Mein wirst du bleiben /
aufgenommen, sondern wurde gezwungen, mitzuspielen?«
»Oder es ist ein ganz simples Geschäft. Miriam ist pleite. Die Fremde muss untertauchen. Sie bezahlt die Jüngere«, sagte Lederle und lockerte seine dunkelrote Krawatte. Seinen Siegelring hatte Ehrlinspiel noch nie ausstehen können – im Gegensatz zu dem Mann selbst.
»Sie ist eine gemeinsame Bekannte«, schlug Freitag vor, »oder besser gesagt: Feindin, von Gärtner und Wimmer. Quartiert sich schön fein im Haus ein – und bringt sie um. Hofmann findet das raus, geht unter dem Vorwand, Medikamente zu bringen, zu ihr … Und muss dafür beinahe mit dem Leben bezahlen.«
»Und Miriam? Die müsste dann doch gewusst haben, was die Fremde da treibt«, sagte einer hinten im Raum. »In der Nacht, als Wimmer ermordet wurde, da waren doch beide in der Wohnung. Ihr habt sie rausgeklingelt. Also hätte Miriam ihr ein falsches Alibi geben müssen.«
»Oder umgekehrt«, murmelte jemand. »Warum auch immer.«
»Schluss mit Spekulationen, Jungs und Mädels.« Meike Jagusch hob die Hand. »Wir klären das mit der Dame selbst. Und zwar« – sie sah auf die Uhr – »Punkt vier.«
»Aber«, begann Ehrlinspiel, »dann verlieren wir drei Stunden und –«
»Moritz! Wir haben nichts, was ein Eindringen mitten in der Nacht rechtfertigt. Die Staatsanwaltschaft zerfetzt uns in der Luft, wenn wir unter diesen Bedingungen die gesetzlichen Vorschriften nicht einhalten. Von einundzwanzig bis vier Uhr ist Nachtzeit. Basta. Bis dahin soll die Streife das Haus beobachten. Nonstop. Und Franz wird sofort abgezogen.«
»Okay.« Er würde sie vorläufig festnehmen nach StPO 163 b und c: zur Identitätsfeststellung. Eine andere Möglichkeit hatten sie nicht.
Jagusch nickte. »Ruf Lorena an, Moritz. Wegen des Durchsuchungsbeschlusses. Freitag, danke, dass du gekommen bist. Ich weiß, du hast schon Urlaub. Moritz, du nimmst nachher Josianne mit. Und sucht euch noch zwei Mann. Und ihr«, sagte sie zu Frank Lederle und einem jungen Blondschopf, »veranlasst die bundesweite Erkenntnisanfrage und interne Fahndung. E-Mail an alle Dienststellen. Frau, wohnhaft da und da, die sich eine falsche Identität zugelegt hat, Verdacht auf Zusammenhang mit dem Doppelmord und versuchten Mord et cetera. Personenbeschreibung dazu, und wenn wir eines haben, auch ein Foto. Danach setzt ihr euch mit dem Pflegeheim in Verbindung. Vielleicht wissen die etwas.« Jagusch verteilte weitere Aufgaben, während Ehrlinspiel und Freitag zum Carport im Hinterhof gingen.
»Manchmal hasse ich Gesetze«, sagte Ehrlinspiel. »Drei Stunden warten!«
»Leg dich lieber noch zwei Stunden hin, statt dich zu ärgern.« Freitag schloss seinen Privatwagen auf.
»Schlaf du auch noch. Ihr müsst ja auch um vier Uhr los. Euern Garten versorge ich.«
»Mach dir keine Mühe. Der Fall ist wichtiger.«
Ehrlinspiel wurde traurig. »Freitag, ich … du verpasst das Finale.«
»Hoffentlich. Ich bin zwei Wochen weg. Da sollte das durch sein.« Freitag stieg ein und sah durch die geöffnete Wagentür zu Ehrlinspiel hoch. Müde glänzten seine Augen im Licht der Neonröhren. »Vielleicht kannst du dann auch andere Dinge zu einem guten Ende bringen.«
Um vier Uhr elf schloss der Kriminalhauptkommissar die Haustür zur Draisstraße 8 a auf. Nur das spärliche Licht der Straßenlaternen fiel durch die schmalen Treppenhausfenster. Den Kollegen von der Streife hatte er noch einmal per SMS informiert. »Okay. Alles ruhig. Lage stabil. Keine Personenbewegung«, war die Antwort gewesen. Bevor sie zum Haus gehuscht waren, hatte er auf die Villa gegenüber gesehen, nur zur Sicherheit, wie er sich sagte.
Dreizehn Minuten nach vier klingelte er an Roths Wohnungstür. Josianne Schneider stand schräg hinter ihm, neben ihr Lorena Stein, die auch nachts für ihre Leute da war und lieber einmal zu viel als zu wenig Interesse zeigte. Zwei weitere Kollegen hatten im Treppenhaus Stellung bezogen. In der Wohnung schrillte der blecherne Klingelton. Einmal. Zweimal. Warten. Dreimal. Nichts.
Ehrlinspiels Kinnmuskeln verspannten sich. Wenn ein neues Unglück geschehen war … Leise ging er die Stufen hinunter und klingelte bei Britta Zenker.
Die Tür öffnete sich, und das spitze Gesicht tauchte über einer dicken Sicherheitskette auf. Schmale Lippen wisperten angstvoll: »Um Gottes willen. Ist er hier?«
»Hallo, Frau Zenker, bitte holen Sie den Wohnungsschlüssel von –«
»Es war der Terrorist! Ich habe es ja gewusst,
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