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Mein wirst du bleiben /

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Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Messer.

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39
    Sonntag, 15. August, 0:40 Uhr
    P aul Freitag knallte den Zeitungsausschnitt auf den Tisch. Etwa fünfzehn Augenpaare sahen ihn an: alle Soko-Mitglieder, die sie nach Mitternacht hatten zusammentrommeln können oder die ohnehin hier gewesen waren. Einige saßen, andere standen, unruhig in dem Wissen, dass diese nächtliche Runde schnelles Handeln erforderte.
    Ehrlinspiel schnaubte. Am liebsten hätte er mit einer einzigen Bewegung die Plastikbecher, Schreibblöcke und Handys von den Tischen gefegt und die verdammten Blätter mit den unnützen Wörtern und Grafiken vom Whiteboard gerissen. Stefan Franz hatte es tatsächlich geschafft.
    »Thea Roth«, sagte Freitag, der bei Meike Jagusch stand, »ist nicht Thea Roth. Die echte Thea Roth ist tot. Sie starb vor fast genau zwei Jahren, am achten August.« Er wedelte mit einem Zeitungsausschnitt. »Das hier ist ihre Todesanzeige. Oder besser gesagt: ihre Lebensanzeige.«
    »Verstehe ich nicht«, sagte Frank Lederle und massierte seinen Schädel. »Willst du damit sagen, dass wir die Frau bereits zweimal als Zeugin hier gehabt und nicht gemerkt haben …? Sag, dass das nicht wahr ist!« Trotz der nächtlichen Stunde sah Lederle aus wie der strahlende Sieger einer Stepptanzmeisterschaft, Kopf und Gesicht frisch rasiert, im Sommeranzug und mit hochglanzpolierten, schwarz-weißen Schuhen.
    »Doch, Kollegen, genau so ist es.« Ehrlinspiel stellte sich zu Freitag und Jagusch.
    Lederle stöhnte.
    »Stefan Franz ist bereits am Montag angewiesen worden, die Personendaten zu prüfen. Er hat’s versemmelt!« Und wahrscheinlich noch viel mehr. Vermutlich waren ganze Armeen in der Draisstraße aus und ein marschiert, während Franz, statt Streife zu gehen, mit der Zenker ein Kuchengelage nach dem anderen zelebriert, stolz seine Dienstwaffe vorgeführt und Zenker ihren neuen »Jäger« bewundert hatte. Okay, das war eine böse Vermutung, aber dennoch … Dem würde er ein Disziplinarverfahren anhängen. Eine Abmahnung in die feisten Finger drücken. Der würde … Hitze stieg in Ehrlinspiels Gesicht, und er musste sich ermahnen, seinen Zorn nicht an seinen Kollegen auszulassen.
    »Wir klären das später, Moritz«, sagte Jagusch ruhig. »Was wisst ihr? Wie gehen wir vor?«
    »Die Kollegen von der Datenstation haben genau zehn Minuten gebraucht«, sagte Freitag. »Meldedaten, historische Daten, Sterbedatum. Die echte Thea Roth war nie in der Draisstraße gemeldet. Miriam Roth ist erst nach ihrem Tod dort eingezogen. Thea starb nach einem knapp zweijährigen Wachkoma im Pflegeheim. Die Fakten um die Mutter stimmen alle. Aber die Frau dazu nicht.« Er hielt mit der linken Hand die Anzeige hoch, mit der rechten deutete er darauf. »Seht ihr das?« Er las vor, was von Blumenmotiven und Engelsfiguren eingerahmt war:
    »Auf dem Wege der Gerechtigkeit ist Leben,
und auf ihrem gebahnten Pfad ist kein Tod.«
(Sprüche
12,28
)
     
    Glaubet nicht den Ärzten.
    THEA ROTH LEBT .
     
    Ich weiß, dass Du zu mir zurückkehrst.
    In ewiger Liebe. M.
    »Ja aber, die Tochter –«, setzte Frank Lederle an.
    »Hat offenbar einer Fremden die Identität ihrer Mutter verliehen. Deswegen war die wohl dauernd so kirre. Ihr muss doch klar gewesen sein, dass sie die Papiere einer Toten nicht wie ein Buch mal schnell einer andern leihen konnte, und keiner merkt etwas.«
    »Das glaub ich jetzt alles nicht.« Lederle warf scheppernd einen Stift vor sich auf den Tisch.
    »Darum hat die falsche Mutter auch nicht gewusst, wann ›ihr‹ Ehemann gestorben ist«, sagte Freitag und sah Moritz an. »Die Amnesie ist sicherlich auch erlogen. Sehr raffiniert. So hatte sie für alle unsere Fragen bezüglich ihrer und Miriams Vergangenheit immer eine Ausrede. Und wenn sie ins Schwimmen geriet, was die Gegenwart betraf, konnte sie sich auf dubiose Nachwirkungen des Unfalls berufen. Die Frage ist nur: Hat Miriam das bewusst getan? Die Anzeige sieht ja so aus, als glaube sie tatsächlich, dass die Mutter lebt.«
    Josianne Schneider schüttelte den dunklen Lockenkopf. »Sie wird ja wohl die eigene Mutter kennen. Die spielen uns doch was vor.«
    »Warum?« Jagusch trat von einem Fuß auf den andern. »Warum kriecht eine Fremde bei Miriam unter? Wer ist sie? Kann es sein, dass wir die ganze Zeit die Falsche in Verdacht hatten? Dass die falsche Thea die Mörderin ist?«
    Ehrlinspiel rieb sich die Nasenwurzel. »Mögliche Theorie: Die Fremde hat Miriam bedroht. Oder erpresst. Miriam hat sie nicht freiwillig

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