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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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ich –«
    »Von Roths«, schnitt er ihr das Wort ab.
    Sie riss die Augen auf, verschwand und hielt ihm gleich darauf mit gespreizten Fingern den Schlüssel entgegen.
    Sein Team betrat Roths Wohnung. Sie war leer. Im Waschkeller fanden sie das geöffnete Fenster zum Garten. Zurück in der Wohnung, stießen sie auf das, was Ehrlinspiel auch Jahre später nicht vergessen würde.

[home]
40
    M echanisch schnürte er die Schuhe mit den Gummisohlen. Seine Muskeln waren völlig entspannt, obwohl er sechs Stunden und neununddreißig Minuten nahezu reglos in der Nähe des Fensters verharrt hatte. Er wusste, wie man mit Körpern umging. Nicht eine Faser seiner Arme und Beine hatte gezuckt, nur sein Lid, während er zuerst Miriam, dann Sonja, wieder Miriam und zuletzt die Polizisten beobachtet hatte. Bis zu dem Moment, als die Erkenntnis ihn hatte zurückprallen lassen. Der Moment, in dem im ersten Stock links alle Lichter angegangen waren – und sich außer den Bullen niemand in der Wohnung befunden hatte. Als er begriffen hatte, dass sie unbemerkt entkommen war.
    »O nein«, flüsterte er. »Nicht mit mir!« Er würde sie schneller als die Polizei finden. Er hatte sie immer gefunden.
    Paschek holte den Instrumentenkoffer unter dem Esstisch hervor. Stellte die Zahlenkombination ein. 1412. Tag und Monat ihrer Geburt. Ließ die Riegel aufschnappen und fuhr mit dem Daumen vorsichtig über die Klinge.
    »Jetzt haben wir zwei unseren Auftritt«, sagte er leise und hätte beinahe aufgelacht.
Auftritt.
Tag und Nacht so ein Theater um dich. Das wird dir gefallen. Das hast du doch immer gewollt.
    Er legte das Skalpell in ein kleines Lederetui und ließ es mit einer geschmeidigen Bewegung in seine Jackentasche gleiten. In die andere Tasche steckte er die Pfefferminzbonbons. »Du hast Raucher noch nie gemocht, mein Schatz«, flüsterte er. »Schlampe.«

[home]
41
    E hrlinspiel stand zwischen zerfledderten Gebetbüchern, Schmuckschatullen, aus denen Perlenketten und Ringe mit riesigen Steinen gefallen waren, aufgeschlagenen Fotoalben und amtlichen Schreiben – alles auf dem Boden verstreut, um den großen Flügel herum. Im Wohnzimmer der Roths war er nie zuvor gewesen, nur in der Küche, wo sie jetzt Mehltüten, Eierkartons und verklebte Rührschüsseln vorgefunden hatten. Offenbar die Hinterlassenschaft des hektisch zubereiteten Waffelteigs. Und dazwischen die Krokohandtasche. Samt dem Pass der verstorbenen Mutter.
    Beinahe genauso wie das Chaos aber irritierten ihn die Wandbilder und Figuren, vor denen auch Lorena stand und die Stirn in Falten legte: Rubens’ berühmte
Transfiguration,
das Original hatte er einmal in Nancy gesehen. Es zeigte finstere Gestalten, Menschen, die vor dem in Licht getauchten Christus in der Mitte zurückwichen. Die andern Motive kannte er nicht: Figuren, die vor Engeln knieten, ikonenartige Heiligengestalten mit erhobenen Schwertern. Gemetzel. Gottesbildnisse. Abstrakte Bilder neben Darstellungen, die wie mittelalterliche Altarbilder wirkten. Willkürlich nebeneinandergehängt, wo Platz war, so schien es. Von der Decke hingen Engel, und auf jedem freien Zentimeter standen weitere: aus Stoff, Holz, Papier, Metall, alle weiß. Dazwischen Kerzen.
    Als sollte das Zimmer ein Himmel sein, dachte der Hauptkommissar, und seine wachsende Anspannung kämpfte gegen die Erschöpfung und den Schmerz, der von seinen Schläfen über die Stirn bis zur Nasenwurzel kroch. »Wir sind, verdammt noch mal, zu spät!«
    Josianne Schneider fuhr mit dem Finger über die Rücken bunter Notenbücher, die hinter dem Instrument eine komplette Regalwand füllten. Ihre Locken waren im Nacken zusammengebunden. »Hier sind keine Hefte aus dem Regal gerissen. Sieht aus, als hätte jemand gezielt die Kommode durchsucht, gefunden, wonach er suchte, und sich dann aus dem Staub gemacht.«
    »Das Türschloss ist unangetastet«, sagte einer der beiden männlichen Kollegen. Der andere bewachte draußen das Treppenhaus.
    »Die falsche Roth.« Ehrlinspiel blickte in das Schlafzimmer. »Miriam würde kaum die eigene Wohnung durchwühlen. Der Kleiderschrank ist auch ein einziges Chaos.«
    »Die Fremde hat Lunte gerochen und ist abgehauen.«
    »Sofort Fahndung veranlassen«, wies Ehrlinspiel ihn an, als sein Handy klingelte. »Nach
beiden
Frauen! Vielleicht hat sie Miriam etwas angetan. Ehrlinspiel«, sagte er dann ins Telefon.
    »Frank hier. Wir haben was für euch.«
    »Spuck’s aus.« Der Kriminalhauptkommissar schaltete den Lautsprecher ein,

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