Mein wirst du bleiben /
uns, wo sie ist.«
»Kriechen wird sie im Sand und erleiden die ewigen Qualen des Infernos.«
»Es reicht!« Zorn und Verzweiflung erfassten Ehrlinspiel. Er musste mit der Irren allein reden. »Führt Sonja Paschek ab. Und ihren Mann auch.«
Polizisten brachten die beiden nach draußen. Als die Tür kurz aufging, sah Ehrlinspiel zwei blau-weiße Mannschafts- und einen Notarztwagen mit zuckendem Blaulicht vor der Kirche stehen. Gleichzeitig schrie Miriam auf, wand sich in den Griffen Josiannes, dann fiel die Tür der Kirche krachend ins Schloss. »Nein, nehmt sie mir nicht, Mama, verlass mich nicht.«
Ehrlinspiel packte sie hart am Oberarm. »Sie werden Ihre Mutter nie wiedersehen, wenn Sie mir nicht sagen, wo Hanna … wo die Schlange ist!«
»Mama weiß, dass Sie böse sind! Das Böse wird sterben!« Fast überschlug sich ihre Stimme, und im nächsten Moment war sie nur noch ein leises Zischen. »Sie alle sind böse!«
Tobias Müller streckte langsam seinen Arm aus, die Handfläche nach oben gewandt, als nähere er sich einem wilden Tier, das ihn erst beschnuppern musste. »Miriam, wir sind nicht böse.«
»Satan, Schlange.« Ihre Augen zuckten rasend schnell hin und her, blieben dann an Müller hängen. »Warum hast du mich verlassen, Heiliger, Jesus, Gott?«
»Ich bin ein Mensch, Miriam. Kein Satan, kein Heiliger und kein Gott. Aber ich bin für Sie da. Und auch Gott verlässt Sie nie. Doch Sie dürfen sein Gebot nicht brechen. ›Du sollst nicht töten.‹«
»Gott hat es befohlen. Ich bin das Licht und das Schwert. Und er sieht, dass es gut ist.«
»Nein, Miriam«, flüsterte Müller, »es ist nicht gut.« Dann fing er an zu weinen.
»Was haben Sie mit ihr gemacht?« Ehrlinspiel bohrte seine Finger tief in ihr Fleisch und dachte, jetzt zudrücken, immer fester, bis sie redet, und er sah seine Fingerknöchel weiß hervorstechen.
»Moritz.« Freitag berührte Ehrlinspiels Handgelenk. Er ließ Miriam los.
»Wir bringen Ihre Mutter in Sicherheit«, sagte Freitag zu der verrückten Frau. »Vor den Schlangen hier. Vor den Teufeln.«
»O nein«, flüsterte Miriam. »Ich lasse mich nicht täuschen! Ich sehe eure Fratzen und höre euer hasserfülltes Krächzen, ich rieche den Gestank eurer verfaulenden Zungen und schmecke das Gift in der Luft.«
»Es ist ein böses Gift«, sagte Freitag. »Wir riechen es auch, es kriecht durch dieses Gotteshaus. Deswegen sind wir hier. Wir sind auf Ihrer Seite, Frau Roth.« Auffordernd nickte er zu Ehrlinspiel: Mach mit!
»Wir wollen die Schlange auch vernichten«, sagte der Hauptkommissar mit gesenkter Stimme. »Sagen Sie uns, wo das Nest ist. Wir beißen sie beiseite.« Hatte das nicht so in den Noten gestanden?
»Niemand außer mir beißt sie beiseite!« Sie spuckte die Wörter geradezu aus und wich einen Schritt zurück. »Nur ich bin das Licht. Gott weiß es. Nur Gott befiehlt mir mein Handeln.« Sie murmelte vor sich hin. »Ich höre ihn!« Dann lachte sie auf. »Ja, Herr.«
Ehrlinspiel sah sie an, ohne Hoffnung, einen Hinweis aus ihr herauszubekommen, sah ihr Haar, das über ihre Schultern floss wie Fäden hellroten Blutes. »Abführen!«, befahl er.
»Nein!«, sagte Müller. »Warten Sie.« Er stellte sich direkt vor Miriam. »Waren Sie gestern am späten Abend in der Kirche?«
»Brut«, zischte sie. »Gott hat Sie geschickt, um zu entscheiden.«
»Sie haben den Schlüssel!«, sagte Müller und schlug die Hände vors Gesicht.
»Was soll das heißen? Welchen Schlüssel?«, fuhr Ehrlinspiel den Pfarrer an.
»Gestern spät habe ich hier Sachen für den Gottesdienst gerichtet. Als ich vom Pfarrhaus herüberkam, war die Kirchentür nicht verschlossen. Ich habe gerufen, ob jemand da sei, aber es war alles dunkel und leise.«
»Wann war das?«
»Ich … ich weiß es nicht, tut mir leid, aber auf jeden Fall nach zehn. Normalerweise schließe ich immer ab, doch im Trubel des Fests … Ich dachte, ich hätte es einfach vergessen. Jetzt gerade fiel mir wieder etwas ein, vielleicht …« In seinen Augen sammelten sich Tränen, doch seine Wangen blieben trocken.
»Was?«, herrschte Ehrlinspiel ihn an.
Müller nahm die Brille ab und wischte mit dem Ärmel über seine Augen. »Gestern früh konnte ich den Kirchenschlüssel nicht finden. Auf dem Fest verloren, dachte ich. Aber jetzt glaube ich, dass Miriam … dass sie …« Er blickte zu ihr, und Ehrlinspiel dachte, dass sich in seinen Augen Trauer spiegelte und auch Schuld. »Freitagnacht hat sie mich umarmt.
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