ihr Kinderzimmer einzurichten oder sich einzudecken mit Kinderwagen, Autositzen, Kleidung und vielem mehr. Der tägliche Blick in ein unbewohntes Zimmer würde Sie nur traurig stimmen. Warten Sie, bis der spezielle Anruf bei Ihnen eingeht. Mit Hilfe von Familie und Freunden werden Sie zu Höchstleistungen fähig sein, das verspreche ich Ihnen. Mit der Freude auf Ihr Baby werden

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